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Der Zeichner der Finsternis

Der Zeichner der Finsternis

Titel: Der Zeichner der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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würde das Gericht …
    Mir wurde alles zu viel. Ich ließ mein Rad fallen, rannte durch die Küche ins Haus und trampelte die Treppe hoch. Mein Gesicht klebte, mein Hemd war steif vom Blut. Ich pellte mich aus den Klamotten, drehte die Dusche auf und stellte mich unter den eiskalten Strahl. Das klingt vielleicht bescheuert, aber mir war eingefallen, dass ich mal von einemMönch oder Heiligen gelesen hatte, der sich stundenlang in einen kalten See gestellt hatte, um alle schlechten Gedanken und Gefühle loszuwerden. Allerdings ging es dabei wohl eher um Sex. In meinem Fall ging es um … keine Ahnung … Mord? Dass ich schon wieder jemanden umgebracht hatte?
    Das eisige Wasser verschlug mir den Atem. Ich keuchte und hielt das Gesicht in den Strahl, der wie Millionen Nadeln piekte. Gut so! Schmerzen waren gut, weil ich schlecht war. Ich hatte jede denkbare Strafe verdient.
    Das Blut von meinem Gesicht verschwand als rötlicher Strudel im Abfluss. Inzwischen atmete ich schwer, und meine Haut war taub. Ich zitterte krampfhaft, so wie es einem angeblich geht, wenn man unter Schock steht. Meine Zähne schlugen aufeinander. Ich biss mir auf die Zunge, schmeckte frisches Blut – ich war nicht tot. Ich war noch am Leben und dachte: Na schön, du willst sterben? Dann mach’s doch wie Miss Stefancyzk. Oder spring von der Brücke, klau ein Auto, fahr gegen den Baum – du kannst dich auch erschießen oder dich mit Benzin übergießen und anzünden oder …
    Ganz plötzlich bekam ich einen Heulkrampf, wie schon einmal. Meine Knie gaben nach, ich rollte mich in der Dusche zusammen und ließ das eisige Wasser auf meinen Rücken prasseln. Mir war sterbenskalt. Ich wartete auf einen Herzstillstand – dann fiel mir wieder ein, dass Onkel Hank gleich kam. Er durfte mich auf keinen Fall tot in der Dusche finden, weil er sich sonst Vorwürfe machen würde, und das ging gar nicht!
    Ich rappelte mich hoch und drehte noch im Knien das Wasser von kalt auf heiß. Der Strahl wurde erst lauwarm, dann angenehm warm und schließlich kochend heiß. Bisich aufgetaut war, dauerte es ein Weilchen. Dann verbrühte ich mich fast und drehte den Regler wieder herunter. Mit zusammengebissenen Zähnen seifte ich mich von oben bis unten ein und fühlte mich trotzdem nicht sauber. Schließlich heulte ich wieder los, lehnte mich an die Fliesen und ließ das Wasser über Hals und Schultern laufen. Aber ich blieb auf den Beinen.
    Ich hörte Onkel Hank erst, als er an die Badezimmertür hämmerte. »Alles klar da drinnen, Christian?«
    Sollte ich so tun, als hätte ich ihn nicht gehört? Das hätte mir nur einen kleinen Aufschub verschafft, denn Onkel Hank hatte schon öfters Türen aufgebrochen.
    »Jaja.« Ich drehte das Wasser ab. »Bin gleich fertig.«
    Vor der Tür herrschte einen Augenblick lang Schweigen, dann sagte Onkel Hank: »Dr. Rainier hat angerufen. Sie ist auf dem Weg hierher. Sie macht sich Sorgen um dich.« Pause. »Ich übrigens auch.«
    »Mir geht’s gut. Sie braucht nicht herzukommen.«
    »Ich warte unten. Ich hab dir frische Sachen vor die Tür gelegt.«
    Ich war so verdattert, dass ich mich nicht mal bedankte.
    + + +
    Die beiden warteten unten in der Küche auf mich. Onkel Hank hatte Kaffee gemacht. Er wirkte müde und bedrückt, während Dr. Rainier einfach nur besorgt aussah. Die beiden wechselten immer wieder fragende Blicke, wie es Erwachsene machen, wenn sie unsicher sind, wie sie mit einem gestörten Jugendlichen umgehen sollen. Sie warteten, bis ichmir auch einen Kaffee eingegossen und Milch und mehrere Löffel Zucker dazugekippt hatte, dann sagte Dr. Rainier: »Du konntest nichts dafür.«
    Ich rührte um und erwiderte mit gesenktem Kopf: »Ihr versteht das nicht.«
    »Dann erklär’s uns«, sagte Onkel Hank. »Ich möchte gern verstehen, warum du aus dem Altenheim weggerannt bist. Du hast Dr. Rainier zu Tode erschreckt. Sie hat erzählt, dass dein ganzes Gesicht blutig war.«
    »Ich hatte Nasenbluten.« Ich trank einen Schluck und verbrannte mir den Mund.
    »Stephanie meinte, du hättest dich …«, Dr. Rainier stockte, »… reichlich seltsam benommen.«
    »So hat sich die hysterische Ziege bestimmt nicht ausgedrückt.«
    »Na, na!«, brummte Onkel Hank.
    Dr. Rainier schmunzelte. »Sie hat gesagt, du hättest dich – ich zitiere – ›wie ein Verrückter aufgeführt‹. War das so?«
    Das stimmte jedenfalls mit Stephanies Gedanken überein. »Von ihrem Standpunkt aus schon.« Von meinem eigenen aus irgendwie auch.
    Dr.

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