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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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Wesen, die diesen Ort verteidigen, jene, die wir hier aufsuchen wollen… sind bereits tot.«
     

     
    Die Gräser des Hochplateaus verschmolzen zu einem Farbengemisch aus rustikalem Grün und Braun, unterbrochen von Wellen aus Wildblumen, die rhythmische Muster bildeten. Ihre Blüten rahmten die verstreuten Dauerfrostgebiete ein.
    Einen weiteren auffälligen Blickfang stellten die überall auf den Feldern verteilten niedrigen Gebilde aus Stein, Holz und nackter Erde dar, die in großen Gruppen beieinander standen und sich bis zum Horizont erstreckten. Das waren die Kurgane, wie ihnen Wasily erklärte – die Grabhügel eines alten indogermanischen Volkes, das vor Tausenden von Jahren ausgestorben war.
    »Nun«, stellte Fischmehl fest, »zumindest wissen wir, wo sie abgeblieben sind. Das kann man nicht von vielen ausgestorbenen Kulturen behaupten.«
    »Eine Begräbnisstätte?«, fragte Hammurabi ungläubig. »Wir sind durch halb Asien geflogen, um ein paar Tote über das Schicksal der Welt zu befragen?«
    »Nein«, sagte Wasily. »Wir sind hierher gekommen, um die Toten nach dem Aufenthaltsort des einzigen Menschen zu fragen, der uns tatsächlich sagen kann, wie wir das Schicksal der Welt beeinflussen können. Also wirklich, Ham! Es wäre zweifellos unhöflich, von ihnen zu verlangen, sie sollen sich um alles kümmern. Schließlich sind sie tot.«
    »Richtig, Ham«, sagte Fisch und warf ihm einen bösen Blick zu. »Unhöflich.«
    »Tut mir Leid«, sagte Ham. »Also, was machen wir jetzt? Gehen wir einfach zu einem der Gräber und klopfen an?«
    »Das klingt nach einer guten Idee«, sagte Wasily.
    Ham verdrehte die Augen. »Allah beschütze uns«, murmelte er. »Der Wahnsinn reist mit mir.«
     

     
    So einfach war es schließlich doch nicht, an die »Haustüren« des lange ausgestorbenen Stammes – den Wasily die Paz nannte – zu klopfen. Zumindest schien niemand zu Hause zu sein.
    »Woher wissen wir, ob sie überhaupt, nun ja, bewohnt sind?«, fragte Fischmehl, der aus einem der eingesunkenen Kurgane herausstieg. »Sind viele solcher Stätten nicht einfach nur rituelle Grabhügel?«
    »Das ist möglich«, gab der Skalde zu. »Wir sollten unsere Bemühungen auf jeden Fall auf die Größeren beschränken. Bei denen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass darin jemand liegt, der uns von Nutzen sein kann. Ein König vielleicht, oder ein anderer Würdenträger.«
    Sie arbeiteten in zwei Gruppen – Wasily in seinem Korb begleitete Fisch – und hatten auf diese Weise innerhalb weniger Stunden Kurgane auf mehreren Quadratkilometern abgesucht. Als Hammurabi sich daran machte, in ein besonders tiefes Grab hinabzusteigen, erschien Fisch mit Wasily und ließ sich neben ihm zu Boden sinken. »Wir geben auf«, sagte Fischmehl. »Wasily ist sich inzwischen nicht einmal mehr sicher, ob es der richtige Ort ist.«
    »Warum?«, fragte Ham. »Dieses Gebiet war im Atlas verzeichnet und Fisch hat es bestätigt mit seinem… was auch immer das für eine Fähigkeit ist, die er da besitzt. Wir sind mit einem Flugzeug hierher gekommen, das nicht dafür gebaut ist, so weit zu fliegen, geschweige denn über genügend Treibstoff verfügt, und das uns vielleicht an einen anderen Ort bringen wird, vielleicht aber auch nicht. Macht also, was ihr wollt – ich werde jedenfalls an diese verdammten Hügel klopfen, bis mich jemand willkommen heißt oder wegjagt.«
    Wasily sah Fischmehl an und blickte dann wieder zu Ham hinüber. Anscheinend war seine Bedeutung für ihre Expedition größer, als sie zunächst vermutet hatten. Selbst wenn er von Frustration über die Sinnlosigkeit ihres Unterfangens angetrieben wurde.
    Auf Wasilys drängendes Nicken hin beugte sich Hammurabi erneut vor und klopfte fest an eine Reihe von Holzbalken. Er wartete einen Augenblick, hörte jedoch nichts. Gerade als er vorschlagen wollte, es in einem vollkommen anderen Teil des Hochplateaus zu versuchen, hielt er inne und legte den Kopf schief.
    »Was ist?«, fragte Fisch.
    »Psst«, flüsterte Ham. »Ich dachte…«
    Ein schwaches, aber vernehmbares Geräusch drang aus dem Kurgan herauf.
    Ham ließ sich in die Grube hinab und legte sein Ohr an das alte Holz. »Hallo? Ist da jemand? Können Sie mich hören? Wir, äh… wir würden gern mit Ihnen sprechen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    Eine Pause entstand. Doch dann ertönte das Geräusch erneut, dieses Mal so laut, dass Wasily und Fischmehl es ebenfalls hören konnten. »Verschwindet!«
     

     
    »Verschwindet!«,

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