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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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gespürt?«
    »Ich weiß nicht. Es fühlte sich an, als… Für einen Moment war alles
    falsch.«
    »Ist so etwas schon einmal passiert?«
    »Nein. Es fühlte sich so ähnlich an wie die Sache im Mandalasaal.«
    »Dann sprich mit niemandem darüber. Heutzutage wissen die meisten
    hohen Tiere nicht einmal, wie die Zylinder funktionieren. Niemand
    kümmert sich mehr darum. Niemand schenkt Dingen Beachtung, die zu
    gut funktionieren. Früher durfte man nur dann zu einem Mönch werden, wenn man sechs Monate im Zauderersaal damit verbracht hatte, zu
    schmieren und zu reinigen. Und es hat uns gut getan! Heutzutage geht es immer um Gehorsam und kosmische Harmonie. Früher lernte man so
    etwas im Saal. Man lernte, zur Seite zu springen, wenn jemand rief
    ›Nummer Sowieso entlädt sich!‹. Denn wenn man nicht rechtzeitig zur Seite sprang, bekam man ein paar Jahre dorthin, wo’s wehtut. Und man lernte, dass es keine bessere Harmonie gibt, als wenn sich alle Zauderer glatt drehen.«
    Der Weg führte zum zentralen Gebäudekomplex des Klosters. Noch
    immer eilten aufgeregte Mönche hin und her, als sie sich dem
    Mandalasaal näherten.
    »Glaubst du, du kannst es dir noch einmal ansehen?«, fragte Lu-Tze.
    »Ja, Kehrer.«
    »Na schön. Du musst es wissen.«
    Dichtes Gedränge herrschte auf den Aussichtsbalkonen. Lu-Tze
    bahnte sich einen Weg und machte dabei geschickten Gebrauch von
    seinem Besen. Die ranghöchsten Mönche standen an der Brüstung.
    Rinpo bemerkte ihn. »Ah, Kehrer«, sagte er. »Hat dich Staub
    aufgehalten?«
    133

    »Die Zauderer waren außer Kontrolle«, brummte Lu-Tze.
    »Ja, aber der Abt hat dich gerufen«, sagte der Akolyth vorwurfsvoll.
    »Früher einmal hätten alle, ohne Ausnahme, den Zauderersaal
    aufgesucht, wenn die Gongs ertönten«, meinte Lu-Tze.
    »Ja, aber…«
    » BRRRRbrrrrbrrrr «, sagte der Abt, und Lobsang sah, dass er in einer Schlinge auf dem Rücken des Akolythen steckte. Eine
    Rotkäppchenmütze schützte seinen Kopf vor der Kühle. »Lu-Tze hielt
    immer viel von der praktischen Herangehensweise BRRRbrrr .« Er blies Milchschaum ins Ohr des Akolythen. »Ich bin froh, dass die
    Angelegenheit geregelt ist, Lu-Tze.«
    Der Kehrer verneigte sich, während der Abt begann, mit einem
    Holzbär auf den Hinterkopf des Akolythen einzuschlagen.
    »Die Geschichte hat sich wiederholt, Lu-Tze DummdummBBBRRRR …«
    »Die gläserne Uhr?«
    Einige Mönche schnappten nach Luft.
    »Wie kannst du das wissen?«, fragte der Chefakolyth. »Bisher haben wir uns das entsprechende Mandalabild nicht noch einmal angesehen.«
    »Es steht geschrieben ›Ich fühle da etwas im Urin‹«, sagte Lu-Tze.
    »Auch damals gerieten die Zauderer auf diese Weise außer Kontrolle,
    und zwar alle. Ein Zeitrutsch. Jemand baut erneut eine gläserne Uhr.«
    »Das ist völlig ausgeschlossen«, erwiderte der Akolyth. »Wir haben alle Spuren beseitigt!«
    »Ha! Es steht geschrieben ›Ich bin nicht so grün, obgleich ich wie ein Kohlkopf aussehe!‹«, sagte Lu-Tze scharf. »So etwas kann man nicht
    vollkommen verschwinden lassen. Es gibt überall undichte Stellen, die zu Geschichten und Träumen führen, zu Bildern an Höhlenwänden und
    was weiß ich…«
    Lobsang sah zum Boden des Mandalasaals. Mönche drängten sich bei
    einigen hohen Zylindern am gegenüberliegenden Ende des Saals
    zusammen. Die Zylinder sahen wie Zauderer aus, aber nur ein kleiner
    drehte sich langsam. Die anderen bewegten sich nicht und waren von
    oben bis unten mit geschnitzten Symbolen versehen.
    134

    Musterspeicher. Der Gedanke erschien einfach so in Lobsangs Kopf.
    Dort werden die Muster des Mandalas aufbewahrt, so dass sie noch
    einmal gezeigt werden können. Der kleine Zylinder zeichnet die Muster von heute auf, und die großen sind Langzeitspeicher.
    Unter ihm kräuselte sich das Mandala. Farben und Teile von Mustern
    glitten über die Oberfläche. Einer der fernen Mönche rief etwas, und der kleine Zylinder hielt an.
    Die rollenden Sandkörner kamen zur Ruhe.
    »So sah es vor zwanzig Minuten aus«, sagte Rinpo. »Siehst du den
    blauweißen Fleck dort? Und dann dehnte er sich aus…«
    »Ich weiß, was ich sehe«, erwiderte Lu-Tze grimmig. »Ich war dabei, als es passierte, erinnerst du dich? Hochwürden, sie sollen uns noch einmal die Sequenz der alten Gläsernen Uhr zeigen! Wir haben nicht viel Zeit!«
    »Ich glaube, wir…«, begann der Akolyth. Ein Hieb mit einem
    Gummiziegel unterbrach ihn.
    »Willtöpfchenwilltöpfchen wenn Lu-Tze Recht hat,

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