Der zehnte Richter
Tasse Tee, die seine Nerven beruhigen sollte. »Aber ich glaube nicht, daß er der richtige ist. Vielleicht kann er allerhand glätten, wenn er mit mir zur Polizei geht, aber er wäre bestimmt nicht in der Lage, mir dabei zu helfen, Rick zu finden.« »Das stimmt. Hollis mag ein phantastischer Richter sein, aber er wird sich auf jeden Fall dagegen sperren, daß wir unsere Stellung hier am Gerichtshof dazu benutzen, Rick in eine Falle zu locken.«
Ben wickelte die Schnur des Teebeutels um einen Bleistift, um den Beutel auszupressen. »Wer bleibt dann noch übrig?«
»Zu Lungen und Fisk würde ich jedenfalls nicht gehen. Die helfen dir nie.«
»Das ist gar keine Frage. Die würden mich einkassieren, sobald ich den Mund aufmache.«
»Was ist, wenn du sie einfach übergehst? Sprich doch mit ihrem Chef.«
»Das ist mir heute nacht auch eingefallen. Ich brauche jemand mit Autorität, der nicht nach einer Beförderung giert. So jemand wird mehr daran interessiert sein, Rick das Handwerk zu legen, als mich einfach anzuzeigen.«
»Dann mußt du auf jeden Fall zum Chef der Marshals gehen.«
»Das wäre also klar.«
Lisa lehnte sich zurück. »Ich kann immer noch nicht glauben, daß du dich stellen willst!«
»Was soll denn das wieder heißen? Du hast die ganze Sache doch aufs Tapet gebracht.«
»Ich weiß schon. Ich finde es nur unglaublich, daß du's tatsächlich tust. Was hat dir den entscheidenden Stoß versetzt?«
»Der nächste Chef der Washingtoner U-Bahn.«
»Was?« »Nichts. Vergiß es«, sagte Ben. »Als es ans Eingemachte ging, habe ich mir gedacht, daß deine Argumente gestern wirklich stimmten. In den letzten Monaten hatte ich das Ganze einfach nicht mehr in der Hand.«
»Also, wann machst du's?«
»Ich dachte, in der Mittagspause. Ich muß nur noch den Namen des obersten Marshals herausbekommen.«
»Hast du dir schon überlegt, wie du an ihn herankommst?«
»Ich werde seiner Sekretärin sagen, ich müßte persönlich eine wichtige Nachricht von Richter Hollis überbringen. Sobald ich in seinem Büro bin, kann ich ihm die ganze Geschichte erklären und ihn fragen, ob er uns hilft, Rick festzusetzen.« Als Lisa zustimmend nickte, fuhr er fort. »Das heißt, daß wir jetzt nur noch eine Sache klären müssen.«
»Und die wäre?«
»Wir müssen uns etwas einfallen lassen, wie wir Rick überhaupt an die Angel bekommen.«
Um zwölf Uhr mittags griff Ben nach seinem Mantel und ging zur Tür.
»Das wäre es also?« fragte Lisa und gab ihm seine Aktentasche.
»Schon möglich«, sagte Ben. »Wenn er uns den Plan abkauft, gewinnen wir Zeit, aber wenn man mich festnimmt -«
»Ich bin sicher, daß sie uns den Plan abkaufen«, unterbrach Lisa ihn. »Es ist für sie die beste Alternative.«
»Vielleicht sollte ich zuerst meine Eltern anrufen«, überlegte Ben. »Dann wundern sie sich nicht, wenn sie ihren Sohn heute Abend in den Nachrichten sehen.«
»Du wirst gar nicht in den Nachrichten zu sehen sein. Die Marshals werden den Plan geradezu phantastisch finden.« Lisa sah, wie Ben die Stirn in Falten legte. »Aber wirst du auch mit der Sache zurechtkommen?«
»Ich glaube schon. Schließlich haben wir es uns gerade ausgedacht. Ich sollte mir also nicht so viele Sorgen machen.«
»Du machst dir aber Sorgen.«
»Natürlich tue ich das«, sagte Ben. »Schließlich geht es um mein Leben. In der nächsten Stunde werde ich es nehmen und denen vor die Füße werfen. Aus irgendeinem Grund ist mir dabei nicht ganz geheuer.«
»Soll ich vielleicht mitkommen.«
Ben überlegte. »Nein.«
»Ich komme mit.« Lisa öffnete den Garderobenschrank.
»Nein, es geht schon«, beharrte Ben mit unsicherer Stimme. »Es gibt ja keinen Grund, dich da hineinzuziehen.«
»Bist du sicher, daß du es schaffst?« fragte Lisa, den Mantel schon in der Hand.
»Bestimmt«, erklärte Ben entschieden. »Du mußt nicht mitkommen.« »Sei vorsichtig.«
»Bin ich.« Ben merkte, daß der Handgriff seiner Aktentasche feucht von Schweiß war. »Und du, verpaß mich nicht in den Nachrichten heute Abend. Ich bin der mit den Fußeisen.«
»Jetzt hör doch auf. Es wird schon klappen.«
»Vielen Dank fürs Lügen«, sagte Ben. »Und danke für all deine Hilfe.«
»Gern geschehen«, sagte Lisa, während Ben zur Tür hinausging.
Während Ben mit der U-Bahn zur Pentagon City in Virginia fuhr, zuckte sein Magen vor Nervosität und Erwartung. Monatelang hatte er alles in seiner Macht Stehende getan, um diesen Augenblick zu vermeiden, und nun
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