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Der Zauberstein von Brisingamen

Der Zauberstein von Brisingamen

Titel: Der Zauberstein von Brisingamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Garner
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halten.
    «Gowther», sagte Colin, «bevor wir nach Hause gehen, möchten Susan und ich noch zum Stormy Point; welches ist der kürzeste Weg dahin?»
    «Was? Bevor ihr euren Tee getrunken habt?», rief Bess.
    «Ich fürchte, ja. Ihr müsst wissen, das ist sehr wichtig und geheim und wir müssen dorthin.»
    «Ihr habt doch nicht etwa was Dummes in den Minen vor?», fragte Gowther besorgt.
    «Oh nein», sagte Colin, «bitte, wir müssen dahin! Wir werden früh zurück sein, und der Tee ist nicht so wichtig.»
    «Na schön, es sind ja eure Mägen, die leer bleiben werden.
    Aber denkt daran, wir wollen euch nicht um Mitternacht suchen gehen müssen.»

    «Am besten wird’s sein, wenn ihr am Haus des Wildhüters absteigt und von dort aus dem Hauptweg folgt, bis er sich am alten Steinbruch gabelt. Dann nehmt ihr den Weg nach links, der bringt euch direkt zum Stormy Point.»
    Sie kamen auf die Kuppe des Edge, und nach ungefähr vierhundert Metern ließ Gowther Prinz vor einem gepflegten roten Sandsteinhäuschen, das dicht am Waldrand gebaut war, anhalten. Neben dem Haus verlief rechtwinklig von der Straße weg ein Sandweg in den Wald hinein, und Gowther sagte, in dieser Richtung liege Stormy Point. Die Kinder sprangen vom Wagen und liefen nach weiteren ernsthaften Beteuerungen, dass sie nicht lange bleiben würden, den Pfad entlang, während Gowther und Bess ihren Weg fortsetzten und sentimental bei dem Gedanken verweilten, wie schön es doch sei, jung zu sein.
    «Meinst du nicht, wir sollten lieber den Weg benutzen, den Cadellin uns empfohlen hat? Er hat immerhin gesagt, das sei der einzig sichere.»
    «Wir haben keine Zeit, diesen ganzen Umweg zu machen», sagte Colin, «wir müssen ihm so bald wie möglich deinen Tropfen zeigen. Und überhaupt, Gowther sagt, dieser Weg führt zum Stormy Point, es ist heller Tag, und ich wüsste nicht, was uns da Schlimmes passieren könnte.»
    «Nun gut, aber wie sollen wir Cadellin finden, wenn wir da sind?»
    «Wir gehen direkt zu dem Eisentor und rufen ihn. Schließlich ist er ein Zauberer, da wird er uns schon hören… hoffe ich.
    Wir müssen es jedenfalls versuchen!»
    Immer tiefer drangen sie in den Wald vor, bis sie auf ein ebenes Stück Boden gelangten, auf dem der Farn nicht mehr so dicht wuchs und einer saftigen, vom Sonnenlicht gesprenkelten Rasenfläche Platz machte. Und hier, inmitten solcher Schönheit, mussten sie lernen, dass die Worte von Zauberern selten Geschwätz sind und dass gut gestellte Fallen ihre Beute sehr fest halten.
    Von allen Seiten wirbelten dichte weiße Nebelzungen aus dem Boden, die sich in Kniehöhe zu wallenden Schleiern verbanden, kurz dort verharrten, sich stauten und dann hinaufwogten und die Sonne und die Welt des Lebens und des Lichtes auslöschten.
    Das war zu viel für Susan. Ihr Mut verließ sie. Sie wollte nur noch diesen eisigen Schwaden und dem, was sie bergen mussten, entkommen. Blindlings rannte sie los, stolperte ein paar Schritte, strauchelte und fiel dann der Länge nach ins Gras.
    Sie hatte sich nicht verletzt, aber der Sturz brachte sie wieder zur Besinnung: der Sturz – und etwas anderes.
    Im Fallen hatte sie ihre Arme nach vorne geworfen, um sich abzustützen, und nach dem ersten Schreck merkte sie nun, dass sich unter ihren Händen kein Boden befand, nur Leere. Sie wagte nicht sich zu bewegen.
    «Sue, wo bist du?» Das war Colin, der leise nach ihr rief. «Ist alles in Ordnung?»
    «Hier bin ich. Pass auf. Ich glaube, ich bin am Rand eines Abhangs, aber ich kann nichts sehen.»
    «Dann verhalt dich ruhig. Ich werde mich zu dir vortasten.»
    Er kroch in die Richtung, aus der Susans Stimme kam, aber selbst auf dieser kurzen Strecke verlor er teilweise die Orientierung, und es vergingen mehrere Minuten, bis er seine Schwester fand und vorsichtig an sie heranrobbte.
    Die Wiese unter seiner Nase endete abrupt, und alles andere war nichts als ein graues Meer. Colin ertastete einen Kiesel und ließ ihn über den Rand fallen. Drei Sekunden vergingen, ehe er ihn aufschlagen hörte.

    «Da bist du ja schön hingestolpert, Sue!», murmelte er. «Geht ziemlich tief runter. Das muss der alte Steinbruch sein. Bleib noch einen Augenblick ruhig und horche.»
    Sie lauschten angestrengt auf das leiseste Geräusch, aber nichts war zu hören. Sie hätten die einzigen Lebewesen auf der Welt sein können.
    «Wir müssen auf den Weg zurück, Sue. Und wir dürfen möglichst keinen Ton von uns geben, denn was immer diesen Nebel gemacht hat, es wird

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