Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
Vom Netzwerk:
treffen uns in meiner Wohnung.« Sie stand auf und lehnte sich an Bens Schreibtisch. »Willst du zwischendurch den neue sten Klatsch hören?«
    »Ich bin nicht in der rechten Stimmung.«
    »Okay. Gut. Dann erzähle ich dir auch nicht, daß Richter Blake zurücktritt.«
    »Das ist doch nichts Neues«, erwiderte Ben. »Davon spricht man schon seit Jahren.«
    »Aber jetzt ist es amtlich. Heute hat er Osterman verständigt.«
    »Ernsthaft?« Ben legte seine Stirn in Falten.
    »Großes Pfadfinderehrenwort.«
    »Ist das sicher, oder hast du nur was gehört?«
    »Ich will's mal so sagen - als du in der Mittagspause warst, kam Hollis hier rein und sagte mir, daß Blake soeben sein Rücktrittsgesuch eingereicht hat. Heute nachmittag ruft er den Präsidenten an, und innerhalb der kommenden zwei Wochen wird die Presse informiert. Ist dir diese Quelle vertrauenswürdig genug?«
    »Wenn Hollis es gesagt hat, ist es wie das Evangelium.«
    »Es ist bloß so, daß die meisten Richter es ihren Assistenten wohl noch nicht mitgeteilt haben, deshalb mußt du den Mund halten. Hollis meinte, es sei bloß zu unserer beider Information.« »Was hat er sonst noch gesagt?« wollte Ben wissen.
    »Daß die Entscheidung in der Grinnell-Sache nicht vor Ende der Woche fallen wird. Richter Veidt hat noch immer nichts von sich gegeben, und die Konservativen haben die Sache verzögert, damit sie ihn auf ihre Seite ziehen können.«
    »Hochinteressant«, mußte Ben zugeben. »Sieht ganz so aus, als sei Hollis heute überaus gesprächig gewesen.«
    »Du weißt ja, wie er ist«, sagte Lisa. »Manchmal sagt er kein Sterbenswörtchen, und dann kann er wieder mal nicht aufhören. Heute war bloß ein guter Tag.«
    »Also werden wir diese Woche noch nicht an Grinnell arbeiten.«
    »Darauf will ich ja hinaus.« Lisa klatschte mit der flachen Hand auf Bens Tischplatte. »Weil Blake zurücktritt, wird sein Pensum verringert. Deshalb muß er die Begründung von Pacheco gegen Rhode Island auch nicht mehr schreiben.«
    »So daß sie uns zufällt?« fragte Ben. Lisa nickte. »Und warum sollen wir das tun? Es geht um einen anständigen Bankrott. Ein guter Fall also.«
    »Es ist ein guter, aber kein großartiger Fall. Hollis hat mir folgendes erklärt: Wenn ein Richter zurücktritt, darf er sich bei den Entscheidungen das Beste aussuchen. Alle anderen halten sich zurück, damit er seine letzten großen Urteile verkünden kann.«
    »Das bedeutet also, daß er in dieser Sitzungsperiode die besten Fälle bekommt?« »Mehr oder weniger«, sagte Lisa. »Alle kann er nicht schaffen, aber er bekommt bestimmt einen anständigen Teil.«
    »Wunderbar«, meinte Ben sarkastisch. »Hat Hollis gesagt, wann Blakes Büro uns die Unterlagen schickt?«
    »Das Zentralbüro wird sie uns später am Nachmittag zustellen.«
    Ben schaltete seinen Computer ein. »Und natürlich hat Hollis unser Votum zu Oshinsky noch immer nicht angeschaut.«
    »Hat er doch.« Lisa reichte Ben einen Papierstoß.
    »Und er ist immer noch nicht zufrieden«, sagte Ben angesichts der unübersehbaren roten Anmerkungen auf der ersten Seite der Akte. »Der wievielte Entwurf ist das eigentlich - der sechste?«
    »Der siebte, wenn man unser erstes Konzept mitrechnet.«
    »Mit dieser Begründung wird er nie zufrieden sein«, sagte Ben. »Ich glaube, wir sollten das einfach akzeptieren und woanders weitermachen.«
    »Jetzt hör mal auf, dich zu beschweren«, sagte Lisa. »So schlimm ist es auch wieder nicht.«
    »Willst du mich auf den Arm nehmen? Wir kreuzen jeden Morgen um Punkt sieben hier auf, arbeiten gleichzeitig an vier schwebenden Fällen und jetzt noch an einem fünften, den uns ein zurücktretender Richter gerade zugeschoben hat. Und dazu kommt noch ein sechster, sobald Veidt sich den Konservativen geschlagen gibt. Außerdem müssen wir noch ungefähr ein Dutzend Eingaben pro Woche durchackern. Wieviel sollen wir eigentlich noch arbeiten?«
    »Keine Ahnung«, sagte Lisa. »Und dazu sind wir auch noch auf der Jagd nach einem psychotischen Genie, das versucht, unsere gesamte Rechtsprechung zu unterminieren.«
    Es war halb zehn Uhr abends, als die beiden Lisas Apartmenthaus erreichten, das ein kurzes Stück von der Metrostation Tenleytown entfernt lag. Vor dem düsteren Ziegelbau warteten schon Ober und Nathan. »Warum habt ihr so lange gebraucht?« fragte Ober, während sie das Haus betraten. »Du hast doch gesagt, wir treffen uns um neun.«
    »Tut mir leid«, erwiderte Ben scharf. »Wir haben uns nur den Arsch

Weitere Kostenlose Bücher