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Der Zauberhut

Der Zauberhut

Titel: Der Zauberhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nächtlicher Wüsten, dem Gestank von Löwen, dem Kompost in undurchdringlichen Dschungeln und den recht strengen Duftnoten von Antilopen und Gnus.
Rincewind roch natürlich überhaupt nichts. Ihm kam die ganz normale Magie von Anpassung und Gewohnheit zustatten: Den meisten Morporkianern wäre es nicht einmal gelungen, eine nur fünf Meter entfernt brennende und mit Knoblauchresten gefüllte Matratze zu riechen.
»Wohin jetzt?« fragte er. »Vielleicht sollten wir eine windgeschützte Stelle suchen.«
    »Mein Vater verbrachte einige Zeit in Khali, als er nach der Verlorenen Stadt Iieeh suchte«, erklärte Conina. »Häufig sprach er begeistert vom Holterdipolter und meinte, das sei eine Art Basar.«
    »Oh, sicher, wir wenden uns einfach an einen Verkäufer, der Hüte aus zweiter Hand anbietet«, sagte Rincewind. »Was für eine verrückte Idee…« Er kannte sich mit verrückten Ideen aus. Sie kamen ihm häufig in den Sinn.
»Ich habe gehofft, daß wir angegriffen werden. Das scheint mir die beste Möglichkeit zu sein. Mein Vater meinte, nur wenige Fremde wagten sich ins Holterdipolter, und noch weniger bekämen Gelegenheit, den Basar wieder zu verlassen. Er meinte, dort trieben sich sehr gefährliche Leute herum.«
Rincewind dachte darüber nach.
»Könntest du das bitte wiederholen? Ich habe nur gehört, daß du hoffst, überfallen zu werden. Anschließend klingelte irgend etwas in mir.«
    »Nun, wir möchten doch einen Kontakt zur hiesigen Verbrecherszene herstellen, oder?«
    »Von möchten kann eigentlich keine Rede sein«, widersprach Rincewind behutsam. »Nein, einen solchen Ausdruck würde ich nicht verwenden.«
    »Welchen dann?« fragte Conina.
»Äh, nicht möchten erscheint mir angemessener.«
    »Du hast dich bereit erklärt, den Hut zu suchen!«
    »Aber nicht dazu, bei der Suche zu sterben«, erwiderte Rincewind betrübt. »Das würde niemandem nützen. Mir am allerwenigsten.«
    »Mein Vater sagte immer, der Tod sei wie ein traumloser Schlaf«, murmelte Conina.
»Aber ich träume gern«, sagte Rincewind und erinnerte sich in diesem Zusammenhang an die Auskunft der zweihundert Erzkanzler, die durch den Hut zu ihm gesprochen hatten. Er folgte der jungen Frau, die durch eine schmale Gasse schritt, vorbei an Wänden aus weißen Adobeziegeln. »Außerdem ist es schwer, am nächsten Morgen aus einem solchen Schlaf zu erwachen.«
    »Du gehst kein großes Risiko ein«, entgegnete Conina. »Immerhin bin ich bei dir.«
    »Ja, und du freust dich schon auf einen Kampf, nicht wahr?« sagte Rincewind vorwurfsvoll, als Conina zielstrebig den Weg fortsetzte. Pubertäre Kleinunternehmer folgten ihnen, so beharrlich wie Kletten. »Die Värärbung ist wieder am Werk, stimmt’s?«
    »Sei endlich still und versuch, wie ein Opfer auszusehen.«
    »Das fällt mir nicht schwer«, brummte Rincewind und wehrte ein besonders hartnäckiges Mitglied der Junioren-Handelskammer ab. »Darin habe ich eine Menge Übung. Zum letztenmal: Ich will niemanden kaufen, du Flegel!«
Mürrisch beobachtete er die Wände und stellte mit einem Hauch von Erleichterung fest, daß sie keine peinlichen Bilder aufwiesen. Aber der heiße Wind wehte noch immer, und der allgegenwärtige Sand ging ihm zunehmend auf die Nerven. Rincewind wünschte sich nichts sehnlicher als das eine oder andere kühle Bier, ein kühles Bad und frische Kleidung, möglichst kühl. Wahrscheinlich hätte er sich dadurch kaum besser gefühlt, aber vielleicht wäre es erträglicher gewesen, sich schlecht zu fühlen. Nun, das Bier mußte er sicher von seiner Liste streichen. Seltsam: In kalten Städten wie Ankh-Morpork erfreuten sich kühle Getränke großer Beliebtheit, aber hier in Al Khali, einem urbanen Backofen, über dem die Sonne wie eine Heizlampe brannte, zog man ölige Flüssigkeiten vor, die einem Hals und Kehle verätzten. Hinzu kam eine Architektur, die Rincewind für völlig falsch hielt. In den Tempeln standen Statuen, wie man sie eher an anderen, ganz und gar unheiligen Orten vermutete. Eine solche Stadt eignete sich einfach nicht für Zauberer. Nun, bestimmt gab es eine lokale Alternative, zum Beispiel schlichte Beschwörer, aber von anständiger Magie konnte man wohl kaum sprechen…
Conina ging munter weiter und summte fröhlich.
Sie gefällt dir, nicht wahr? fragte eine gestaltlose Stimme. Streite es bloß nicht ab. Ich weiß Bescheid.
Bei allen Göttern! entfuhr es Rincewinds gequälten Gedanken. Du bist doch nicht etwa mein Gewissen, oder?
Nein, deine Libido.

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