Der Zeitspieler
Sie geradewegs zum Pyramidenkraftwerk bringen, und Ihnen bleibt keine Wahl, als den Schalter herunterzudrücken. Das werden Sie genau um zwölf Uhr mittags oder um Mitternacht tun, je nachdem, wann Sie die Losung hören.«
»Einen Augenblick«, wehrte Cargill ab. Er hatte mit einem angespannten Gefühl der Unwirklichkeit zugehört. Es gefiel ihm nicht, daß sie so triumphierte. »An welchem Tag wird das geschehen?«
»Ich glaube nicht, daß es schon feststeht, zumindest weiß ich es nicht, vielleicht, damit Sie es nicht aus mir herauslocken können. So, aber jetzt frühstücken Sie endlich. In einer halben Stunde wird ein Schweber der Luftflotte Sie abholen.«
Cargill hatte die Luftflotte vergessen und war nun beeindruckt. Diese Leute schienen wirklich entschlossen, ihren Plan schnell voranzutreiben.
13.
Es mußte etwas geben, das er tun oder sagen konnte, um die Dinge zu seinem Vorteil zu lenken, dachte Cargill, als er etwas später zwischen den Volorpiloten stand. Es bestand kein Zweifel, daß der Angriff während der nächsten zwei Monate nicht stattfinden würde, denn während dieser Zeit hatte er mit Lela Bouvy zusammengelebt und sich bis zuletzt die Fernsehsendungen der Schatten angesehen. Daran hatte er nicht gedacht, als er mit Ann Reece frühstückte, aber er würde es nie vergessen. Er lebte gegenwärtig in einem Zeitparadoxon, das leicht noch komplexer sein mochte, als er sich auch nur vorstellen konnte. Auf jeden Fall mußte er dafür sorgen, daß es diese Verzögerung auch wirklich gab.
»Ich halte es immer noch nicht für richtig, daß wir Cargill als Ratgeber hinzugezogen haben«, hörte Cargill einen der Piloten sagen. »Es ist irgendein Trick der Schatten.«
Cargill drehte sich um. Der Sprecher war ein junger Mann mit dunkelbraunen Augen und einer Habichtnase. Sein Ton erinnerte ihn an Lauer, der sich dagegen gewehrt hatte, das Versetzungsgerät zurückzugeben.
Ein älterer Offizier – man hatte ihn Cargill als Flottenkommandeur Greer vorgestellt – wies ihn mit sanftem Tadel zurecht: »Withrow, Mr. Cargills Anwesenheit ermöglicht unsere Pläne erst. Außerdem ist er jetzt hier, und Sie haben sich damit abzufinden. Ich bin der Meinung, daß selbst das geringste, das wir von ihm über die Luftkampfstrategie und Taktik der Kriege des zwanzigsten Jahrhunderts erfahren, uns helfen kann, Menschenleben einzusparen.«
»Und ich«, sagte Cargill, »werde dafür sorgen, daß auch ich den Angriff überlebe.« Er beabsichtigte, ihnen klarzumachen, daß ihr Sieg auch in seinem Interesse lag.
Withrow kam nicht mehr zu einer Entgegnung. Dunkle Punkte tauchten zwischen den Schäfchenwolken auf. Der Himmel war plötzlich voll von Volors. Sie flogen tief und in Formation über den breiten gelblichen Strom, den Cargill für den Mississippi hielt. Während er zu den Maschinen hochsah, war er sich bewußt, daß die Gruppe der Piloten hinter ihm ihn beobachtete. Sie warteten auf seine Reaktion. Die Frage war: Wie sollte er sich verhalten?
Er versuchte, sich an die unzähligen Luftkämpfe zu erinnern, die er in Vietnam beobachtet hatte.
Die Volors zischten kaum hundert Meter über dem Boden dahin. Er schätzte, daß ihre Geschwindigkeit die der Düsenflugzeuge seiner Zeit noch überstieg. »Beabsichtigen Sie, in Formation anzugreifen?« fragte er und drehte sich zu den Piloten um, »oder mit einzelnen Sturzkampfmaschinen?«
»Sobald das Pyramidenkraftwerk ausgeschaltet ist, greifen wir im Sturzflug an«, erklärte Withrow kalt.
»Ohne die Gefahr zu achten«, fügte Greer hinzu.
Cargill schwieg. Er kannte diese Einstellung, es war auch grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, nur ... »Ich möchte mir die Sache erst einmal von oben ansehen, ehe ich Ihnen meine Meinung darlege.«
Man gab ihm den Platz des Kopiloten. Der Volor zischte wie eine Rakete steil in die Höhe, und Cargill wurde in den Sitz gepreßt. Erst nach einer Weile ging die Maschine in den Waagrechtflug, und das Land brauste unter ihnen vorbei. Cargill drehte sich zu den Männern um, die dicht gedrängt auf einer Reihe kleiner Sitze in der Kanzel saßen. »Welche Art von Waffen haben Sie an Bord?« fragte er Kommandeur Greer.
Der Offizier deutete auf eine Zielvorrichtung an der Armaturentafel. »Von hier aus können Sie alles am Boden sehen. Man braucht das Ziel nur einzustellen und auf den Auslöser der Milliardenröhre zu drücken.«
Cargill nickte beklommen. Ein mal eins mal eins mal eins mal null war gleich eine Milliarde
Weitere Kostenlose Bücher