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Der zerbrochene Himmel

Der zerbrochene Himmel

Titel: Der zerbrochene Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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wir's doch so: Wir kehren in die Stadt zurück und …«
      »Nein«, sagte Michilino bestimmt. »Zuerst will ich Mamà sehen.«
    »Aber deine Mutter ist nicht mehr bei uns!«
    »Wo ist sie denn dann?«
    »Sie ist … sie ist nach Palermo gefahren, zur Behandlung.«
    »Das glaube ich nicht.«
      »Einverstanden, machen wir folgendes: Ich begleite dich zum Haus, du überzeugst dich, daß Ernestina nicht da ist, mehr noch, ich zeige dir eine Postkarte von ihr, die gestern ankam, und dann kehren wir in die Stadt zurück, damit dein Vater sich beruhigt.«
      Er wendete den Wagen und fuhr die Straße zurück, die er gekommen war. Er fuhr schnell, und Michilino mochte die hohe Geschwindigkeit, er hatte das Fenster heruntergekurbelt, so daß der Wind ihm ins Gesicht schlug. Als der Nonno im Hof des Hauses gebremst hatte, stieg Michilino aus dem Auto und rief laut: »Mamà! Mamà! Ich bin Michilino!«
      Mamà antwortete nicht. Statt dessen hörte man aus der Küche die Stimme von Nonna Maddalena und ein Scheppern von Töpfen, die zu Boden fielen.
    »Michilino!«
      Die Nonna kam aus der Küche, der Nonno trat durch die Tür, Michilino stieg eilig die Treppe hinauf, die zum ersten Stockwerk führte, wo die Schlafzimmer waren.
    »Mamà! Mamà!«
      Nonno und Nonna sahen sich untröstlich an, der Nonno öffnete hilflos die Arme.
    Oben auf dem Treppenabsatz erschien der Junge. Er fragte mit so leiser Stimme, daß die Großeltern ihn fast nicht verstehen konnten: »Ist Mamà gestorben?«
    »Nein! Was sagst du denn da, Kind?« fragte die Nonna.
      Michilino hatte keine Kraft mehr in den Beinen, er spürte jetzt die ganze Müdigkeit vom Fußmarsch, er setzte sich auf die oberste Stufe und fing an zu weinen!
      Der Nonno, der das Zimmer verlassen hatte, kam mit einer Postkarte in der Hand zurück und wedelte mit ihr Michilino zu.
      »Schau her! Diese Postkarte ist gestern angekommen. Komm herunter und lies sie.«
      Michilino versuchte aufzustehen, schaffte es aber nicht. Der Nonno kam bis zu ihm hoch. Nonna Maddalena hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und ihr Gesicht in die Hände gestützt. Michilino las die Postkarte: »Es geht mir besser. Viele Küsse, Ernestina. Wenn Ihr Michilino seht, gebt ihm einen Kuß von mir.«
      Sie kam aus Palermo, die Postkarte. Nonno Aitano hatte ihm wirklich die Wahrheit gesagt.
    »Und wann kommt sie zurück?«
      »Sobald sie sich besser fühlt«, sagte der Nonno und fuhr fort: »Maddalè, ich fahre in die Stadt und sag Giugiù, daß sein Sohn bei uns ist. Unterdessen kümmerst du dich um den Jungen, sein Mantel ist völlig durchnäßt.«
      Nonna Maddalena überredete Michilino, mit ihr in die Küche zu gehen, sie zog ihm den Mantel aus, ließ ihn sich vor dem angezündeten Backofen niedersetzen, der Wärme ausstrahlte, und wärmte ihm eine Suppe auf. Nachdem er sie gegessen hatte, fragte Michilino: »Nonna, sag mir die Wahrheit: Ist Mamàs Krankheit so schwer?«
    »Nein, das schwöre ich dir bei Christus. Willst du wissen, was wirklich ist? Der Arzt hatte sich Sorgen gemacht wegen der … der Krankheit, deine Mutter hätte das Kind verlieren können, mit dem sie guter Hoffnung ist. Deswegen ist sie nach Palermo gefahren, in ein Krankenhaus, in dem sie die richtige Pflege bekommt. Sobald sie der Meinung sind, daß keine Gefahr mehr besteht, lassen sie sie zurückkommen. Aber du mußt dir immer wieder sagen, daß es Zeit braucht.«
      Die Müdigkeit machte sich plötzlich bemerkbar wie ein Schlag ins Genick.
      Michilino schlief mit dem Kopf auf dem Küchentisch ein. Die Nonna hätte ihn am liebsten in ein Bett gelegt, aber sie hatte nicht die Kraft in den Armen, um ihn zu tragen.
    »Rasch, Michilino, wach auf!«
      Es war ihm, als hätte er nicht einmal eine Minute geschlafen. In Wirklichkeit hatte er eine ganze Stunde geschlafen. Der, der ihn geweckt hatte, war Nonno Aitano.
      »Verabschiede dich von Nonna, denn ich fahre dich nach Hause zurück.«
      In seiner Benommenheit fragte Michilino den Nonno nicht, wieso eine solche Eile geboten war. Er selbst war es, der Nonno, der ihm die Sache erklärte, während sie im Auto saßen.
      »Ich habe Marietta voller Verzweiflung vorgefunden, sie wußte nicht, was sie tun sollte, da ist sie zu Giugiù ins Büro und zum Quartier der Faschos gegangen, aber dort sagte man ihr nur, daß dein Vater nach Catello Nisetta hatte fahren müssen und abends wieder zurück sein würde.«
    »Und was weiter, Nonno?«
      »Da hab

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