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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Entfernungen verhedderten sich nicht an einem Maßband. Eine Uhr zählte nur die Zähne eines Zahnrads. Oder… Licht…
    Licht mit Zähnen. Das hatte er im Traum gesehen. Licht, das eine wellenförmige Linie bildete, auf und ab tanzte.
    »Könntest du… so etwas bauen?«, fragte er.
    Igor betrachtete erneut die Zeichnungen. »Ja«, sagte er und nickte. Dann deutete er auf mehrere große Glasbehälter an der zentralen Säule der Uhr. »Und ich weif, waf ef damit auf fich hat.«
    »In meinem Tr… ich meine, ich habe mir vorgestellt, dass sie zischen«, sagte Jeremy.
    »Fehr, fehr geheimef Wiffen, die Behälter«, meinte Igor, ohne auf die letzten Worte des jungen Uhrmachers einzugehen. »Kann man hier irgendwo Kupferftangen beforgen, Herr?«
    »In Ankh-Morpork? Kein Problem.«
    »Und Fink?«
    »Jede Menge, ja.«
    »Und Schwefelfäure?«
    »Korbflaschenweise, ja.«
    »Offenbar bin ich geftorben und in den Himmel gekommen«, sagte Igor. »Bring mich in die Nähe von genug Kupfer, Fink und Schwefelfäure, Herr – dann können wir fehen, wie Funken fliegen.«
     
    »Mein Name…«, sagte Lu-Tze und stützte sich auf den Besen, als der zornige Ting die Hand hob, »… ist Lu-Tze.«
    Es wurde still im Dojo. Der Angreifer verharrte mitten in einem Kampfschrei.
    »… Ai! Hao- gng ! Gnh? Ohscheiiiiiiiiohscheiiiii… «
    Der Mann brachte es irgendwie fertig, das Bewegungsmoment des Angriffs gegen sich selbst zu richten. Er sackte in sich zusammen und wechselte aus der Kampfposition in eine Haltung, die Entsetzen und Reue zum Ausdruck brachte.
    Lu-Tze beugte sich vor und entzündete ein Streichholz an einem Kinn, das keinen Widerstand leistete.
    »Wie lautet dein Name, Junge?«, fragte er und steckte sich die dünne Zigarette an.
    »Sein Name spielt keine Rolle mehr, weil er unten durch ist«, sagte der Dojo-Meister. Er trat vor und gab dem reglosen Herausforderer einen Tritt. »Nun, Namenloser, du kennst die Regeln. Stell dich dem Mann, den du herausgefordert hast, oder gib deinen Gürtel auf.«
    Einige Sekunden blieb die Gestalt erstarrt. Dann geriet die eine Hand in Bewegung – auf eine Weise, die jedes Risiko vermeiden sollte, Anstoß zu erregen – und tastete nach dem Gürtel.
    »Nein, nein, das ist nicht nötig«, sagte Lu-Tze freundlich. »Es war eine gute Herausforderung. Das ›Ai!‹ klang hervorragend, ebenso das ›Hai-ieh!‹. Ausgezeichnetes kämpferisches Kauderwelsch. So was hört man heutzutage nicht mehr oft. Außerdem möchten wir vermeiden, dass ihm die Hose runterrutscht, nicht wahr?« Er schnupperte und fügte hinzu »Derzeit wäre das für uns alle sehr unangenehm.«
    Er klopfte dem noch kleiner werdenden Mann auf die Schulter. »Denk an die Regel, die dich dein Lehrer hier am ersten Tag lehrte. Ich schlage vor, du gehst jetzt und wäschst dich. Ich meine, einige von uns müssen hier Ordnung schaffen.«
    Lu-Tze drehte sich um und nickte dem Dojo-Meister zu.
    »Da ich schon einmal hier bin, Meister… Ich würde dem jungen Lobsang gern den Apparat für unberechenbare Bälle zeigen.«
    Der Dojo-Meister verneigte sich tief. »Er steht dir zur Verfügung, Lu-Tze der Kehrer.«
    Als Lobsang dem fortschlendernden Lu-Tze folgte, hörte er, wie sich der Dojo-Meister an die übrigen Anwesenden wandte. Wie alle Lehrer erlag er der Versuchung, einen wichtigen Punkt noch einmal zu unterstreichen. »Dojo! Wie lautet Regel Nummer Eins?«
    Selbst der sich immer noch duckende Herausforderer stimmte leise in den Chor mit ein:
    »Verhalte dich nie unvorsichtig kleinen, kahlköpfigen, verhutzelt wirkenden und lächelnden Männern gegenüber!«
    »Eine gute Regel, die Regel Nummer Eins«, sagte Lu-Tze und führte seinen neuen Akolythen in den nächsten Raum. »Ich habe viele Leute kennen gelernt, für die es vorteilhaft gewesen wäre, diese Regel zu beachten.«
    Er blieb stehen, ohne den Blick auf Lobsang Ludd zu richten, und streckte die Hand aus.
    »Und jetzt gib mir bitte die kleine Schaufel, die du bei unserer ersten Begegnung aus meiner Tasche genommen hast.«
    »Aber ich bin dir gar nicht nahe genug gekommen, Meister!«
    Lu-Tze lächelte weiterhin. »Oh. Ja. Das stimmt. Entschuldige bitte. Das Gefasel eines Alten. Steht nicht geschrieben ›Ich würde meinen eigenen Kopf vergessen, wenn er nicht festgenagelt wäre‹? Nun, lass uns weitergehen.«
    Der Boden in diesem Raum bestand aus Holz, und die hohen Wände waren gepolstert. Hier und dort zeigten sich rötlich-braune Flecken.
    »Äh, so etwas haben wir auch im

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