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Der Zementgarten

Der Zementgarten

Titel: Der Zementgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McEwan
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Tuch ab, machte das Schloß auf, und nahm den Billardstock heraus. Er war sehr dunkelbraun, fast schwarz. Bevor er ihn Derek gab, sagte er zu mir, »Nur ich darf seine Queues anrühren.«
    Mrs. O sagte, »Und ich«, aber Mr. O lächelte mir zu und schüttelte den Kopf.
    Der Mann, der den Wagen geparkt hatte, wartete vor dem Büro.
    »Das ist Chas«, sagte Derek, »das ist Julies Bruder.« Chas und ich sahen uns nicht an. Als Derek mit seinem Billardstock langsam auf den Mitteltisch zuging, lief Chas auf Zehenspitzen neben ihm her und sagte ihm schnell etwas ins Ohr. Ich ging direkt hinter ihnen. Ich wollte fort. Chas sagte etwas von einem Pferd, aber Derek antwortete nichts und wandte nicht einmal den Kopf. Sobald Derek am Tisch war, bückte sich Greg tief, und suchte sich sein Ziel für den Eröffnungsstoß. Er hatte eine braune Lederjacke an mit einem großen Riß im Ärmel und sein Haar war hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Ich wünschte mir, daß er gewinnen würde. Die weiße Kugel lief über den ganzen Tisch, verrückte eine der roten, und kehrte zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Derek zog das Jackett aus und gab es Chas zum Halten. Er streifte sich Silberbänder über die Ärmel, um die Manschetten von den Handgelenken fernzuhalten. Chas drehte die Innenseite des Jacketts nach außen, legte es sich über den Arm und schlug seine Zeitung bei der Rennseite auf. Derek duckte sich und stieß die weiße Kugel an, scheinbar ohne zu zielen. Als die getroffene rote Kugel in das hintere Eckloch polterte, schauten Spieler von den anderen zwei Tischen auf und kamen auf uns zu. Dereks Absätze klackerten laut, als er zum andern Ende des Tisches schritt. Die weiße Kugel hatte alle roten zerstreut und lag auf einer Linie mit der schwarzen. Bevor er seinen Stoß ausführte, warf Derek mir einen Blick zu, ob ich zuschaute, und ich sah weg.
    Die nächsten paar Minuten lang versenkte er rote Kugeln und die schwarze in die hinteren Ecklöcher. Zwischen jedem Stoß ging er schnell von einer Tischseite auf die andere und sprach zu mir mit leiser Stimme, ohne in meine Richtung zu schauen, als redete er mit sich selbst.
    »Komische Menage bei dir daheim«, sagte er, als die Schwarze zum erstenmal hineinfiel. Greg und die anderen Spieler schauten zu und verfolgten unsere Unterhaltung.
    Ich sagte, »Weiß nich.«
    »Die Eltern sind alle zwei tot«, sagte Derek zu Chas, »und die vier sorgen für sich selber.«
    »Waisen sozusagen«, sagte Chas und sah dabei nicht von der Zeitung auf.
    »Das Haus ist groß«, sagte Derek und streifte mich, als er vorbeiging, um wieder an die Weiße heranzukommen.
    »Ziemlich«, sagte ich.
    »Muß ganz schön was wert sein.« Eine Rote verschwand langsam über einen Lochrand, und er konnte auf die Schwarze zielen, ohne den Platz zu wechseln. »Diese ganzen Zimmer«, sagte er, »da könntet ihr Wohnungen draus machen.«
    Ich sagte, »Das haben wir nicht vor.« Derek sah zu, wie Greg die Schwarze aus dem Loch holte und sie wieder plazierte.
    »Und der Keller, wenige Häuser haben solche Keller.« Er machte einen Umweg um das lange Ende des Tisches, und Chas seufzte über etwas in der Zeitung. Noch eine Rote verschwand. »Ihr könntet.«
    Derek schaute, wo die weiße Kugel stehenbleiben würde. »Ihr könntet aus diesem Keller etwas machen.«
    »Zum Beispiel?« sagte ich, aber Derek zuckte die Achseln und knallte die Schwarze ins Loch.
    Als Derek die Schwarze endlich verfehlte, zischte er scharf durch die Zähne. Chas schaute von seiner Zeitung auf und sagte, »Neunundvierzig.« Ich sagte zu Derek, »Ich geh jetzt«, aber er hatte sich abgewandt, um sich bei einem anderen Spieler eine Zigarette zu holen. Dann ging er an das andere Ende des Tisches, um Greg zuzuschauen. Mir war schlecht. Ich lehnte mich an eine Säule und schaute nach oben. Dort waren Eisenträger und darüber, ins Dach eingelassen, mit gelbbrauner Farbe zugeschmierte Glasscheiben. Ich sah nach unten, und Derek war wieder dran, und es waren nur noch wenige Kugeln auf dem Tisch übrig. Als das Spiel vorbei war, kam Derek zu mir her, packte mich am Ellbogen und sagte, »Spielst du eins mit?« Ich sagte nein und riß mich los.
    Ich sagte, »Ich geh jetzt heim.« Derek stand vor mir und lachte. Er stellte sich den Billardstock mit dem Griff auf den Fuß und ließ ihn auf- und abwippen.
    »Du bist ein komischer Vogel«, sagte er. »Sei doch mal locker, warum lächelst du nicht mal?« Ich lehnte mich gleich wieder an die Säule

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