Der Zauberer von Stonehenge
stoppen.«
»Die Scherbe!« erinnerte ich ihn.
Er holte sie aus der Manteltasche und legte sie neben dem leeren Whiskyglas auf den Tisch.
Zum erstenmal sah auch Suko das gute Stück. Er betrachtete es und fragte: »Die habt ihr aus dem Müll geholt?«
»Ja.«
»Wie kommt sie dorthin?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Aber ich«, sagte Phil. »Gallico hat es mir gesagt.«
»Und was?«
»Kann ich noch einen Schluck haben?« fragte er leise. Es war nicht meine Leber, so bestellte ich wieder einen Dreifachen. Er nahm ihn und trank diesmal langsamer. »Gallico kennt sich aus. Er weiß genau, was es mit dem Zauberer auf sich hat. Er berichtete mir, daß dieser Zauberer außer Kontrolle geraten ist. Um ihn aber unter Kontrolle zu behalten, muß das letzte Stück, diese Scherbe hier, in seinen Körper eingesetzt werden.«
»Deshalb wollte er sie so dringend haben?«
»Ja, Sir!«
Suko blickte mich an, ich ihn. »Was sagst du dazu, John?«
»Das ist interessant. Jetzt kennen wir wenigstens das Motiv. Wir rennen keinem Hirngespinst nach.«
Der Inspektor räusperte sich. »Also ich habe ihn ja nicht gesehen, aber euren Beschreibungen nach muß er auffallen. Wo kann er sich jetzt befinden, damit er nicht auffällt?«
»Das weiß ich nicht.«
»Und Sie, Phil?«
»Ich habe auch keine Ahnung.«
Dafür hatte ich eine Idee. »Man sprach immer von Stonehengc. Wäre es nicht möglich, daß wir ihn dort finden?«
»Dann müßten wir hin.«
»So ist es.«
Phil Grover zeigte sich verwundert. »Wollen Sie dem nachlaufen, obwohl Sie nicht wissen…?«
»Ja.«
»Vielleicht ist es richtig.« Er schaute wieder auf die Scherbe. »Die müßten Sie dann mitnehmen.«
»Selbstverständlich.«
Der Obdachlose senkte den Kopf. »Gern gebe ich sie nicht her. Sie hat mir ein anderes Gefühl vermittelt. Sie hat mich begleitet. Sie gab mir Kraft, verstehen Sie? Als ich sie in die Hand nahm, da war ich plötzlich ein anderer. Fast so wie früher. Ich spürte, daß ich nicht mehr der Penner bin, für den man mich immer gehalten hat. Ich habe einen normalen Beruf ausgeübt. Ich war Ingenieur, meine Frau starb, mit mir ging es bergab. Jetzt werde ich nicht mehr Tritt fassen können. So komisch es klingt, die Scherbe hat mir irgendwie geholfen.«
Er lachte und schüttelte den Kopf. »Glauben Sie mir?«
»Weshalb nicht?«
»Weil es… na ja, es klingt einfach komisch.«
»Wie gab Ihnen die Scherbe Kraft?« fragte Suko.
»Das war in einer Streßsituation, als der Rocker mich fertigmachen wollte. Ich wurde plötzlich zu einem anderen. Ich… ich bekam zu spüren, was es heißt, Macht zu besitzen. Es war einfach phantastisch, verstehen Sie das? Toll.«
Ich schaute auf die Scherbe. »Darf ich sie mal untersuchen, Phil?«
»Wieso?«
»Keine Sorge, ich will sie nicht zerstören. Für mich ist ein Test sehr wichtig.« Ich rückte den Stuhl so weit zur Seite, damit ich von der Theke her nicht mehr beobachtet werden konnte. Dann holte ich mein Kreuz hervor, das Phil staunend betrachtete.
»Ist das auch wertvoll?«
»Das kann man sagen.« Mit der linken Hand zog ich die Spiegelscherbe zu mir heran, in der rechten behielt ich das Kreuz.
»Sie werden es doch nicht zerstören?«
»Nein, testen!«
»Und dann?«
»Sind wir möglicherweise schlauer.«
So recht wollte er mir nicht glauben, sein Gesichtsausdruck zeigte eine gehörige Portion Skepsis, aber ich ließ mich nicht beirren. Die Scherbe fühlte sich völlig normal an. Nicht angewärmt oder gar eine Hitze ausstrahlend. Sie war auch nicht blank, eher matt.
»Als ich das gute Gefühl bekam, da hatte sich auch ihre Farbe verändert«, erzählte Grover. »Die Scherbe wurde plötzlich rot. Sie bekam Kraft, die in mich hineinfloß.«
»Danke für den Tip!«
Eine Sekunde später hatte die Scherbe mit meinem Kreuz Kontakt bekommen. Da passierte es.
Wir hörten nur noch die Schreie der Gäste, und wir selbst waren von einem knalligen, grünen Schein umhüllt. Irgendetwas riß und zerrte an uns, wir konnten uns nicht dagegen anstemmen, die andere Kraft war einfach mächtiger.
Dann kam der Sog. Ich fühlte mich so furchtbar klein, schaute in einen gewaltigen Tunnel, an dessen Rand ich noch für einen Moment stand, bevor ich nach vorn kippte und von ihm verschlungen wurde. Suko und Phil Grover war es ähnlich ergangen. Nur die Gäste und der Wirt waren verschont geblieben.
Sie starrten auf die leeren Stühle und sahen auf dem Tisch noch die Gläser.
Einer der Gäste hatte Humor. »Diese
Weitere Kostenlose Bücher