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Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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war eine feste Stelle frei. Vor zwei Wochen hab' ich angefangen.«
    »Du arbeitest für einen derart erzkonservativen Haufen?« fragte Ben.
    »Hör mal, es ist vielleicht nur das zweite Blatt in dieser Stadt, aber es hat eine Auflage von achtzigtausend, und die gehört jetzt mir!«
    »Das ist phantastisch.« Ben schlug seinem Freund auf die Schulter.
    »Übrigens«, sagte Eric zu Ober, »rat mal, was sie neu auf die Rätselseite bringen?«
    »Führ mich bloß nicht an der Nase rum ... ist es etwa ein Silbenrätsel?« rief Ober und packte Eric am Hemd.
    »Ein Silbenrätsel!« schrie Eric. »Ab nächstem Monat!«
    »Ein Silbenrätsel!« wiederholte Ober.
    »Sil-ben-rät-sel! Sil-ben-rät-sel! Sil-ben-rät-sel!« riefen die beiden Freunde im Chor.
    »Selig sind die Armen im Geiste.« Nathan legte den Arm um Bens Schulter.
    »Ich muß zugeben, daß ich das wirklich vermißt habe«, erklärte Ben.
    »Willst du damit sagen, daß es in Europa keine Einfaltspinsel mehr gibt?« fragte Nathan.
    »Sehr lustig«, erwiderte Ben, als er sich wieder seinen rätselbesessenen Mitbewohnern zuwandte. »He, ihr siamesischen Zwillinge, wie wär's, wenn wir uns wieder ans Abendessen machen?«
    »Ich kann nicht«, sagte Eric und biß in sein Sandwich. »Das ist mein Abendessen. Die morgige Ausgabe ruft.«
    Es war später am Abend, als Nathan in Bens Zimmer kam, das wohl der am besten eingerichtete Raum des Hauses war. Mit seinem antiken Schreibtisch aus Eiche, seinem altväterlichen Bett und dem Bücherregal aus demselben Holz war Ben der einzige der vier Freunde, der sich darum kümmerte, ob die Möbel überhaupt zusammenpaßten. Eine Zeitlang hatte auch Nathan vorgehabt, sein eigenes Zimmer neu einzurichten, hatte es sich aber anders überlegt, als er erkannte, daß er nur Bens Vorbild nacheifern wollte. Drei professionell gerahmte Schwarzweißfotos hingen an der Wand über Bens Bett: Das eine zeigte das halbfertige Washington-Monument, das zweite den halbfertigen Eiffelturm, das dritte die halbfertige Freiheitsstatue. Ben war ein begeisterter Andenkensammler. Auf seinem Bücherregal lagen unter anderem die Schlüssel seines ersten Wagens, eine Gürtelschnalle mit seinen Initialen, die er als Neunjähriger von seinem Großvater bekommen hatte, Obers Haarnetz aus der Zeit, in der er bei Burger Heaven gejobbt hatte, die schauderhafte Krawatte, die Nathan an seinem ersten Arbeitstag getragen hatte, der Besucherausweis von seinem Vorstellungsgespräch bei Richter Hollis, und sein größter Schatz - der zeremonielle Hammer, den Richter Stanley ihm geschenkt hatte.
    »Bist du immer noch dabei, deine Post durchzusehen?« fragte Nathan angesichts des Stapels von Umschlägen, den Ben durchblätterte.
    »Es ist verblüffend, wieviel Werbung ein einzelner Mensch innerhalb von sechs Wochen bekommen kann«, stellte Ben fest. »Ich hab' drei Lotterieangebote, ungefähr fünfzig Kataloge, ein Dutzend Zeitschriftenangebote; und erinnerst du dich noch daran, wie Ober letztes Jahr die Wahl zur Miss Teen USA angeschaut hat und die kostenlose Nummer anrief, um uns Bewerbungsunterlagen zu bestellen? Ich bin noch immer auf der Versandliste. Hör dir das an: Lieber B en Addison! Sind Sie die n ächste Miss Teen USA? Das wissen nur die Mitglieder der Jury, aber Sie können der Welt Ihre Ambitionen demonstrieren - mit Ihrer Bestellung eines von Miss Teen USA autorisierten Produkts. « Ben sah auf und ergänzte: »Ich glaube, ich werde Ober einen Sport-BH mit Miss-Teen-USA-Aufdruck bestellen. Sobald sie ihn als Kunden auf ihrer Versandliste haben, werden sie ihn nie wieder aus den Fängen lassen.«
    »Das ist eine ausgezeichnete Idee.« Nathan ließ sich auf Bens Bett nieder.
    »Na, dann erzähl mir mal, was sonst noch gelaufen ist«, sagte Ben und warf den Brief zur Seite.
    »Ehrlich gesagt, es ist alles beim alten. Eric ist weniger hier, weil er ständig mit dem Redaktionsschluß kämpft.«
    »Und er hat die Tat noch immer nicht vollbracht?«
    »Nein, unser vierter Mitbewohner ist noch immer Jungfrau. Und er behauptet weiterhin, das sei Absicht, weil er bis zur Heirat warten will.«
    »Ober zieht ihn wohl noch immer damit auf?« fragte Ben, obwohl er die Antwort schon wußte.
    »Das tut er doch schon seit der vorletzten Klasse auf der High-School.« Nathan strich sein rotes Haar zurück, das er sehr kurz trug, um seine Geheimratsecken zu vertuschen. Nathan war der erste der vier Freunde, dessen Haar sich zu verflüchtigen begann, und wenn er im Zimmer war,

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