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Der Zauberhut

Der Zauberhut

Titel: Der Zauberhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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braucht wohl nicht extra betont zu werden, daß nur wenige auserwählte Menschen Gelegenheit bekommen, unter gewöhnlichen Umständen einen solchen Farb dunst zu beobachten.
    Rincewind sank langsam auf die Knie.
Die junge Frau musterte ihn verwirrt.
»Haben sich die Knochen deiner Beine in Gummi verwandelt?«
    »Es… es ist der Hut, der Hut des Erzkanzlers«, brachte Rincewind hervor und kniff die Augen zusammen. »Du hast ihn gestohlen!« platzte es aus ihm heraus. Er stemmte sich wieder in die Höhe und griff nach der irrlichternden Krempe.
    »Ein Hut, weiter nichts.«
    »Gib ihn her! Frauen dürfen ihn nicht berühren! Er gehört den Zauberern!«
    »Warum regst du dich so auf?« fragte die Unbekannte.
Rincewind öffnete den Mund. Rincewind schloß den Mund. Er wollte sagen: Es ist der Hut des Erzkanzlers. Begreifst du denn nicht? Er wird vom Kopf aller Zauberer getragen, das heißt, vom Kopf aller Zaubererköpfe, ich meine, er gehört eigentlich aufs, äh, metaphorische Haupt der Magiergemeinschaft, und überhaupt… er ist das Ziel aller Zaubererwünsche, er versinnbildlicht organisierte Thaumaturgie, man kann sich ihn als Spitze unseres Berufsstandes vorstellen, als ein Symbol, er bedeutet…
    Und so weiter. Rincewind erfuhr am ersten Studientag in der Unsichtbaren Universität vom Hut des Erzkanzlers, und die entsprechenden Worte seiner Tutoren sanken so tief in seinen leicht zu beeindruckenden Geist wie Bleigewichte in weiche Grütze. Viele Rätsel der Welt blieben ihm rätselhaft, aber ein Punkt ließ nicht einmal für zaghaften Zweifel Platz: Der Hut des Erzkanzlers war wichtig. Vielleicht brauchten selbst Zauberer ein wenig Magie in ihrem Leben.
    Rincewind, sagte der Hut.
Er starrte die junge Frau an. »Er hat zu mir gesprochen!«
    »Mit einer Stimme, die dicht hinter der Stirn erklingt?«
    »Ja!«
    »Ich habe sie ebenfalls gehört. Die Stimme, meine ich.«
    »Aber sie kennt meinen Namen!«
Natürlich kennen wir ihn, du närrischer Narr. Immerhin gelten wir als magisch. Die Worte klangen nicht nur angemessen dumpf, sondern hatten auch einen sonderbar choralen Effekt. Rincewind stellte sich Dutzende von Stimmen vor, die alle zugleich und fast synchron sprachen.
Er straffte seine Gestalt.
    »O großartiger und wundervoller Hut«, sagte er mit feierlichem Ernst, »strafe dieses unverschämte Mädchen, das die Frechheit, nein, die Dreistigkeit, nein, die Unverfrorenheit…«
    Hör auf mit dem Unsinn. Die Diebin hat uns gestohlen, weil wir es ihr befahlen. Wir sind gerade noch rechtzeitig entkommen.
»Aber sie ist…« Rincewind zögerte. »Sie gehört dem, äh, weiblichen Geschlecht an und…«
Das war auch bei deiner Mutter der Fall.
»Ja, aber sie rannte fort, bevor ich geboren wurde«, murmelte Rincewind.
Es gibt viele anrüchige Schenken und Tavernen in der Stadt, aber du mußtest dich ausgerechnet für die Geflickte Trommel entscheiden, klagte der Hut.
    »Er war der einzige Magier, den ich finden konnte«, erwiderte die junge Frau. »Er erschien mir durchaus geeignet. Ich meine, er hat einen Hut, und darauf steht ›Zaubberer‹ geschrieben und so.«
    Man darf nicht alles glauben, was geschrieben steht. Nun, jetzt ist es zu spät. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.
    »Einen Augenblick«, warf Rincewind ein. »Was ist eigentlich los? Du wolltest dich von ihr stehlen lassen? Warum bleibt uns nicht mehr viel Zeit?« Er richtete einen anklagenden Finger auf den Hut. »Wie dem auch sei: Du kannst nicht einfach herumlaufen und dich stehlen lassen. Du gehörst auf den… den Kopf des Erzkanzlers! Die Ernennungzeremonie fand heute abend statt, und ich hätte daran teilnehmen sollen…«
    Etwas Schreckliches geschah in der Universität. Es ist von größter Bedeutung, daß wir nicht zurückgebracht werden, verstehst du? Reise mit uns nach Klatsch. Dort gibt es jemanden, der mich tragen soll.
    »Warum?« Rincewind fand die Stimme immer seltsamer. Sie klang so, als sei es unmöglich, ihr nicht zu gehorchen, so als bringe sie massives Schicksal zum Ausdruck. Wenn sie ihn aufgefordert hätte, von einer hohen Klippe zu springen, wäre ihm vermutlich erst auf halbem Wege nach unten eingefallen, mit einem festen »Nein!« zu antworten.
    Es droht der Tod aller Zauberei.
Rincewind sah sich schuldbewußt um.
»Wieso?« fragte er.
Das Ende der Welt steht bevor.
»Was, schon wieder?«
    Wir meinen es ernst, sagte der Hut verdrießlich. Der Triumph der Eisriesen, die Apokralypse, das Kaffeetrinken der Götter. Die Liste

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