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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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Kerl?«
    »Ja«, sagte Fischmehl und gab sich wenig Mühe, die Verachtung in seiner Stimme zu verbergen. »Wasily, darf ich dir meinen Bruder Hammurabi vorstellen?«

 
KAPITEL SECHS
Die Weiden des Himmels
     
    Während das kobaltblaue Licht der Morgendämmerung durch das gleichförmige, verdrießliche Grau von Nebel und Eis abgelöst wurde, verspeiste die kleine Gruppe ein paar Filets mignon und brachte Hammurabi auf den neuesten Stand, was die aktuelle Lage der Welt betraf. Er konnte nur zuhören und ungläubig den Kopf schütteln. Dabei blickte er abwechselnd von dem körperlosen Wasily zu seinem jüngeren Bruder, der ihm nur widerwillig in die Augen sah.
    »Noch ein Steak?«, fragte Butch.
    »Nein, vielen Dank«, antwortete Ham. »Ich kann nicht glauben, wie ihr mich gefunden habt – oder wie ich euch gefunden habe.« Er starrte auf die Narbe in seiner Handfläche, die mit Fischmehls Narbe identisch war. »Es war ein Segen Allahs, dass ich auf den Gedanken gekommen bin, ein solches Band mit meinem Bruder zu knüpfen.«
    »Das würde ich auch sagen«, stimmte Wasily zu. »Es war eindeutig ein Segen.«
    Fischmehl wechselte abrupt zu einem anderen Thema, das die ganze Gruppe erfolgreich von Diskussionen über Segen und Familienbande ablenkte: »Wir haben ein Flugzeug und einen Piloten. Wir sollten verschwinden.«
    »Einverstanden«, sagte George. »Ich fange an, die Sachen einzuladen.«
    »Ich fürchte, wir werden euer Gepäck nicht mitnehmen können«, sagte Hammurabi. »Das Flugzeug würde die Last nicht verkraften. Eigentlich überrascht es mich, dass ich überhaupt genug Treibstoff hatte, um es bis hierher zu schaffen.« Mit einem Mal hielt er inne und blickte die hoffnungsvolle Gruppe an. Dann schlug er verzweifelt die Augen nieder und murmelte ein Gebet in seiner Muttersprache.
    »Was ist?«, fragte Butch und wandte sich an Fischmehl. »Was sagt er?«
    »Das Flugzeug«, sagte Fisch niedergeschlagen, als er endlich begriff. »Es ist ein Viersitzer. Er kann nur drei von uns mitnehmen.«
    »Ich glaube nicht, dass das ein Problem sein wird«, sagte eine dröhnende Stimme von irgendwoher aus dem Nebel. »Er und ich werden in wenigen Minuten die einzigen Überlebenden sein.«
    Mit vor Schreck starren Gesichtern drehten sich die Gefährten um und sahen die massige Gestalt eines Minotaurus entschlossen ins Lager schreiten.
    »Ich bin mir über die Etikette nicht ganz im Klaren«, sagte Pickering. »Wäre es angemessen, die Frauen zuerst zu töten, oder gibt es eine Altersreihenfolge, die ich beachten sollte?«
     

     
    Der Angriff kam schnell und brutal, richtete anfänglich jedoch wenig Schaden an, da sich der ehemalige Kapitän der Milchkanne erst an seine größere Körpermasse gewöhnen musste. Er schwankte, stolperte und schlitterte vom eigenen Tempo getragen über das Eis davon in den Nebel. Das gab den Gefährten Gelegenheit, sich fortzustehlen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Fischmehl Butch, dessen Kopfhaut und linker Arm stark bluteten.
    »Sicher«, erwiderte der Bluesmusiker. »Beim Winterschlussverkauf bin ich schon übler zugerichtet worden.«
    Beide zuckten zusammen, als sie ein weiteres wütendes Brüllen hörten, gefolgt von einem Lachen. »Bev«, sagte Butch mit einem bitteren Lächeln. »Sie war früher Rausschmeißerin in einem Kasino – sie wird ihn eine Weile ablenken können. Ist Wasily bei dir?«
    »Hier im Korb«, sagte der Skalde.
    »Sag mal«, wandte sich Butch an ihn, »all diese Geschichten, die du Fischmehl erzählt hast – sind die wahr?«
    »So wahr, wie Geschichten nur sein können.«
    »Dann ist es also möglich – es könnte wirklich einen Weg geben, all das rückgängig zu machen? Die Welt wieder zu dem zu machen, was sie vorher war?«
    »Es könnte sein«, sagte Wasily, »aber ich bin mir nicht ganz sicher.«
    »Einen Versuch ist es allemal wert«, sagte Butch. »Bring ihn zum Flugzeug«, sagte er zu Fischmehl. »Schaff ihn verdammt nochmal hier raus und seht zu, dass ihr die ganze Sache wieder in Ordnung bringt. Wir kümmern uns um Pickering.«
    Fischmehl schüttelte den Kopf. »Ihr habt keine Chance, alle zu überleben.«
    »Und wir haben keine Chance, alle mitzukommen. Je länger du wartest, desto größer wird die Gefahr, dass keiner von uns davonkommt.«
    »Aber wie werdet ihr ihn euch vom Leib halten?«, fragte Fisch, packte den Korb und hielt nach Hammurabi Ausschau.
    »Hey«, sagte Butch, der im Nebel verschwand, »wir sind eine Blues-Band – wir tun, was wir tun

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