Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zauberhut

Der Zauberhut

Titel: Der Zauberhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Rücken.
»Hab ich’s mir doch gedacht«, sagte Conina. »Sie möchten uns irgendwohin bringen.« Plötzlich knirschte sie mit den Zähnen. »O nein!«
    »Was ist denn jetzt los?«
    »Ich kann es nicht!«
    »Was kannst du nicht?«
Conina ließ den Kopf hängen. »Ich kann mich nicht ohne Kampf gefangennehmen lassen!« hauchte sie bestürzt. »Mindestens tausend barbarische Vorfahren würden mich des Verrats bezichtigen!«
    »Halte dich an die Ahnen deiner Mutter.«
    »Ich meine es ernst. Nun, es dauert nicht lange.«
Irgend etwas bewegte sich schemenhaft, und der am nächsten stehende Mann sank mit einem leisen Ächzen zu Boden. Unmittelbar darauf stießen Coninas Ellbogen zu und bohrten sich in die Magengruben der Gestalten direkt hinter ihr. Eine Hand raste mit einem leisen Zischen an Rincewinds Ohr vorbei und fällte den vierten Gegner. Der fünfte Mann wollte sich aus dem Staub machen, aber Cohens Tochter ließ ihn nicht entkommen. Sie stürzte sich auf den Fliehenden, stieß seinen Kopf an die Mauer.
Conina rollte sich von dem Bewußtlosen herunter, schnaufte und strahlte.
»Ich gebe es nicht gern zu, aber jetzt fühle ich mich besser«, sagte sie. »Obwohl ich es zutiefst bedaure, alle Friseusentraditionen verletzt zu haben. Oh!«
    »Ja«, bestätigte Rincewind ernst. »Ich habe mich gefragt, ob du sie ebenfalls gesehen hast.«
Conina beobachtete einige Bogenschützen, die an der gegenüberliegenden Wand Aufstellung bezogen hatten. Sie wirkten so gleichgültig wie Leute, die bezahlt wurden, um einen bestimmten Auftrag zu erledigen, und Rincewind befürchtete, daß sie im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen gingen. Auch über seine.
»Wird Zeit für die Haarklemmen«, sagte er.
Conina rührte sich nicht von der Stelle.
»Mein Vater wies mich immer wieder darauf hin, wie sinnlos es sei, gegen einen mit gefährlichen Projektilwaffen ausgerüsteten und zahlenmäßig überlegenen Feind anzutreten«, antwortete sie.
Rincewind kannte Cohens Ausdrucksweise und musterte die junge Frau ungläubig.
»Ich schätze, in Wirklichkeit hat er etwa folgendes gesagt: Versuch nie, einem verdammten Stachelschwein den Hals umzudrehen.«
     

    W enn Spelzdinkel an das bevorstehende Frühstück dachte, begann er zu zittern.
Er überlegte, ob er mit Krempel sprechen sollte, ahnte jedoch, daß ihm der dicke Zauberer weder zuhören noch glauben würde. Eigentlich fiel es ihm selbst schwer, an der Überzeugung festzuhalten, nicht geträumt zu haben…
Nein. Unsinn. Es war kein Traum, sondern die reale Realität, um nicht zu sagen: die wirkliche Wirklichkeit, keine mögliche Mög…
Der Quästor unterbrach diesen unerquicklichen Gedankengang und schaltete sein mentales Getriebe in den Leerlauf.
Wer in diesen Tagen in der Universität wohnte, sah sich mit einigen neuen Problemen konfrontiert. Um nur ein Beispiel zu nennen: Das Gebäude, in dem man einschlief, war nicht unbedingt das gleiche, in dem man aufwachte. Die Räume und Zimmer neigten dazu, unternehmungslustig umherzustreifen – die Folge stärker werdender magischer Kraftfelder. Thaumaturgische Energie staute sich in dicken, staubigen Teppichen, lud die Zauberer so sehr auf, daß ein kräftiger Händedruck genügte, um gespenstische okkulte Metamorphosen einzuleiten. Tatsächlich hatte sich bereits so viel Magie angesammelt, daß die Kammern der Universität nicht mehr als Speicher genügten. Wenn nicht bald etwas unternommen wurde, mochten auch gewöhnliche Bürger in der Lage sein, die verschiedensten Dinge zu beschwören. Eine schreckliche Vorstellung, fand der Quästor. Aber Spelzdinkel hatte bereits viele schreckliche Vorstellungen, und dadurch setzte ein gewisser Gewöhnungsprozeß ein – sehr zum Wohl seines Seelenfriedens.
Die Schwierigkeiten beschränkten sich nicht nur auf das geographische Muster in der Universität. Der Druck des okkulten Stroms betraf auch die Nahrungsmittel. Wenn man ein Stück leckeren Schweinebratens aufspießte und es zum Mund führte, konnte es sich unterwegs in etwas anderes verwandeln. Wenn man Glück hatte, war es ungenießbar. Wenn man Pech hatte, erwies es sich zwar als eßbar, stimulierte jedoch nur selten den individuellen Appetit. Gelegentlich traf man entsprechende Feststellungen, bevor das Etwas die Zunge berührte, aber in besonders schlimmen Fällen rang man sich erst dann zu einer fürs Geschmacksempfinden wichtigen Erkenntnis durch, wenn die ersten Bissen den Magen erreichten und versuchten, durch die Speiseröhre

Weitere Kostenlose Bücher