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Der Zauberspiegel

Der Zauberspiegel

Titel: Der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Carver
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bekommen, woher das Brathähnchen auf ihrem Teller stammte, verursachte ihr paradoxerweise Unwohlsein und Gewissensbisse.
    Aus dem Schornstein des Hauses stiegen Rauchschwaden auf. Jemand war zu Hause. Mit weichen Knien und einer guten Portion Vorsicht im Gepäck näherte sie sich dem Wohnhaus, als sie aus dem Inneren das Kläffen und Knurren zweier Hunde wahrnahm. Unbeirrt klopfte sie an die Tür. Schlurfende Schritte näherten sich.
    »Ruhe, ihr verdammten Köter«, rief eine raue Stimme. Zwei dumpfe Schläge ließen Juliane zusammenzucken. Die Tiere jaulten auf. Lebhaft schossen ihr Bilder durch den Kopf, wie die beiden Kläffer ihren Schwanz einzogen und sich in eine Ecke des Hauses verkrochen.
    Rasch überlegte sie es sich anders. Wollte davonrennen, doch kräftige Finger um ihren Oberarm hielten sie zurück. Automatisch schrie sie auf.
    »Wer bist du?« Die Frau, groß und korpulent, rümpfte ihre dicke Knollennase und starrte mit verächtlichem Ausdruck auf sie herab. »Nun rede schon, Mädchen!«
    Juliane konnte nicht. Sie war wie erstarrt. Verflucht, wo war sie nur hingeraten? Bei dem Versuch, sich aus dem Griff der Fremden zu befreien, kassierte sie eine harte Ohrfeige, die ihr Tränen in die Augen trieb. Sich vor einer weiteren Backpfeife schützend, hob sie den rechten Arm vor das Gesicht. So schnell, dass sie nicht mal zwinkern konnte, packte die Bäuerin Julianes Handgelenk und gaffte auf das Mal in ihrer Handfläche, als hätte sie ebendies dort erwartet.
    »Beim Namenlosen«, keuchte sie. »Korr, Korr, schnell, hol dein Schwert, die Auserwählte steht hier! Korr!«
    Panik durchfuhr Juliane, verlieh ihr Bärenkräfte. Sie nutzte das Überraschungsmoment, stieß die Frau von sich und rannte los. Nichts wie weg! Am Hühnergatter stolperte sie, fing sich jedoch rechtzeitig, um nach dem Türchen zu fassen, das sie unabsichtlich aus der provisorischen Verankerung riss. Die verschreckten Hühner stoben durcheinander und hinaus auf den Hof. Juliane blickte nicht zurück. Das Zetern und die Rufe der Dicken nach Korr verfolgten sie.
    Vielleicht existierte der Mann gar nicht oder er war es bereits gewohnt, dass sich seine Frau hin und wieder wie eine Verrückte benahm, weshalb er nicht reagierte.
    Gut so. Ein Verfolger war besser als zwei. Kurz warf sie einen Blick zurück und sah, wie die Frau langsamer wurde, ihr Gesicht so rot wie eine Mohnblüte. Juliane hetzte dennoch weiter. Eine schiere Ewigkeit lief sie querfeldein, lief, bis ihre Waden schmerzten. Erst dann drosselte sie das Tempo und schöpfte gierig Atem, die Stiche in ihrem Zwerchfell nicht weiter beachtend. Sie beugte sich vor, ihre Hände auf die Knie gestützt. Für wen hatte die Frau sie gehalten? Die Auserwählte , meldete sich ein Stimmchen in ihrem Kopf. Juliane starrte auf das rote Mal auf ihrer Handinnenfläche. Das war des Rätsels Lösung. Doch wie sollte sie die Antwort finden, wenn sie die Frage nicht kannte?
     
    Juliane erwachte stöhnend. Ihr Rücken quälte sie und sie musste sich vorsichtig strecken. Sie hatte nicht gut geschlafen, nachdem sich der Boden als steinhart erwies. Ein paar Mal war sie aufgeschreckt, weil sie sich einbildete, wilde Tiere schnüffelten und schnupperten an ihr herum.
    Nach der Flucht von dem Bauernhof am gestrigen Tag war sie keinem Menschen mehr nahegekommen. Am Vorabend hatte sie ein kleines Waldstück erreicht und eine Lichtung entdeckt, wo sie sich zu Boden sinken ließ, um auf der Stelle einzuschlafen.
    Ein Geräusch ließ sie aufspringen. Hatte sie nicht eben ein Pferdewiehern gehört? Unsicher blickte sie sich um und versteckte sich hinter einer dichten Hecke. Gerade noch rechtzeitig, bevor ein Reiter auf der Lichtung erschien.
    Sein oder ihr Gesicht war unter der Kapuze des braunen Umhangs verborgen.
    Juliane wagte kaum , zu atmen. Sollte sie sich der Person zu erkennen geben? Noch ehe sie einen Entschluss fasste, kamen fünf weitere Reiter aus der entgegengesetzten Richtung. Juliane durchfuhr es eiskalt. Dieselben Ritter hatte sie im Spiegel gesehen. Auch in der Realität verströmten sie Grausamkeit und Schrecken. Sie bezweifelte nicht, dass diese Soldaten so schwer bewaffnet waren wie mittelalterliche Rambos.
    »Seid gegrüßt, Hauptmann Skale«, ließ sich der Reiter im Umhang vernehmen.
    »Habt Ihr Nachrichten für uns?« Der Hauptmann gab sich barsch. Er musterte den anderen mit unverhohlener Verachtung, aber auch eine gewisse Angst lag in seinem Blick. Es war offensichtlich, dass Skale den

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