Der Zauberhut
ebenfalls ein Geständnis ablegen«, sagte er kleinlaut. »Manchmal gewinne ich den Eindruck, daß es meiner Poesie an Ausdruckskraft mangelt.«
Rincewind versuchte, zwei große Steine auf einem kleinen Kiesel auszubalancieren. Sie rutschten zur Seite, aber das Ergebnis schien ihn trotzdem zufriedenzustellen.
»Wie würde der Poet in dir die gegenwärtige Situation beschreiben?« fragte Conina behutsam.
Krösus rutschte nervös zur Seite. »Das Leben ist schon eine komische Sache«, antwortete er.
»Sehr treffend.«
Nijel streckte sich im Sand aus und sah zu den Sternen hoch. Plötzlich richtete er sich wieder auf.
»Habt ihr das gesehen?«
»Was?«
»Eine Art Blitz, gefolgt von…«
Am mittwärtigen Horizont strahlte eine Blume aus hellem Licht und blühte durch alle Farben des gewöhnlichen Spektrums, bevor sie in einem oktarinen Glanz erschimmerte. Das Gleißen brannte sich in die Netzhäute der drei Beobachter, bevor es verblaßte.
Eine halbe Minute später vernahmen sie ein fernes Grollen. »Irgendeine magische Waffe«, sagte Conina und blinzelte. Warmer Wind kam auf und wehte den Dunst fort.
»Zum Teufel auch!« stieß Nijel hervor. »Ich wecke ihn jetzt, selbst wenn es bedeutet, daß wir ihn tragen müssen.«
Er streckte die Hand nach Rincewinds Schulter aus, als etwas über den Himmel raste. Ein seltsames Geräusch erklang, wie von einem Gänseschwarm, der gerade durch eine dichte Lachgaswolke geflogen war. Das Glühen setzte seinen Flug fort und verschwand irgendwo in der nächtlichen Wüste. Grünes Licht blitzte, gefolgt von Donner und einem hochfrequenten Kreischen, das jeden Hund zum Wahnsinn getrieben hätte.
»Ich wecke ihn«, sagte Conina. »Du holst den Teppich.«
Sie kletterte über einige kleine Felsen und griff sanft nach Rincewinds Arm. Wahrscheinlich wäre es ihr gelungen, den Schlafwandler ohne irgendwelche Konsequenzen aus seiner Trance zu befreien, aber unglücklicherweise trug er einen Stein, der ihm auf den Fuß fiel.
Der Zauberer hob die Lider.
»Wo bin ich?« fragte er.
»Auf dem Strand. Du hast, äh, geträumt.«
Rincewind zwinkerte, starrte auf die letzten Dunstschwaden, den Steinkreis, blickte zum Himmel hoch, sah Conina an, betrachtete erneut das recht wackelige Turmfundament und spähte noch einmal zum Firmament empor.
»Was ist geschehen?« erkundigte er sich.
»Irgendein magisches Feuerwerk hat gerade begonnen.«
»Oh. Es geht also los.«
Er taumelte aus dem steinernen Ring, und Conina begleitete Rincewind sicherheitshalber, um ihn festzuhalten, falls er das Gleichgewicht verlieren sollte. Zusammen gingen sie in Richtung Lagerfeuer. Der Zauberer hatte einige Meter zurückgelegt, als er sich plötzlich an etwas erinnerte.
Er sah auf seinen Fuß herab und sagte laut und deutlich: »Au.«
Als sie nur noch wenige Schritte vom Feuer trennten, erreichte sie das magische Wirkungsfeld der letzten Zauberformel. Sie galt dem zwanzig Meilen entfernten Turm in Al Khali, und deshalb war die Wellenfront schwach und diffus. Sie übte nur geringen Einfluß auf die gewohnte Realität aus, als sie mit einem brodelnden Zischen über die Dünen glitt. Einige Sekunden lang züngelten rote und grüne Flammen über die letzte Glut. Eine von Nijels Sandalen verwandelte sich in einen zornigen Dachs, und eine Taube flog aus dem Turban des Serif.
Dann jagte die Magie weiter und kochte übers Meer.
»Was war das?« platzte es aus Nijel heraus. Er trat nach dem Dachs, der an seinem Fuß schnüffelte.
»Hmm?« entgegnete Rincewind.
»Das!«
»Ach, das«, murmelte Rincewind. »Nur die Nachwirkungen einer Zauberformel. Vermutlich hat sie den Turm in Al Khali getroffen.«
»Muß ziemlich starke Magie gewesen sein, wenn wir sie sogar hier zu spüren bekamen.«
»Da hast du sicher recht.«
»Ach, mein hübscher Palast«, seufzte Krösus. »Ich meine, er war ziemlich groß, aber mehr hatte ich eben nicht.«
»Tut mir leid.«
»Es lebten Menschen in der Stadt!«
»Wahrscheinlich ist alles Ordnung mit ihnen«, sagte Rincewind. »Das freut mich.«
»Ich würde gern wissen, in was sie sich verwandelt haben.«
»Wie bitte?«
Conina griff nach dem Arm des Serif. »Schrei ihn nicht an«, sagte sie.
»Er muß erst wieder richtig zu sich finden.«
»Oh.« Krösus nickte langsam. »Hoffentlich läßt er sich Zeit damit.«
»Ich glaube, das ist nicht ganz fair«, wandte Nijel ein. »Ich meine, er hat mich aus der Schlangengrube gerettet, und er, nun, er weiß eine Menge…«
»Zauberer bemühen sich
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