Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
einen Weg zu finden. Ist das alles, ehrwürdige Herren?«
     
    Tick
     
    Lobsang stand auf, als Lu-Tze ins Vorzimmer zurückkehrte. Aber er zögerte dabei – offenbar erfüllte es ihn mit Verlegenheit, vor einem Kehrer Respekt zu zeigen.
    »Na schön, hier sind die Regeln«, sagte Lu-Tze und ging an ihm vorbei. »Zunächst einmal: Du nennst mich nicht ›Meister‹, denn das klingt mir viel zu sehr nach einem Handwerker. Außerdem ist es nicht meine Aufgabe, dir Disziplin beizubringen, sondern deine. Denn es steht geschrieben: ›Mit solchen Dingen habe ich nichts am Hut.‹ Sei einfach gehorsam – dann kommen wir gut miteinander aus. Alles klar?«
    »Was? Soll das heißen, du möchtest mich als deinen Schüler?« Lobsang lief, um zu Lu-Tze aufzuschließen.
    »Nein, ich möchte dich nicht als meinen Schüler, nicht in meinem Alter, aber du bist es trotzdem, und deshalb sollten wir das Beste daraus machen, in Ordnung?«
    »Und du bringst mir alles bei?«
    »Über ›alles‹ weiß ich nicht Bescheid. Zum Beispiel kenne ich mich mit forensischer Mineralogie nicht besonders gut aus. Aber ich werde dir all die Dinge beibringen, die ich für nützlich halte, ja.«
    »Wann?«
    »Es ist schon recht spät…«
    »Bei Tagesanbruch?«
    »Oh, vorher. Ich wecke dich.«
     
    Tick
     
    Nicht allzu weit von Madame Frouts Akademie entfernt, in der Esoterischen Straße, gab es einige Herrenklubs. Es wäre viel zu zynisch zu betonen, dass sich der Begriff »Herren« allein auf Personen bezog, die es sich leisten konnten, fünfhundert Dollar Beitrag pro Jahr zu zahlen. Anwärter mussten auch von vielen anderen Herren gebilligt werden, die sich den gleichen Mitgliedsbeitrag leisten konnten.
    Herren dieser Art hielten nicht viel von weiblicher Gesellschaft. Was keineswegs heißen soll, dass es sich um jene Art von Herren handelte, die in einem anderen Teil der Stadt eigene und viel besser dekorierte Klubs hatten, in denen es meistens lebhafter zuging. Diese Herren gehörten zu den Männern, die von Kindesbeinen an die Herrschaft von Frauen ertragen mussten. Kindermädchen, Gouvernanten, Matronen, Mütter und Ehefrauen bestimmten ihr Leben. Nach vier und fünf Jahrzehnten gaben sanftmütige Männer auf und flohen so höflich wie möglich in einen dieser Klubs, wo sie am Nachmittag in großen ledernen Sesseln dösten, den obersten Hosenknopf geöffnet. 7
    Der exklusivste Klub hieß »Zappler«, und dort ging es so zu: Susanne brauchte sich nicht unsichtbar zu machen, weil sie wusste, dass die Mitglieder des Zapplers sie überhaupt nicht sahen. Und wer sie doch bemerkte, würde einfach nicht glauben, dass sie tatsächlich existierte. Frauen waren im Klub verboten, mit der Ausnahme von Regel 34b. Sie ließ widerstrebend zu, dass weibliche Familienangehörige oder respektable verheiratete Frauen über dreißig zwischen 15.15 Uhr und 16.30 im Grünen Salon zum Tee empfangen werden durften, vorausgesetzt, ein Repräsentant des Personals war die ganze Zeit über anwesend. Diese Regel gab es schon so lange, dass Klubmitglieder glaubten, es wären die einzigen 75 Minuten am Tag, während denen Frauen existieren durften. Deshalb konnten Frauen, die zu einem anderen Zeitpunkt im Klub erschienen, nur ein Hirngespinst sein.
    Bei Susanne mit ihrer strengen Lehrerinnen-Kleidung und den Knopfstiefeln, die höhere Absätze zu bekommen schienen, wenn sie Tods Enkelin war, mochte das durchaus der Fall sein.
    Die Stiefel klackten auf dem Marmorboden, als sie zur Bibliothek ging.
    Es war ihr ein Rätsel, warum Tod diesen Ort aufsuchte. Natürlich war er mit vielen Eigenschaften eines vornehmen Herrn ausgestattet: Er hatte ein Haus auf dem Land, in einer fernen, dunklen Sphäre; er war immer pünktlich und höflich zu allen, denen er begegnete (und früher oder später begegnete er allen); er trug immer sehr ernste, würdevolle Kleidung, daheim ebenso wie in Gesellschaft; und natürlich konnte er gut reiten.
    Nur der Umstand, dass er der Schnitter war, passte nicht ganz ins Bild.
    In den meisten Polstersesseln der Bibliothek saßen zufriedene und satte Klubmitglieder unter Zelten, die aus der Ankh-Morpork Times bestanden. Susanne sah sich um und entdeckte schließlich eine Ausgabe der Zeitung, unter der die untere Hälfte eines schwarzen Kapuzenmantels und zwei knochige Füße hervorragten. Eine Sense lehnte an der Rückenlehne des Sessels. Susanne hob die Zeitung an.
    GUTEN TAG, sagte Tod. HAST DU ZU MITTAG GEGESSEN? ES GAB GEROLLTEN PUDDING MIT

Weitere Kostenlose Bücher