Der Zaubercode
seinen Kopf. »Das würde ich gerne, aber ich kann nicht«, erklärte er Esther freundlich. »Leider muss ich gehen. Falls es euch nichts ausmacht, wird Gala allerdings ein paar Tage lang bei euch bleiben.«
Die Frauen sahen überrascht aus, aber Maya erholte sich schnell davon. »Natürlich macht es uns nichts aus«, antwortete sie. »Für dich und deine liebenswerte junge Freundin machen wir das gerne.«
Esther nickte eifrig. »Ja, wir machen jederzeit alles gerne für dich, Blaise. Wie habt ihr beide euch kennengelernt?«, fragte sie sichtlich neugierig.
»Das ist eine lange Geschichte«, entgegnete Blaise und sein Ton wehrte weitere Fragen zu diesem Thema ab. »Maya, würde es dir etwas ausmachen, Gala eine Runde durch das Dorf zu führen, während Esther und ich uns kurz unterhalten?«
Esther blickte skeptisch. »Bist du sicher, dass du nicht bleiben möchtest? Wir würden uns freuen, dich für ein paar Tage bei uns zu haben. Du brauchst ein wenig Sonne und solltest etwas essen. Ich wette, du hast seit deinem letzten Besuch bei uns von Magie gelebt«, sagte sie missbilligend.
»Blaise hatte wichtige Sachen zu erledigen«, warf Gala ein und rettete Blaise dadurch. Sie konnte sehen, wie angespannt er aussah und fühlte, er wollte nicht hier sein, weit entfernt von der beruhigenden Gegenwart des Codes, an dem er so sehr hing. Von dem kurzen Einblick in seinen Gedanken, den sie durch diese Momentaufnahme bekommen hatte — und von dem, was sie über seinen Bruder wusste — verstand sie, dass ihr Schöpfer immer noch litt, noch nicht bereit war, sich der Welt außerhalb seines Hauses zu stellen.
»Also mir gefällt das überhaupt nicht«, verlautete Esther und spitzte ihre Lippen. »Versprich uns, bald wiederzukommen.«
»Mach dir deshalb keine Sorgen. Ich werde Gala mit Sicherheit nicht lange alleine lassen«, antwortete Blaise und Gala konnte die Wärme in seinem Blick spüren, als er sie ansah.
Gala lächelte und ging einen Schritt auf Blaise zu. Sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen, schlang ihre Arme um seinen Hals und zog seinen Kopf für einen erneuten Kuss nach unten. Seine Lippen waren warm und weich und Gala genoss dieses Gefühl. Zu ihrer Erleichterung wich er ihr nicht aus. Stattdessen zog er sie näher an sich heran und küsste sie so leidenschaftlich, dass Schauer ihren Rücken hinabliefen.
Als er sie entließ schlug ihr Herz schneller und sie konnte die erfreuten Blicke auf Mayas und Esthers Gesichtern sehen. Sie hatte den Eindruck verstärkt, den die beiden Frauen schon gehabt haben mussten — dass sie und Blaise ein Paar waren. Das war etwas, von dem Gala hoffte, es würde sich eines Tages bewahrheiten, und in der Zwischenzeit war es eine Erklärung für ihre Beziehung zu Blaise. Nicht, dass noch irgendjemand auf die Idee käme, sie sei Blaises Schöpfung, dachte Gala trocken. Von dem was sie bis jetzt erfahren hatte, konnte sich niemand vorstellen, dass eine Person auf die Art und Weise entstehen konnte, wie das bei ihr der Fall gewesen war.
Jetzt, da es Zeit war sich von Blaise zu verabschieden, hatte Gala zum ersten Mal Zweifel. Plötzlich war die Welt gar nicht mehr so verlockend, da es bedeutete, sie müsste sich für die nächsten Tage von Blaise trennen. Er war noch nicht einmal weg und sie vermisste ihn schon — und wollte mehr von diesen Küssen. Von allem, was sie gelesen hatte, wusste sie, Menschen entwickelten selten so schnell solche starken Gefühle für einander, aber es gab immer Ausnahmen. Es war auch möglich, dass die normalen Regeln nicht auf sie zutrafen, da sie ja nicht menschlich war.
»Tschüss, Gala«, sagte Blaise und lächelte sie an. Sie erwiderte dieses Lächeln und schüttelte den kurzen Moment der Schwäche ab. Das Dorf wartete auf sie. Das war ihre Chance, hier das Leben zwischen normalen Menschen zu entdecken. Sie hatte die starke Vermutung, wenn sie jetzt absprang, würde sie Blaise nie wieder zu so etwas überreden können.
»Tschüss, Blaise«, antwortete sie entschieden und war entschlossen, stark zu bleiben. Sie drehte sich um und ging auf das wunderschöne Feld zu, welches sie in der Nähe sehen konnte. Maya folgte ihr und winkte Blaise zum Abschied.
Als Gala sich dem Feld näherte, wurde sie schneller bis sie so schnell rannte, wie sie nur konnte. Sie konnte den Wind in ihren Haaren spüren, die Wärme der Sonne auf ihrem Gesicht und sie streckte es vor Freude lachend dem Himmel entgegen.
Sie lebte, und sie genoss jeden Augenblick
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