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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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gelaufen und…
    Und genau das war der springende Punkt. An einer bestimmten Stelle hätte sich ein Held fragen müssen, was es zu unternehmen galt. Achthundert Jahre hatten Lu-Tze gelehrt: Was geschehen war, blieb geschehen, wenn man technische Maßstäbe anlegen wollte, aber man konnte es nicht ungeschehen machen. Die Uhr hatte geschlagen und die Zeit angehalten. Später würde sich eine Lösung für das Problem finden. Bis dahin konnte sich Lu-Tze die Zeit vertreiben, indem er eine Tasse Tee trank und mit seinem erstaunlichen Retter plauderte. Ronnie war alles andere als ein gewöhnlicher Milchmann.
    Lu-Tze vertrat seit langer Zeit die Ansicht, dass alles aus einem bestimmten Grund passierte, wobei Fußball vielleicht eine Ausnahme bildete.
    »Du hast hier echte Qualitätsware, Ronnie«, sagte er und trank einen Schluck. »Die Butter, die wir heutzutage haben… Damit würde man nicht einmal die Achsen eines Karrens schmieren.«
    »Es liegt an der Sorte«, erklärte Ronnie. »Diese besorge ich mir von den Hochlandherden vor sechshundert Jahren.«
    »Zum Wohl«, sagte Lu-Tze und hob seine Tasse. »Eigentlich komisch. Ich meine, wenn man den Leuten erzählen würde, dass es mal fünf Reiter der Apokalypse gab und dass einer von ihnen ging, um als Milchmann zu arbeiten… Sie wären bestimmt sehr überrascht. Und sie würden sich fragen, warum du…«
    Für einen Moment blitzte es silbrig in Ronnies Augen.
    »Kreative Differenzen«, knurrte er. »Der ganze Ego-Kram. Manche Leute meinen… Nein, ich möchte nicht darüber reden. Natürlich wünsche ich den anderen alles Glück der Welt.«
    »Natürlich«, sagte Lu-Tze mit ausdrucksloser Miene.
    »Und ich habe ihre Laufbahn mit großem Interesse verfolgt.«
    »Da bin ich sicher.«
    »Weißt du, dass man mich aus der offiziellen Geschichtsschreibung entfernt hat?«, fragte Ronnie. Er streckte die Hand aus, und ein Buch erschien darin. Es schien ganz neu zu sein.
    »So war es vorher «, sagte er verdrießlich. »Das Buch Om, Tobruns Prophezeiungen. Bist du ihm jemals begegnet? Groß, bärtig, neigt dazu, über alles und nichts zu kichern?«
    »Muss vor meiner Zeit gewesen sein.«
    Ronnie reichte Lu-Tze das Buch. »Erste Auflage«, sagte er. »Versuch’s mit Kapitel 2, Vers 7.«
    Und Lu-Tze las: »Und der ganz in Weiß gekleidete Engel öffnete das Eiserne Buch, und ein fünfter Reiter erschien in einem Streitwagen aus brennendem Eis, und es barsten Gesetze, und es rissen Fesseln, und die Menge rief: ›O bei den Göttern, jetzt stecken wir in Schwierigkeiten!‹«
    »Damit bin ich gemeint«, sagte Ronnie stolz.
    Lu-Tzes Blick glitt zu Vers 8: »Und ich sah so was wie Kaninchen, in vielen Farben, aber im Großen und Ganzen in einem karierten Muster, und sie. drehten sich, und es erklang ein Geräusch wie von großen sirupartigen Dingen.«
    »Dieser Vers wurde bei der nächsten Auflage gestrichen«, meinte Ronnie. »Der alte Tobrun war für Visonen aller Art empfänglich. Die Väter des Omnianismus vermischten all das, was ihnen interessant erschien. Damals gab es nur Neues. Tod war natürlich Tod, aber die anderen beschränkten sich darauf, Lokal Begrenzte Missernte, Rauferei und Windpocken zu sein.«
    »Und du?«, fragte Lu-Tze.
    »Die Öffentlichkeit war nicht mehr an mir interessiert«, sagte Ronnie. »So hieß es jedenfalls. Damals traten wir nur für kleine Gruppen auf. Eine kleine Heuschreckenplage, das ausgetrocknete Wasserloch eines Stammes, ein explodierender Vulkan… Wir freuten uns über jeden Job. Für Fünf gab es nicht genug zu tun.« Er schniefte. »So hieß es.«
    Lu-Tze setzte die Tasse ab. »Nun, Ronnie, es hat mich gefreut, mit dir zu plaudern, aber die Zeit… Die Zeit hat’s nicht besonders eilig, oder?«
    »Nein. Hab davon gehört. In den Straßen treiben sich die Regeln herum.« In Ronnies Augen blitzte es erneut.
    »Regeln?«
    » Dhlang. Die Revisoren. Erneut wurde eine Glasuhr gebaut.«
    »Das weißt du?«
    »Ich gehöre zwar nicht zu den Fürchterlichen Vier, aber ich halte Augen und Ohren offen«, sagte Ronnie.
    »Aber dies ist das Ende der Welt!«
    »Nein«, widersprach Ronnie ruhig. »Es ist noch alles da.«
    »Aber es bewegt sich nichts mehr!«
    »Oh, das ist wohl kaum mein Problem«, erwiderte Ronnie. »Ich befasse mich mit Milch und Milchprodukten.«
    Lu-Tze blickte sich in der makellosen Molkerei um, sah glitzernde Flaschen und glänzende Milchkannen. Welch eine Arbeit für eine zeitlose Person. Die Milch war immer frisch.
    Er

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