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Der Zauberhut

Der Zauberhut

Titel: Der Zauberhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Nächten. Magie tötete auf eine weitaus einfallsreichere Art als zum Beispiel Stahl. Sie eröffnete völlig neue Möglichkeiten des Sterbens, und Nijel erinnerte sich viel zu deutlich an die gräßlichen Konturen, die er gesehen hatte, bevor alles in gnädigem oktarinem Feuer verschwand.
    »Ich wußte nicht, daß Zauberer zu so etwas fähig sind«, sagte er, als sie durch eine Gasse eilten. »Ich habe sie nie für gefährlich gehalten, eher für, nun, ein wenig dümmlich. Ich dachte immer, es seien, äh, Witzfiguren.«
    »Dann lach doch über das, was eben geschah«, brummte Rincewind. »Sie haben die Wächter getötet, ohne auch nur mit der Wimper…«
    »Bitte geh nicht in die Einzelheiten. Ich kenne sie nur zu genau.« Nijel wich zurück und kniff die Augen zusammen.
»Du bist ebenfalls ein Zauberer«, sagte er vorwurfsvoll.
»Aber nicht so einer«, gab Rincewind zurück.
»Und was für einer bist du, wenn ich fragen darf?«
    »Ich gehöre zur pazifistischen Magierkategorie.«
    »Wie sie die Wächter ansahen, so gleichgültig und unbekümmert…«, stieß Nijel hervor und schüttelte den Kopf. »Das war das Schlimmste.«
    »Ja.«
    Rincewind holte mit dieser einen Silbe aus, schwang sie wie einen dicken Knüppel hin und her. Der junge Mann schauderte noch einmal, klappte aber endlich den Mund zu. Rincewind musterte ihn und spürte, wie sich Mitgefühl in ihm regte. Was ihn ziemlich erstaunte: Normalerweise brauchte er sein ganzes Mitleid für sich selbst.
    »Hast du zum erstenmal gesehen, wie jemand umgebracht wurde?« fragte er.
»Ja.«
    »Wie lange bist du schon ein barbarischer Held?«
    »Äh, welches Jahr schreibt man?«
Rincewind spähte um eine Ecke, aber die Leute in horizontaler und vertikaler Nähe schenkten ihnen keine Beachtung. Sie waren viel zu sehr damit beschäftigt, in Panik zu geraten.
    »Du bist schon eine ganze Weile unterwegs, nicht wahr?« erwiderte er leise. »Hast völlig den kalendarischen Überblick verloren, stimmt’s? Mach dir nichts draus. Ich habe es selbst häufig erlebt. Dies ist das Jahr der Hyäne.«
    »Oh, in dem Fall…« – Nijels Lippen bewegten sich lautlos –, »… hat meine Laufbahn als Barbarenheld vor ungefähr drei Tagen begonnen. Hör mal«, fügte er rasch hinzu, »wie kann man so beiläufig töten? Ohne auch nur einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden?«
    »Keine Ahnung«, sagte Rincewind, und sein Tonfall deutete darauf hin, daß tief in ihm ein Mörderinstinkt erwachte.
    »Ich meine… Als mich der Großwesir in die Schlangengrube werfen ließ, schien er wenigstens ein gewisses Interesse an meinem Schicksal zu haben.«
    »Sehr lobenswert von ihm. Was wäre die Welt ohne Anteilnahme?«
    »Ich meine, er lachte sogar!«
    »Was einen Sinn für Humor beweist.«
Rincewind glaubte, seine Zukunft ebenso kristallklar zu sehen wie ein Mann, der von einer hohen Klippe stürzt – und zwar aus dem gleichen Grund. »Sie haben nur die Finger ausgestreckt, kaltblütig und ohne Gefühl… «, sagte Nijel, und daraufhin erwiderte Rincewind scharf: »Halt endlich die Klappe! Was meinst du wohl, was ich davon halte? Immerhin bin ich Zauberer!«
    »Ja, genau, und deshalb hast du nichts zu befürchten«, brachte Nijel hervor.
    Rincewind verlor endgültig die Beherrschung und schlug zu. Es war kein sehr kräftiger Hieb, denn selbst im Zorn blieben seine Muskeln eher schlaff. Die Faust traf Nijels Schläfe und brachte ihn zumindest mit der Wucht der Überraschung zum Schweigen.
    »Ja, ich bin ein Zauberer«, zischte Rincewind. »Ein Zauberer, der nicht besonders gut mit Magie umgehen kann! Bisher habe ich überlebt, weil ich darauf achtete, nicht wichtig genug zu sein, um zu sterben! Aber wenn alle Zauberer gehaßt und gefürchtet werden, geht es mir früher oder später an den Kragen. Wahrscheinlich weitaus früher, als mir lieb ist.«
    »Lächerlich!«
Rincewind blinzelte in grenzenloser Verwirrung.
»Was?«
    »Idiot! Du brauchst doch nur den närrischen Umhang auszuziehen und den blöden Hut wegzuwerfen. Dann erkennt dich niemand als Zauberer!«
    Rincewinds Mund öffnete und schloß sich mehrmals. Der Leser möge ihn mit einem Goldfisch vergleichen, der ohne großen Erfolg versuchte, das Konzept des Steptanzes zu begreifen.
    »Ich soll den Umhang ausziehen?« fragte er.
»Ja«, bestätigte Nijel und stand wieder auf. »Die zerkratzten Pailletten und all das übrige Zeug… Damit fällst du sofort auf.«
    »Ich soll den Hut wegwerfen?«
    »Du mußt zugeben, daß die Aufschrift

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