Der Zeitspieler
entlang einer komplexen Reihe von Linien. Sie senkte sich lautlos herab und rastete ein. Cargill verrenkte sich fast den Hals. Von wo er stand, konnte er nur sehen, daß sich hinter dieser Öffnung eine dünne durchsichtige Plastikscheibe – eine Tür vermutlich – befand. Und hinter dieser wiederum waren Fächer. Was darauf stand, konnte er nicht erkennen.
Das Mädchen schob die Plastiktür seitwärts. Einen Augenblick verbarg ihr Rücken, was sie tat. Als ihre Hände zum Vorschein kamen, stellte er fest, daß sie einen Teller mit rohem Fisch und Kartoffeln aus dem Schränkchen geholt hatte. Der Fisch schien eine Forelle zu sein und war erstaunlicherweise bereits ausgenommen. Dabei sahen weder Bouvy noch seine Tochter so aus, als würden sie sich die Mühe machen, etwas vorzubereiten, ehe sie es brauchten.
Cargill nahm deshalb an, daß die unsichtbaren Küchengeräte das alles automatisch besorgten.
Das Mädchen kam ein paar Schritte näher an ihn heran. Wieder fuhr sie mit Daumen und kleinem Finger entlang einer Linie unterhalb der Decke. Ein weiteres Teil der von der Sonne bestrahlten Wand senkte sich herab. Auch dort befand sich eine Schiebetür mit Fächern dahinter. Diese Tür sah jedoch stabiler aus und war vermutlich aus Glas. Lela öffnete sie und stellte den Teller auf eines der Fächer. Als sie sie wieder zuschob, färbte der Fisch sich in ein knuspriges Goldbraun, und die Kartoffeln verloren ihr hart aussehendes Weiß. Es bestand kein Zweifel, daß sie bereits garten.
»Das dürfte reichen«, murmelte Lela Bouvy. »Du kannst dir auch etwas zu essen richten«, fügte sie hinzu. Mit der bloßen Hand holte sie den Teller hinter der Glastür heraus. Dann strich sie in etwa halber Höhe über die Wand, und etwas wie ein Kühlschrank öffnete sich. Sie holte aus seinem untersten Fach einen Apfel und eine Birne heraus, dann verschwand sie mit dem Obst in einer, und dem Teller in der anderen Hand aus der Küche.
Cargill war also sich selbst überlassen. Er versuchte sein Glück, indem er ebenfalls mit Daumen und kleinem Finger einige der Linien nachfuhr – und es funktionierte. Als Lela zurückkam, um ihr eigenes Frühstück zu richten, hatte er bereits Hühnerschenkel mit Kartoffeln gebraten, sich einen Apfel genommen und kaute eifrig.
Sie blieb an der Tür stehen und musterte ihn. Eigentlich war sie ein recht hübsches Ding, wenn man nicht auf ihre mürrische Miene achtete, dachte Cargill. Ihr Haar war zwar nicht besonders ordentlich frisiert, aber es war auch nicht zerzaust oder strähnig, und es glänzte wie Seide, was bedeutete, daß sie ihm wohl doch eine gewisse Pflege angedeihen ließ. Ihre Augen in dem herzförmigen Gesicht waren von einem tiefen Blau, und ihre Lippen voll und rosig. Sie trug Jeans und eine halbgeöffnete Bluse, die ein wenig ihrer festen, sonnengebräunten Brüste enthüllte.
Ihre Stimme klang argwöhnisch, als sie fragte: »Wie ist es möglich, daß sich ein gar nicht so dumm aussehender Zwischner so leicht fangen ließ?«
Cargill schluckte ein Stück Kartoffel hinunter und erstickte fast. Schließlich würgte er heraus: »Ich bin kein Zwischner.«
Ihre Augen funkelten vor schnell gewecktem Ärger. »Was ist das wieder für eine unverschämte Antwort!« brauste sie auf.
Cargill kratzte den Rest auf seinem Teller zusammen. »Es ist die Wahrheit«, versicherte er ihr. »Weshalb sollte ich Sie anlügen? Ich bin kein Zwischner.«
Sie runzelte die Stirn. »Was bist du dann?« Sie schien plötzlich zu erstarren, und der Grimm verlor sich aus ihren Augen, daß sie aussahen, als hätten sie die Farbe gewechselt. »Du bist doch nicht etwa gar ein – Schatten?« flüsterte sie.
Doch während er noch überlegte, ob er sich als Schatten ausgeben sollte oder nicht, beantwortete sie ihre eigene Frage. »Natürlich bist du keiner. Ein Schatten würde sich in dem Schweber genau auskennen und wüßte, wie die Küche funktioniert, ohne daß er es erst von mir absehen müßte. Sie setzen unsere Schiffe wieder instand für uns Schweberleute, wenn uns die Reparatur zu schwierig ist.«
Der Augenblick, sich als Schatten auszugeben – welche Möglichkeiten sich ihm dadurch auch immer ergeben hätten –, war vorbei. Mürrisch erwiderte er: »Nein, ich bin kein Schatten.«
Das Mädchen hatte überlegend die Brauen zusammengezogen. Sie hörte seine Antwort gar nicht. »Aber ein Zwischner müßte das auch alles wissen«, sagte sie nachdenklich. Sie blickte ihn mißtrauisch an. »Wie heißt
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