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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mindestens Dritter Djim Ting sein!«
    »Ja, stimmt. Es ist eine Abkürzung. Komm jetzt. Hier zieht’s.«
    Lobsang folgte dem Kehrer sehr widerstrebend und rechnete jeden Augenblick damit, dass die scharfe Stimme der Autorität erklang.
    Und dieser Mann war nur ein Kehrer! Jemand, der fegte, Kleidung wusch und die Aborte reinigte! So etwas hatte niemand erwähnt! Von ihrem ersten Tag an hörten Novizen Legenden über Lu-Tze. Er hatte einige der wirrsten Knoten der Zeit gelöst, und es war ihm gelungen, dem Verkehr auf den Kreuzungen der Geschichte auszuweichen. Angeblich genügte ein Wort von ihm, um die Zeit in eine neue Richtung zu lenken, und diese Fähigkeit nutzte er für eine besonders subtile Kampftechnik…
    Und hier ging ein dürrer kleiner Mann, der irgendwie allgemein-ethnisch wirkte und dadurch den Eindruck erweckte, von jedem beliebigen Ort stammen zu können. Er trug eine Kutte, die einmal weiß gewesen sein mochte, jetzt aber Dutzende von Flecken und Flicken aufwies. Die Sandalen waren mit Bindfaden repariert. Lu-Tzes Lippen formten ein beständiges freundliches Lächeln, als erwartete er die ganze Zeit über, dass irgendetwas Amüsantes geschah. Und er trug keinen Gürtel – ein einfacher Strick hielt die Kutte geschlossen! Selbst einige Novizen schafften es, in ihrem ersten Jahr die Stufe eines Grauen Dongs zu erreichen.
    Im Dojo übten einige ranghohe Mönche. Lobsang wich zur Seite, als zwei Kämpfer an ihm vorbeiwirbelten. Ihre Arme und Beine bewegten sich so schnell, dass sie zu Schemen wurden, als jeder von ihnen beim anderen nach einer Blöße suchte. Die Zeit wurde in immer kleinere Scheiben geschnitten…
    »Du! Kehrer!«
    Lobsang sah sich um, doch der Ruf galt Lu-Tze. Ein Ting, offenbar gerade erst zum Dritten Djim befördert – der Gürtel schien noch recht neu zu sein –, schritt dem kleinen Mann entgegen, das Gesicht rot vor Zorn.
    »Was hast du hier zu suchen, Schmutzwegräumer? Diesen Ort darfst du nicht betreten!«
    Lu-Tzes Lächeln veränderte sich nicht. Er griff in seine Kutte und holte einen kleinen Beutel hervor.
    »Es ist eine Abkürzung«, sagte er, nahm ein wenig Tabak aus dem Beutel und rollte sich eine Zigarette, während der Ting vor ihm aufragte. »Und hier ist es überall schmutzig. Ich sollte ein Wörtchen mit dem Mann reden, der hier sauber macht.«
    »Wie kannst du es wagen, so frech zu sein!«, heulte der Mönch. »Zurück in die Küche mit dir, Kehrer!«
    Lobsang duckte sich hinter Lu-Tze und stellte fest, dass alle Anwesenden verharrten. Hier und dort flüsterten einige Mönche miteinander. Der Mann in der braunen Kutte des Dojo-Meisters saß auf seinem Stuhl, stützte das Kinn auf die Hand und beobachtete die Konfrontation ungerührt.
    Mit unerschütterlicher Geduld und nervenaufreibender Sorgfalt, wie ein Samurai, der Blumen arrangierte, zupfte Lu-Tze den Tabak auf dem dünnen Zigarettenpapier zurecht.
    »Nein, ich gehe lieber durch die Tür dort drüben, wenn du nichts dagegen hast«, sagte er.
    »Unverschämtheit! Bist du bereit zum Kampf, Feind aus Staub?« Der Mann sprang zurück und hob die Hände zum Kampf des Hechts. Er drehte sich, trat nach einem Ledersack und traf ihn mit solcher Wucht, dass die eiserne Kette riss, an der dieser hing. Dann wandte sich der Ting wieder Lu-Tze zu und hielt die Hände zum Aufstieg der Schlange.
    »Ai! Shao! Hai-ieh…«, begann er.
    Der Dojo-Meister stand auf. »Halt!«, befahl er. »Willst du nicht den Namen des Mannes erfahren, den du gleich tötest?«
    Der Ting blieb kampfbereit und starrte Lu-Tze an. »Der Name eines Kehrers spielt keine Rolle«, sagte er.
    Lu-Tze rollte die Zigarette zu einem schmalen Zylinder und zwinkerte dem zornigen Mann zu, womit er metaphorisches Öl ins Feuer seiner Wut goss.
    »Es ist immer klug, den Namen eines Kehrers in Erfahrung zu bringen, Junge«, sagte der Dojo-Meister. »Und meine Frage galt nicht dir.«
     
    Tick
     
    Jeremy starrte auf sein Bettlaken.
    Worte standen dort. Von ihm selbst geschrieben.
    Vom Laken aus setzten sie sich auf dem Kissen und dann an der Wand fort. Hinzu kamen Skizzen, tief in den Putz gekratzt.
    Den Stift fand er unterm Bett. Er hatte ihn sogar angespitzt, im Schlaf ! Und er schien stundenlang geschrieben und gezeichnet zu haben. Der Versuch, einen Traum festzuhalten.
    Die eine Seite der Daunendecke war mit einer Stückliste bedeckt.
    Als er es gesehen hatte, ergab alles einen Sinn, wie ein Hammer, ein Stock oder Radschöns Gravitationshemmung. Es war wie das

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