Der Zaubercode
Auswahl an Brot, Käse und getrockneten Früchten. Es war der beliebteste Teil des Marktes; der Großteil der Dorfbevölkerung schien sich in diesem Teil aufzuhalten. Esther kaufte ihnen eine Pastete die mit etwas intensivem und süßem gefüllt war, und Gala aß die Süßigkeit gerade gierig, als sie hinter sich ein Geschrei hörte.
Der Lärm kam aus der Richtung der Brotstände. Neugierig drehte Gala sich um, weil sie sehen wollte, was dort geschah und sah jemanden zwischen den Ständen entlang rennen. Die Schreie kamen von dem Händler und ein großer, ganz in schwarz gekleideter Mann begann, den Flüchtenden zu verfolgen.
Gala erinnerte sich an die Verhandlung in Blaises Dorf und fragte sich, ob die Person, die wegrannte, ein Dieb war. Sie konnte den Händler schreien hören, man habe ihn ausgeraubt und sie ging ein paar Schritte in die Richtung, in die der Läufer rannte. Die anderen Besucher des Marktes schienen die gleiche Idee zu haben und Gala verschwand bald in der Menge, in der jeder schubste und drängelte, um zu dem Spektakel zu gelangen, welches sich vor ihnen abspielte. Gala warf einen Blick hinter sich und sah, wie Esther und Maya mit ängstlichen Gesichtern hinter der Menge hereilten.
Da sie unbedingt herausbekommen wollte, was vor sich ging, konzentrierte sich Gala auf ihr Gehör und plötzlich konnte sie Geräusche von außerhalb wahrnehmen. Jetzt konnte sie hören, wie eine Person in einiger Entfernung rannte und auch, wie schwerere Schritte ihr folgten.
»Nein! Bitte, lass mich gehen!« Der hohe Schrei war zweifellos weiblich und Gala wurde klar, dass es sich um eine junge Frau handelte, die fortgelaufen war — eine junge Frau, die gerade gefasst worden war, ihren hysterischen Bitten nach zu urteilen.
Während die Menge sie mit sich nach vorne zog, konnte Gala die grobe männliche Stimme über Gerechtigkeit reden hören und sie schaffte es, auszubrechen und zur Mitte des Marktes zu rennen, wo die Schreie herkamen.
Es hatten sich dort schon ein paar Zuschauer versammelt, die die kleine Figur, die auf dem Boden kauerte, umringten. Der schwarz gekleidete Mann stand über ihr und hielt ihren Arm in einem Griff, dem sie nicht entkommen konnte. Gala sah sich um und erkannte auf vielen Gesichtern Angst und Mitleid, aber auf einigen anderen auch schadenfrohe Erregung. Sie wusste nicht, was jetzt passieren würde, aber sie hatte intuitiv ein schlechtes Gefühl in ihrer Magengrube. Sie wünschte sich, Esther und Maya wären hier, damit sie sie fragen konnte, aber sie waren jetzt zu weit hinter ihr.
Sie betrachtete das Mädchen und ihr fiel auf, wie dünn sie war — viel dünner als Gala — und was für Fetzen sie trug. Ihr langes, braunes Haar war verfilzt und der Ausdruck puren Terrors war auf ihrem blassen Gesicht.
Ein anderer Mann in reicherer, aufwendigerer Bekleidung, bahnte sich seinen Weg durch die Menge und gesellte sich zu der jungen Frau und demjenigen, der sie gefangen hatte. An seiner linken Hüfte hing in einer Lederscheide ein Schwert und um seinen Mund spielte ein grausames Lächeln. »Du wirst gerichtet werden, Dieb«, sagte er zu dem verängstigten Mädchen. »Ich bin Davish, der Aufseher über dieses Land.«
Die Diebin zuckte sichtbar zusammen und ihr Gesichtsausdruck spiegelte reine Verzweiflung wieder. Es war, als habe sie jede Hoffnung aufgegeben, dachte Gala, völlig versunken in das, was sich vor ihr abspielte.
»Du wirst beschuldigt, gestohlen zu haben«, fuhr der Aufseher fort. »Weißt du, was die Strafe für Diebstahl ist?«
Die junge Frau nickte und Tränen liefen ihr Gesicht hinunter. »Mein Herr, bitte verschonen sie mein Leben ... Ich habe einen Laib Brot für meine restlichen zwei Kinder genommen. Mein jüngstes ist schon des Hungers gestorben. Bitte, mein Herr, machen sie das nicht—«
Der Aufseher sah amüsiert aus. »Du hast Glück«, antwortete er. »Zu Ehren der bevorstehenden Spiele im Kolosseum habe ich gute Laune und bin gewillt, gnädig zu sein.«
Gala atmete aus, ließ die Luft raus, die sie unbewusst angehalten hatte. Sie war froh, dass die Frau verschont werden würde. Hatte er ernsthaft in Erwägung gezogen, sie für einen Laib Brot zu töten? Das Mädchen hatte nur das Leben ihrer Kinder retten wollen und es schien unglaublich grausam zu sein, sie dafür zu bestrafen.
Die Diebin schluchzte vor Erleichterung. »Ich werde für immer in eurer Schuld stehen, mein Herr—«
»Wache, führe sie zum Richtstein.« Der Aufseher gab die Anweisung an
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