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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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Name?«, sagte die Stimme in einem kläglichen Ton der Verzweifelung. »Niemand – nicht einmal die Leute, die angeklopft haben – hat mich jemals nach meinem Namen gefragt.«
    »Und?«, fragte Ham. »Wie lautet er?«
    »Mein Name«, sagte das Wesen im kräftigsten und majestätischsten Tonfall, den es zustande brachte, »ist Smotay Hruk, König von Taschkur, Eroberer von Ust Ulagen, und… und… oh, verflucht nochmal! Mir ist entfallen, worüber ich das Protektorat innehabe. Ihr wisst nicht zufällig, welches Land nördlich von hier liegt, oder?«
    »Ich glaube, es ist Sibirien«, sagte Fischmehl.
    »Sibirien?«, fragte die Stimme. »Nie gehört. Es spielt auch keine Rolle – sie sind jetzt ohnehin alle tot.«
    »Irgendein Protektorat«, sagte Ham.
    »Das ist nicht besonders fair«, beschwerte sich die Stimme. »Meine Herrschaft ist etwas aus dem Ruder gelaufen, nachdem ich gestorben war. Der Rest klingt allerdings ziemlich beeindruckend, oder?«
    »Sehr beeindruckend«, stimmte Fischmehl zu.
    »Vielen Dank«, sagte die Stimme sichtlich erfreut. »Wisst ihr, ich glaube für Elefanten seid ihr gar nicht so unhöflich, wie ich zunächst vermutet hatte. Trotzdem bin ich wirklich der Meinung, ihr solltet gehen. Hier sind andere, die euer Rumgetrampel auf ihren Kurganen nicht so freundlich aufnehmen werden wie ich.«
    »Warte«, sagte Ham. »Wir suchen immer noch nach…« Er wandte sich wieder an den Skalden. »Wer war es gleich, den wir suchen?«
    »Wir suchen nach einem König«, sagte Wasily, »mit Namen Lucius.«
    Die Stimme in dem Hügelgrab verstummte. Nach einem langen Augenblick meldete sie sich wieder dünn und missmutig zu Wort.
    »Verschwindet.«
     

     
    »Also, Augenblick mal«, setzte Fischmehl an, bevor Wasily ihn unterbrach.
    »Sagt mir, König Smotay«, sagte der Skalde sanft, »ich darf Euch doch König Smotay nennen?«
    »Hmm, ja«, kam die griesgrämige Antwort.
    »Gut. Weshalb genau, König Smotay, wollt Ihr, dass wir verschwinden? Denn, verehrter König Smotay, wenn dies in der Tat Euer Wille ist, werden wir es tun, aber…« Er hielt inne. »Hättet Ihr etwas dagegen, wenn mein junger Freund mich auf das Holz stellt, damit Ihr mich besser hören könnt, König Smotay?«
    »Nein«, kam die Antwort, die schon ein wenig zuversichtlicher klang.
    »Ausgezeichnet. Nun, König Smotay, ich bitte Euch nur darum, uns bei der Suche nach diesem Mann zu helfen, der für unser Vorhaben sehr wichtig ist. Doch wenn Ihr, gütiger König Smotay, uns nicht helfen wollt, verschwinden wir natürlich auf der Stelle.«
    »Das ist wirklich nicht nötig«, sagte König Smotay. »Ich habe mich eigentlich nur erschrocken. Es kommen nicht sehr viele Menschen hierher, und nur wenige suchen nach einem König, oder gar nach… ihm.«
    »Weiser König Smotay, werdet Ihr uns helfen?«
    Eine Pause entstand. Dann war ein langes, schicksalsergebenes Seufzen zu hören. »Also gut – wenn ich ablehne, werdet ihr Elefanten wahrscheinlich einfach zum nächsten Kurgan weitertrampeln. Das würde alle in helle Aufregung versetzen und wahrscheinlich würden sie euch erschlagen oder ähnliches, und ich werde weitere dreitausend Jahre mit einem schlechten Gewissen hier liegen, weil man euch totgeschlagen hat.«
    Darauf schwangen die breiten Holzbalken an der Oberseite des Kurgans an einem Ende nach oben, und die Gefährten mussten sich vor einer Wolke aus Staub und fallenden Steinen in Sicherheit bringen.
    Als die obere Kante der Balken sich unter Knarren so weit aus ihrer Verankerung gelöst hatte, dass sie auf den Boden der Grabkammer hinuntersehen konnten, bot sich ihnen ein sonderbarer Anblick: Etwa drei Meter unter ihnen saß auf einem Haufen Erde ein Wesen, das noch am ehesten Ähnlichkeit mit einem Bündel Zweige besaß, die in einem Mantel steckten, und dessen Kopf aus einem weiteren Bündel Zweige bestand.
    »Was ist?«, fragte König Smotay. »Liegt ihr erst einmal dreitausend Jahre in einem Kurgan und seht, wie wohlgestaltet ihr dann sein werdet. Ich wette, ihr wärt kein lohnenswerter Anblick, ihr unhöflichen Elefanten.«
    Der dürre König stand auf und schüttelte sich, dann drehte er sich um und schlurfte in die Dunkelheit des Hügelgrabes davon. »Nun?«, rief seine Stimme aus der Finsternis. »Kommt ihr oder kommt ihr nicht?«
    Ham zuckte mit den Schultern und sprang hinunter, gefolgt von Fischmehl und Wasily. Gemeinsam gingen sie hinter König Smotay in die Erde hinein.
     

     
    »Weißt du«, flüsterte Fischmehl

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