Der zehnte Richter
nachzuweisen. Sonst fällt mir momentan nichts ein. Können wir ihn nicht übers State Department suchen lassen?«
»Nicht ohne zu sagen, warum wir ihn suchen. Und wenn wir das tun, kannst du deinem Job adieu sagen.«
»Und meiner Karriere.« »Aber eine vertrauliche Überprüfung könnte drin sein«, begann Nathan plötzlich. Seine Stimme gewann an Zuversicht. »Wir brauchen lediglich einen Kongreßabgeordneten, der ...« Er sprang von der Theke, griff nach dem Telefon und wählte Obers Nummer. »Hallo, Ober? Ich bin's. Wir brauchen dringend deine Hilfe. Bist du immer noch damit beschäftigt, die Briefe aus dem Wahlkreis zu beantworten?«
»Klar«, sagte Ober. »Ich bin der Großmeister des Werbebriefs.«
»Dann hast du auch immer noch Zugang zu der Signiermaschine, die die Unterschrift des Senators fälscht?«
»Natürlich. Hast du wirklich geglaubt, daß Senator Stevens deine Geburtstagskarte höchstpersönlich unterschreibt?«
»Du mußt mir einen Gefallen tun«, sagte Nathan. »Ich brauche ein formelles Ersuchen auf dem Briefpapier des Senats. Richte es zu meinen Händen an das State Department und bitte um eine vertrauliche Überprüfung eines gewissen - wie ist der Name, Ben?«
»Richard oder Rick Fagen.« sagte Ben mit gequältem Lächeln. »Hier ist seine alte Telefonnummer und Adresse.«
Nathan gab die Daten an Ober weiter und fügte hinzu: »Achte auf die Formulierung, daß sämtliche Korrespondenz an mich geleitet werden soll.«
»Worum geht es eigentlich?« erkundigte sich Ober argwöhnisch. »Das sage ich dir später«, erklärte Nathan. »Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.«
»Aber ist das denn nicht ungesetzlich?« wollte Ober wissen.
»Irgendwie schon, aber dies ist ein Notfall«, erwiderte Nathan. »Wir brauchen die Informationen.«
»Ich weiß sogar, wie wir die Sache rechtlich hinbiegen können.« Ben riß Nathan den Hörer aus der Hand. »Ober, ich bin's. Ich muß dich mal was fragen: Was macht ihr eigentlich, wenn irgendein Irrer dem Senator einen Drohbrief schreibt?«
»Das kommt darauf an«, antwortete Ober. »Ernsthafte Todesdrohungen sollten sofort an den Geheimdienst weitergeleitet werden. Aber wenn es so aussieht, als sei der Schreiber bloß ein ganz normaler Spinner, liegt es in unserem Ermessen.«
»Ausgezeichnet. Dann gehst du also folgendermaßen vor: Schreib dem Senator eine getürkte Todesdrohung und unterschreib sie mit Rick Fagen. Der Brief muß aber irgendwie meschugge aussehen. Wenn dann jemals jemand von dir wissen will, warum du eine Überprüfung angestrengt hast, zeigst du ihm den Brief und erklärst, du hättest bloß das Leben des Senators schützen wollen.«
»Hübsch ausgedacht«, sagte Nathan und übernahm wieder den Hörer. »Noch eins, Ober. Paß auf, daß die Signiermaschine eine anständige Unterschrift hinbringt. Diese Fälschungen erkennt man aus einer Meile Entfernung.« Nathan verabschiedete sich und legte auf. »Na, fühlst du dich jetzt ein bißchen besser?« »Ein bißchen schon.« Ben strich sich sein noch immer nasses Haar aus der Stirn. »Übrigens, vielen Dank, daß du hergekommen bist.«
»Du gibst die Befehle, ich gehorche.« Nathan hob die Hand zum Salut.
Später am Nachmittag läutete das Telefon in Bens Zimmer. Ben streckte sich, um vom Bett aus den Hörer zu erreichen. »Hallo?«
»Ben, hier ist Lisa. Ich rufe bloß an, um zu fragen, wie es dir geht.«
»Nicht mehr ganz so schlecht.« Ben fühlte sich unbehaglich, weil er Lisa anlog. »Es waren bloß ein paar Magenkrämpfe.«
»Willst du mich verarschen?« fragte Lisa. »Dann komme ich nämlich sofort nach der Arbeit zu dir.«
»Ich schwöre dir, es geht schon.« Ben legte sich wieder aufs Bett und starrte an die Zimmerdecke. »Ich hab' eine Magenverstimmung, und deshalb ist es mir nicht gutgegangen. In Ordnung?«
»Klar. Wunderbar«, sagte Lisa. »Na, wie sehr hast du mich vermißt?«
»Immens. Und, was war heute los? Irgendwas Aufregendes?«
»Eigentlich nicht. Alle reden von der Sache mit Charles Maxwell. Hollis macht sich Sorgen, daß nach der Urteilsverkündung alle lauthals schreien werden, er hätte einen Informanten bei uns gehabt.«
»Das ist schon möglich.« Ben hantierte an dem Rollo vor seinem Fenster. »Natürlich. Aber ich glaube, die Medien saugen einfach an Jimmy Carters linker Erdnuß. Bei jeder Lappalie heulen sie was von Verschwörung.«
»An Carters linker Erdnuß?« wiederholte Ben lachend. »In was für einer Zeit lebst du eigentlich?«
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