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Der Zauberstein von Brisingamen

Der Zauberstein von Brisingamen

Titel: Der Zauberstein von Brisingamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Garner
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buschigen Brauen steckten.
    «Felsen sind alt, ihr störrischen Seelen; sie waren schon vor uns hier und sie werden noch da sein, wenn wir nicht mehr sind. Sie haben alle Zeit der Welt und werden sich nicht hetzen lassen.»
    Mit diesen Worten verschwand das Gesicht, die Beine schwangen aus dem Blickfeld, es gab ein Rutschgeräusch, einen Plumps, und hinter dem Felsen trat ein ungefähr ein Meter zwanzig großer Mann hervor. Er trug ein gegürtetes graues Wams, dessen Saum ein Spiralmuster zierte, spitze Schuhe und Kniehosen, die mit Lederriemen festgebunden waren. Das schwarze Haar fiel ihm bis auf die Schultern, und an seiner Stirn glänzte ein goldener Reif.
    «Bist… bist du ein Zwerg?», fragte Susan.
    «Das bin ich.» Er verbeugte sich tief. «Fenodyree mit Namen; für respektlose Freunde Weinschlauch oder Quabbelnase. Sucht euch was aus.»
    Er richtete sich auf und blickte die beiden Kinder durchdringend an. Sein Gesicht zeigte die gleiche Weisheit und die gleiche Vitalität, die sie schon an Cadellin wahrgenommen hatten, doch sprach aus diesem hier mehr Fröhlichkeit und ein unbeschwerteres Gemüt.
    «Oh bitte», sagte Susan, «bring uns zu dem Zauberer, wenn du kannst. Es ist etwas Schreckliches geschehen, und das muss er sofort erfahren, falls es nicht schon zu spät ist.»
    «Falls was noch nicht zu spät ist?», fragte Fenodyree. «Oh, aber entschuldigt: Ich fange hier einen Schwatz an, während alles in Aufruhr ist und wichtige Aufgaben erledigt sein wollen. Folgt mir zu Cadellin!»
    Er strich mit seiner Hand liebevoll über den rauen Stein, wie ein Mann, der seinem Lieblingspferd die Flanken streichelt.
    Der Fels setzte sich schwerfällig in Bewegung und gab einen Spalt frei: Das Eisentor erschien und mit ihm das blaue Licht von Fundindelve.
    «Nun das Tor», sagte Fenodyree lebhaft. «Es wurde von meinem Vater geschmiedet und daher gehorcht es mir, obwohl ich nicht die Macht der Zauberer besitze.»
    Er legte seine Hand auf das Metall, und das Tor schwang auf.
    «Bleibt dicht bei mir, damit ihr euch nicht verirrt», rief Fenodyree über die Schulter.
    Er begann im Laufschritt den rasch abfallenden Gang hinunterzutraben. Colin und Susan eilten ihm nach; Fels und Eisentor schlossen sich hinter ihnen, und wieder waren sie abgeschnitten von der Welt der Menschen.
    Sie drangen tief in den Edge ein und gelangten schließlich über mancherlei Zickzackpfade zu der Höhle, in der sie sich nach ihrer ersten Begegnung mit Cadellin ausgeruht hatten.
    Dort trafen sie ihn auch jetzt an: Er hatte an einem Tisch gelesen, war aber aufgestanden, als er sie näher kommen hörte.
    «Ich entbiete Euch den Tagesgruß, Cadellin Silberbraue», sagte Fenodyree.

    «Gleichfalls, Weinschlauch. Nun, welche schlechte Nachricht bringt ihr mir, Kinder? Ich habe sie erwartet, obwohl ich nicht weiß, worum es sich handeln könnte.»
    «Cadellin», rief Susan, «mein Tropfen muss Feuerfrost sein.
    Und eben ist er uns gestohlen worden!»
    «Was für ein… Tropfen?»
    «Mein Tropfen! Den mir meine Mutter geschenkt hat. Und die hatte ihn von Bess Mossock.» Und dann sprudelte sie die ganze Geschichte heraus. Der Zauberer schien bei jedem Wort mehr zu altern. Er sank auf seinen Stuhl, sein Gesicht war grau und zerfurcht.
    «Es ist der Stein. Es ist der Stein. Kein anderer besitzt dieses Feuer im Innern. Und er war bei mir, und ich habe ihn nicht rufen hören.»
    Er saß da mit verschleiertem Blick, ein müder, der Welt überdrüssiger alter Mann.
    Aber dann flammte Zorn in ihm auf und befeuerte seinen Lebensmut. Mit der ganzen ungestümen Kraft der Jugend schnellte er von seinem Sitz, schien an Größe zu gewinnen und erfüllte mit seiner Gegenwart die Höhle.
    «Grimnir!», schrie er. «Sollst du am Ende mein Verderben sein? Rasch! Wir müssen ihn im Freien zu fassen bekommen, ehe er den See erreicht! Ich werde ihn töten, wenn ich muss.»
    «Nein, Cadellin», sagte Fenodyree. «Heißes Blut vertreibt kühle Überlegung! Es ist fast eine Stunde her, da der Kapuzenmann sich zum Moor begab, inzwischen wird er weit weg im Dunkeln sein, und selbst Ihr dürft ihm dorthin nicht folgen. Er würde dahocken und Euch verspotten. Wollt Ihr das etwa, alter Freund?»
    «Mich verspotten! Warum hat er denn den Kindern nichts angetan, wenn nicht genau zu diesem Zweck? Es ist nicht seine Art, Gnade um der Gnade willen walten zu lassen! Aber wer sonst hätte mir die schreckliche Kunde so schnell überbringen können? Ich nehme jetzt teil an seinem Triumph,

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