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Der Zauberer von Stonehenge

Der Zauberer von Stonehenge

Titel: Der Zauberer von Stonehenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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die hier lebten, hatten nicht viel mehr als er.
    Es war ein mieser, ein düsterer, nach Armut und Arbeitslosigkeit riechender Stadtteil. Die Menschen sahen verbittert aus, immerdaraufgefaßt, böse Überraschungen zu erleben.
    Sanierungskonzepte lagen bereits in den Rathäusern vor. Es ging das Gerücht um, daß Southwark umgekrempelt werden sollte. Ein ganzer Stadtteil würde verschwinden und neuen, teuren Wohnungen Platz schaffen. Das alles beunruhigte die Menschen noch mehr, und es gab kaum Hausbesitzer, die noch etwas renovierten.
    Mit diesen Gedanken beschäftigte sich Phil, als er in die Gasse einbog, die seine Strecke erheblich abkürzte.
    Hier war der Stadtteil noch grauer als woanders. Die Hausfassaden mit ihren Fenstern, vor denen kaum noch Gardinen hingen, wirkten wie eine trostlose Kulisse zu einem Film über Minderheiten. Auf den Gehsteigen lag Unrat. Die Autos, die an den Straßenrändern parkten, hätten eigentlich auf den Schrottplatz gehört.
    Trotzdem lebten hier Menschen.
    Menschen, die Phil Grover verachteten. Sehr oft sah er es an ihren Gesichtern, wenn ihm die Leute begegneten. Deshalb hatte er sich angewöhnt, devot zu laufen und sich stets nahe der grauen Fassaden zu halten.
    Das half nicht immer. Oft wurde er beschimpft oder bespuckt. Auch anderweitig bedroht. Man hatte ihn sogar geschlagen. Dabei hatten sich die Frauen hervorgetan und mit den nächstbesten Gegenständen auf ihn eingeknüppelt.
    Die hier lebenden Menschen suchten ein Ventil. Sie hatten sich die Wohnlage oft genug nicht selbst ausgesucht, waren aus Verzweiflung hergezogen und schauten auf den herab, der noch eine Stufe unter ihnen stand, wie Phil Grover.
    Es gab auch andere, die freundlich waren. Wie die alte Zerbinetta. Sie war eine ehemalige Sängerin, die über Land getingelt war. Sie nannte sich nur Zerbinetta nach einer Figur aus der Oper. Da sie ihr Geld stets verpulvert und keine Rücklagen gehabt hatte, mußte sie nun in diesem Viertel leben. Manchmal erfreute sie andere mehr oder weniger mit ihrem Gesang, da mußte es aber Sommer und sehr warm sein. Nicht an diesem Tag kurz vor Weihnachten, wo der Wind kalt durch die Straßen fegte und mit dem Abfall spielte.
    Vom nahenden Weihnachtsfest war in dieser Gegend nichts zu merken. Keine Lichter, keine Tannen, kein Glanz. Düsternis und Grauschleier. Nicht einmal die Erinnerung an das Fest. Am Heiligabend würde es sich im Asyl ändern. Es waren zumeist die Mitglieder der Heilsarmee, die kamen und einen Christbaum aufstellten. Dann wurden auch Lieder gesungen und anschließend die aufkommende Rührung mit Alkohol runtergespült.
    Zerbinetta stand plötzlich so dicht vor Phil Grover, daß dieser fast gegen sie gelaufen wäre. Im letzten Augenblick sah er sie, starrte hoch und hörte ihr Lachen, das stets ein wenig nach Opernbühne klang. »Du hast mich erschreckt!«
    Sie nickte. Zerbinetta war eine korpulente Frau mit gebleichten Haaren und sehr dunklen Augen. Das Leben hatte Spuren in ihrer Haut hinterlassen, aber die schönen Augen konnten nicht vergehen. Sie raffte den billigen Mantel über ihrer Brust zusammen. »Noch immer unterwegs oder schon wieder?« fragte sie.
    »Ich weiß es nicht.«
    Zerbinetta lächelte. »Irgendwie gefällst du mir, Grover.«
    »Wieso?«
    »Weiß ich auch nicht genau.« Sie hielt ihre Haare fest, weil der Wind hineinschaufelte. »Vielleicht bist du anders als die übrigen hier. Bin ich ja auch.«
    »Kann sein.«
    Sie schaute ihn an. »Ich möchte dir einen Vorschlag machen, Grover.«
    »Und welchen?«
    »Was hat du Weihnachten vor?«
    »Nichts. Wie jedes Jahr.«
    »Dann komm zu mir. Ich habe von einer ehemaligen Kollegin etwas zu trinken bekommen. Ich traf sie zufällig in der Stadt. Sie ist noch am Theater und gab mir Rotwein. Keinen billigen Fusel. Wein aus bella Italia.« Ihre Augen leuchteten plötzlich.
    Phil überlegte. »Meinst du das ehrlich?«
    »Klar doch.«
    »Wäre ja nicht schlecht. Aber ich kann dir jetzt noch keinen genauen Bescheid geben.«
    »Weshalb nicht? Hast du etwas anderes vor?«
    »Nein, nicht. Reicht es, wenn ich dir morgen Bescheid gebe?«
    Zerbinetta schaute ihn wissend an. »Du hast etwas vor, wie?«
    »Nicht direkt, aber…«
    »Komm, sag es schon.« Sie legte die Hand auf seine Schulter und wollte ihn in den Hauseingang ziehen.
    Phil löste sich aus dem Griff. »Nein, das kann ich nicht. Wenn es klappt, wird sich einiges ändern, das verspreche ich dir. Wirklich, da kann etwas auf mich zukommen.«
    »Was

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