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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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wiederholte Schoblang, dessen Gestalt zu verblassen
    begann. »Ich bin tot. Das ist etwas anderes, als sich ausgesperrt zu haben!«
    VIELLEICHT KÖNNTE ICH DICH FÜR EINE FRÜHERE
    WIEDERGEBURT VORSEHEN.
    Schoblang verschwand.
    Im zeitlosen Augenblick drehte sich Tod um und blickte in den Saal
    mit den Zauderern…
    130

    Tick

    Der Kreidezylinder drehte sich wieder und quietschte leise.
    Nacheinander setzten sich auch die anderen Zauderer in Bewegung, als die Belastung zunahm. Diesmal kreischten keine Lager. Sie drehten sich langsam nach rechts und links, kontrollierten den temporalen Fluss, als Millionen von Menschen in der Welt außerhalb des Tals die Zeit um sich krümmten. Das Knarren klang nach einem Teeklipper, der bei einer
    sanften Brise um Kap Zorn segelte.
    Die großen Steinzylinder knirschten, als sie die Zeit aufnahmen, mit der ihre kleineren Brüder nicht fertig werden konnten. Ein Grollen
    gesellte sich dem Knarren hinzu, aber es klang ruhig, beherrscht…
    Lu-Tze richtete sich auf.
    »Ein sauberer Neuanfang«, sagte er. »Bravo, und das gilt für alle.« Er wandte sich an die erstaunten, keuchenden Mönche und winkte die
    ranghöchsten zu sich.
    Lu-Tze holte einen Zigarettenstummel von seinem Ruheplatz hinterm
    Ohr und sagte: »Nun, Rambut Handlich, was ist deiner Meinung nach
    gerade geschehen, hm?«
    »Äh, nun, es kam zu einem Schwall, der…«
    »Nein, ich meine nachher«, sagte Lu-Tze und entzündete ein
    Streichholz an der Sohle seiner Sandale. »Weißt du, ich glaube, Folgendes ist nicht geschehen: Ihr seid nicht wie kopflose Hühner herumgelaufen, während ein Novize aufs Podium trat und die außer Rand und Band
    geratenen Zauderer so gut ausbalancierte, wie ich es noch nie zuvor
    erlebt habe. So was kann nicht geschehen sein, weil solche Dinge nicht geschehen. Habe ich Recht?«
    Die Mönche des Zauderersaals gehörten nicht zu den großen
    politischen Denkern des Klosters. Ihre Aufgabe bestand darin, zu
    schmieren, auseinander zu nehmen, zu reparieren und die Anweisungen
    des Mannes auf dem Podium zu befolgen. Rambut Handlich runzelte die
    Stirn.
    Lu-Tze seufzte. » Ich glaube, ihr habt euch der Lage gewachsen gezeigt 131

    und so großes praktisches Geschick bewiesen, dass der Junge dort und ich nur staunen konnten. Der Abt wird beeindruckt sein und fröhlich
    glucksen. Beim Essen bekommt ihr vielleicht zusätzliche Momos in eurem Thugpa, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Handlich erfuhr eine Erleuchtung ganz besonderer Art, und seine
    Miene erhellte sich. Er begann zu lächeln.
    » Allerdings …«, fügte Lu-Tze hinzu, trat näher und senkte die Stimme.
    »Bestimmt komme ich bald wieder hierher, denn alles deutet darauf hin, dass an diesem Ort einmal gründlich gefegt werden sollte. Wenn ihr
    Jungs nicht innerhalb einer Woche richtig auf Zack seid, muss ich ein Wörtchen mit dir reden, klar?«
    Das Lächeln verschwand. »Ja, Kehrer.«
    »Alle Zauderer müssen überprüft und ihre Lager kontrolliert werden.«
    »Ja, Kehrer.«
    »Und jemand sollte die traurigen Reste von Herrn Schoblang
    entfernen.«
    »Ja, Kehrer.«
    »Dann wünsche ich euch alles Gute. Der junge Lobsang und ich gehen
    jetzt. Ihr habt viel zu seiner Ausbildung beigetragen.«
    Lu-Tze griff nach Lobsangs Hand und führte ihn aus dem Saal, vorbei
    an den langen Reihen der rotierenden, summenden Zauderer. Noch
    immer hing bläulicher Dunst unter der hohen Decke.
    »Wahrlich, es steht geschrieben ›Du könntest mich mit einer Feder
    niederschlagen‹«, murmelte er, als sie durch den Tunnel gingen. »Du hast die Inversion bemerkt, bevor sie eintraf. Sie hätte uns in die nächste Woche geschleudert. Mindestens .«
    »Tut mir Leid, Kehrer.«
    »Es tut dir Leid? Das braucht dir nicht Leid zu tun. Ich weiß nicht, was du bist. Deine Schnelligkeit ist verblüffend. Du hast gezeigt, dass du hier sofort in deinem Element bist. Du brauchst keine Dinge zu lernen, für die andere Leute Jahre benötigen. Nicht einmal der alte Schoblang –
    möge er seine Reinkarnation an einem hübschen, warmen Ort erfahren –
    konnte die Belastung auf die Sekunde ausbalancieren. Ich meine, auf die Sekunde. Bei einer ganzen verdammten Welt !« Er schauderte. »Ich gebe 132

    dir einen guten Rat. Zeig dein Talent nicht zu offen. Die Leute können recht seltsam sein, was das angeht.«
    »Ja, Kehrer.«
    »Und noch etwas«, sagte Lu-Tze. Zusammen mit Lobsang trat er nach
    draußen ins Licht. »Bevor die Zauderer außer Kontrolle gerieten… Was hast du

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