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Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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die Treppe heraufkommen. »Wo willst du denn hin?« fragte sie.
    »Ich hab' üble Magenkrämpfe«, erklärte Ben. Sein Gesicht war aschfahl. »Kannst du Hollis sagen, daß ich deswegen heimgehen mußte?«
    »Natürlich. Schaffst du's?«
    »Ja, ja, ich muß bloß nach Hause.«
    Als Ben heimkam, ging er sofort in sein Zimmer, setzte sich aufs Bett und versuchte, sich zu entspannen, so gut es ging. Er ließ seinen Atem langsamer werden, stellte sich einen Spaziergang durch einen stillen Wald vor, dachte an die Stille beim Sporttauchen. Bleib ruhig, redete er sich zu. Es ist schon in Ordnung. Es gibt schlimmere Dinge. Krebs. Die Pest. Den Tod. Unfähig, länger stillzusitzen, ging er in dem kleinen Zimmer umher. Wieder und wieder ließ er die Ereignisse Revue passieren. »Scheiße!« sagte er schließlich laut. »Wie konnte ich bloß so blöd sein?« Er ging zurück zum Bett und versuchte noch einmal, sich zu entspannen. Es war sinnlos. Er fragte sich, was er tun sollte. Sollte er sich Hollis anvertrauen? Wenn er das tat, würde er sofort entlassen werden. Nein, es mußte einen besseren Ausweg geben. Während er im Geiste die verschiedenen Alternativen durchspielte, kam er immer wieder zu demselben Schluß: Der erste Schritt war, denjenigen zu finden, der diese Katastrophe verursacht hatte. Ben wußte, daß er Rick aufspüren mußte. Seine Überlegungen wurden unterbrochen, als ein Auto in die Einfahrt einbog.
    »Ben!« rief Nathan wenige Augenblicke später von unten.
    »Ich bin hier oben«, antwortete Ben.
    Nathan nahm zwei Stufen auf einmal und stürmte in Bens Zimmer. »Was ist passiert?«
    Ben saß auf dem Bett, den Kopf in den Händen verborgen. »Ich hab's total versaut«, sagte er.
    »Was denn? Red doch!«
    Ben sprudelte seine Geschichte hervor. »... und ich glaube, daß Maxwell von diesem Rick einen Tip bekommen haben könnte.«
    Nathan starrte aus dem Fenster. »Das weißt du doch gar nicht.« Ruhig und langsam fuhr er fort: »Es gibt keinen Grund, das Schlimmste anzunehmen.«
    Ben sah zu seinem Freund auf. Er kannte den tröstenden, aber unehrlichen Tonfall. »Nathan, ich weiß, daß er's getan hat. Niemand riskiert Millionen wegen einer bloßen Vermutung. Er hat mir zum Dank sogar Blumen geschickt. Rick hat mich eingeseift, und ich bin total drauf reingefallen. Er hat es leicht gehabt. Er mußte bloß ein paar Nachforschungen anstellen und beim Gerichtshof anrufen, sobald die neuen Mitarbeiter anfingen. Die Richter waren noch nicht da, und wir waren noch feucht hinter den Ohren. So einfach ist das.«
    »Eins versteh' ich nicht.« Nathan lehnte sich ans Fensterbrett. »Hast du mit Hollis nie über Rick gesprochen?«
    »Absolut nie. Ich wollte Hollis ja nicht wissen lassen, daß ich mir von außen Ratschläge hole. Lisa und ich müssen so perfekt erscheinen wie möglich.« Ben ließ den Blick zu Boden sinken. »Verdammt!« brüllte er und trommelte aufs Bett. »Das war so verdammt dämlich von mir!«
    »Jetzt kannst du ohnehin nichts mehr ändern«, versuchte Nathan seinen Freund so gut zu trösten, wie er konnte. »Vielleicht können wir probieren, Rick zu finden. Hast du seine Telefonnummer?«
    »Die hab' ich schon überprüft. Abgemeldet. Aber ich habe seine Adresse.«
    »Du mußt wirklich nicht mitkommen«, sagte Ben, als er die Tür von Nathans altem braunen Volvo öffnete.
    »Erst holst du mich aus der Arbeit, und jetzt willst du mich abwimmeln, wenn du die Wohnung von diesem Typen auskundschaftest?« fragte Nathan. »Vergiß es.«
    »Es ist ja nicht so, daß ich dich von irgendwas ausschließen will ...«
    »Ich weiß«, sagte Nathan. »Und ich bin auch nicht dabei, weil ich Angst habe, etwas zu verpassen. Ich bin dabei, weil ich dir helfen will.«
    »Ich bin dir ja auch dankbar«, erklärte Ben, während Nathan den Wagen zurücksetzte. »Ich wollte dich bloß nicht in meine Probleme reinziehen.«
    In der Seventeenth Street manövrierte Nathan den Wagen einige Blocks vor der Adresse in eine Parklücke. »Laß uns den Rest zu Fuß gehen.«
    Ben blickte zu den dunklen Wolken empor. »Hast du einen Regenschirm? Es wird bald gießen.«
    »Unter deinem Sitz müßte einer sein«, sagte Nathan.
    Wie ein architektonischer Fremdkörper stand das Gebäude mit der Adresse 1780 Rhode Island ganz in der Nähe des Geschäftszentrums der Stadt. Ende der siebziger Jahre entworfen, war es gallig grün, acht Stock hoch und hatte dunkle, die gesamte Stockwerkhöhe umfassende Glasfenster. Kein Ruhmesblatt für einen

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