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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Dojo der Novizen, Kehrer«, sagte Lobsang.
    »Aber die Bälle darin bestehen aus weichem Leder«, erwiderte der Alte und näherte sich einem hölzernen Würfel. Eine Reihe aus Löchern reichte halb an der dem Raum zugewandten Seite hinauf. »Und sie sind ziemlich langsam, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Äh, ja«, bestätigte Lobsang und sah, wie Lu-Tze einen langen Hebel umlegte. Tief unten erklang das Geräusch von Metall auf Metall, und Wasser rauschte. Luft zischte aus Fugen in der Kiste.
    »Hier bestehen sie aus Holz«, sagte Lu-Tze ruhig. »Versuch mal, einen zu fangen.«
    Etwas berührte Lobsangs Ohr, und hinter ihm erzitterte die Polsterung, als sich ein Ball tief hineinbohrte und dann zu Boden fiel.
    »Vielleicht ein bisschen langsamer…«, sagte Lu-Tze und drehte einen Knopf.
    Nach fünfzehn vorbeisausenden Bällen traf einer Lobsangs Bauch. Lu-Tze seufzte und schob den großen Hebel zurück.
    »Bravo«, sagte er.
    »An so etwas bin ich nicht gewöhnt, Kehrer…« Der Junge stemmte sich hoch.
    »Oh, ich wusste, dass du keinen Ball fangen würdest«, meinte Lu-Tze. »Bei einer derartigen Geschwindigkeit wäre nicht einmal unser ausgelassener Freund drüben im Dojo dazu fähig.«
    »Aber du hast sie doch langsamer fliegen lassen!«
    »Nur damit sie dich nicht töten konnten. Es war ein kleiner Test. Tests und Prüfungen gibt es überall. Komm, Junge. Wir wollen den Abt nicht warten lassen.«
    Lu-Tze schlenderte los und zog einen kleinen Schweif aus Zigarettenrauch hinter sich her.
    Lobsang folgte ihm und wurde immer nervöser. Dies war Lu-Tze – der Zwischenfall im Dojo genügte als Beweis. Und er hatte es gewusst, in dem Augenblick, als das kleine runde Gesicht freundlich zu dem zornigen Kämpfer aufgesehen hatte. Aber… ein einfacher Kehrer? Keine Abzeichen? Kein Status? Doch einen Status hatte er ganz offensichtlich, denn der Dojo-Meister hätte sich kaum tiefer verbeugen können. Aber…
    Und jetzt folgte er dem Mann durch Korridore, in denen sich keine Mönche aufhalten durften – wer dieses Verbot missachtete, musste mit der Todesstrafe rechnen. Bestimmt bekamen sie früher oder später Schwierigkeiten.
    »Ich sollte jetzt wirklich zu meinen Pflichten in der Küche zurückkehren…«, begann Lobsang.
    »Oh, ja, Küchendienst«, sagte Lu-Tze. »Um dich die Tugenden von Gehorsam und harter Arbeit zu lehren, nicht wahr?«
    »Ja, Kehrer.«
    »Und funktioniert es?«
    »Äh, ja.«
    »Wirklich?«
    »Nein.«
    »Meiner Ansicht nach taugen solche Dinge nicht annähernd so viel, wie manche Leute glauben«, sagte Lu-Tze. »Ganz anders sieht es hiermit aus.« Er trat durch einen Torbogen. »Dies ist ein lehrreiches Erlebnis…«
    Es war der größte Raum, den Lobsang jemals gesehen hatte. Speere aus Licht stachen von Fenstern in der hohen Decke herab. Unten befand sich etwas, das mehr als hundert Meter durchmaß. Ranghohe Mönche kümmerten sich darum, gingen auf Kabelwegen darüber hinweg…
    Lobsang hatte vom Mandala gehört.
    Jemand schien Tonnen von buntem Sand genommen und ihn auf dem Boden verteilt zu haben, wodurch ein farbiges Chaos entstand. Doch in diesem Chaos kämpfte Ordnung ums Überleben, stieg auf und fiel, dehnte sich aus. Millionen von zufällig dahinrieselnden Sandkörnern schufen das Fragment eines Musters, und dies wiederholte sich in anderen Bereichen, prallte an fremden Mustern ab oder vereinte sich mit ihnen, bevor es in der allgemeinen Unordnung verschwand. Es geschah immer wieder, und dadurch wurde das Mandala zu einem stummen Schlachtfeld aus Farben.
    Lu-Tze trat auf eine nicht besonders stabil aussehende Seilbrücke.
    »Nun?«, fragte er. »Was hältst du davon?«
    Lobsang atmete tief durch. Wenn er von der Brücke fiel… Er stellte sich vor, dann für immer zu fallen, ohne jemals auf den Boden zu prallen. Er blinzelte und rieb sich die Stirn.
    »Es ist… böse«, brachte er hervor.
    »Ach?«, erwiderte Lu-Tze. »Das sagen nur wenige Leute beim ersten Mal. Von den meisten hört man Worte wie ›wundervoll‹.«
    »Es ist falsch!«
    »Was?«
    Lobsang klammerte sich an den Seilen fest. »Die Muster…«, begann er.
    »Geschichte, die sich wiederholt«, sagte Lu-Tze. »Sie sind immer da.«
    »Nein, sie…« Lobsang versuchte, alles zu erkennen. Es gab Muster unter den Mustern, als Teil des Chaos getarnt. »Ich meine… die anderen Muster…«
    Er sank nach vorn.
     
    Die Luft war kalt, die Welt drehte sich, und der Boden sprang ihm entgegen.
    Und verharrte in einer Entfernung von

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