Der Zaubercode
Aufzeichnungen von Lenard hattest, die du vor allen geheim gehalten hast«, fügte sie wütend hinzu. »Du bist der allerletzte Heuchler. Du, der immer gesagt hat, Wissen müsse geteilt werden, sogar mit den einfachen Bürgern. Ach, und bevor du mich mit noch mehr Lügen beleidigst, solltest du wissen, dass ich die Perle aus deiner Sphäre benutzt habe. Ich weiß, du hast es geschaffen und es hat menschliche Gestalt angenommen — und ich habe deine perverse Reaktion darauf gesehen.« Wenn Blicke töten könnten, hätte ihr Gesichtsausdruck ihn in einen Haufen Staub verwandelt.
»Das stimmt nicht«, sagte Blaise erhitzt, da ihm klar war, er hatte nichts mehr zu verlieren. »Es hat eine Zeitlang gelebt, aber kurz nachdem ich die Aufzeichnung gemacht habe, ist es in die Zauberdimension zurückgekehrt. Seine Manifestation in der physischen Dimension war nicht stabil. Du hast die Aufzeichnungen gesehen; du weißt, ich habe seine körperliche Form unvollendet gelassen.«
Sie blickte ihn an und ihre Augen leuchteten voller Emotionen. »Lügner. Ich glaube dir nicht ein einziges Wort. Du weißt nicht einmal, was du gemacht hast. Dieses Ding könnte unsere ganze Rasse auslöschen—«
»Wie bitte?«, fragte Blaise ungläubig. »Wie könnte es zur Auslöschung unserer Rasse führen? Selbst wenn es stabil gewesen wäre, würde das keinen Sinn ergeben—«
»Es ist nicht menschlich!« Augusta stand offensichtlich völlig neben sich. »Das ist eine unnatürliche Kreatur mit unvorstellbaren Kräften. Du weißt nicht, wozu sie wirklich fähig ist; vielleicht könnte sie uns mit einem Aufschlag ihrer schönen blauen Augen auslöschen!«
»Augusta, hör mir zu«, versuchte Blaise, sie zur Vernunft zu bringen. »Sie ist intelligent, hochintelligent. Sie hätte keinen Grund, so grausam zu sein. Mit Intelligenz geht Güte einher. Daran habe ich immer geglaubt—«
»Nur weil du es glaubst, heißt das nicht, es stimmt auch«, widersprach sie ihm und ihre Stimme zitterte dabei vor Ärger. »Und selbst wenn du Recht hast, selbst wenn dieses Ding nicht vorhat, uns Schaden zuzufügen, allein seine Existenz setzt uns alle einem Risiko aus. Wenn es seine eigene Intelligenz besitzt — eine unnatürliche Intelligenz, die erschaffen wurde, nicht geboren — kann es noch mehr Kreaturen wie sich selbst ausbrüten, die vielleicht sogar cleverer und mächtiger sind. Dann werden diese Abscheulichkeiten etwas noch Beängstigenderes kreieren und dieser Kreislauf kann so lange weitergehen, bis wir für diese Wesen nichts weiter als Ameisen sind. Sie werden auf uns herumtrampeln, wir werden nichts weiter als Küchenschaben für sie sein. Denk an meine Worte, das ist der Anfang vom Ende.«
Blaise starrte Augusta schockiert an, überwältigt von dem Gedanken, Gala könnte andere wie sich selbst erschaffen. Er hatte noch gar nicht an diese Möglichkeit gedachte, aber auf eine eigenartige Weise ergab es Sinn. Allerdings sah er das im Gegensatz zu Augusta nicht als eine schlechte Sache. Er dachte begeistert, das könnte die Entwicklung sein, die die Welt zu etwas Besserem machen würde. Er stellte sich hochintelligente, allwissende, allmächtige Wesen vor, die die Menschen als ihre Elternrasse ansahen ... Und diese Vorstellung fand er ungemein anziehend.
Dann fiel ihm eine andere Möglichkeit ein. Wenn es ihm gelang, in die Zauberdimension einzudringen und zusätzliche Kräfte zu bekommen, dann würde die Grenze zwischen den Wesen, die er sich gerade vorgestellt hatte und den Menschen sowieso verschwimmen. Selbst wenn Augustas Ängste eine reale Basis haben sollten — was er stark bezweifelte — könnten die Menschen diesen wunderbaren Kreaturen immer noch ebenbürtig werden.
Natürlich wäre es gerade nicht der cleverste Zug, diese Gedanken mit Augusta zu teilen. »Augusta, auch wenn du Recht haben solltest«, sagte er stattdessen, »diese Wesen würden uns nicht schaden wollen. Sie wären uns viel zu ähnlich. Mit einer höheren Intelligenz besitzen sie mit Sicherheit eine Moral, die über der unseren liegt. Wir müssen keine Angst haben—«
»Du bist ein Dummkopf.« Augusta sah ihn höhnisch an. »Hält Moral dich davon ab, ein nervtötendes Insekt zu zerquetschen?«
»Wenn ich wüsste, das kleine Kriechtier hätte ein ich-Bewusstsein, würde ich es nicht töten.« Blaise war von dieser Tatsache fest überzeugt. »Und wenn ich wüsste, es handele sich dabei um meinen Schöpfer, dann erst recht nicht.«
»Du bist nur ganz blind vor
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