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Der zerbrochene Himmel

Der zerbrochene Himmel

Titel: Der zerbrochene Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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ich mir gedacht, wenn wir uns beeilen, findet dich Giugiù zu Hause vor, wenn er zurückkommt, und dann brauchen wir ihm nicht zu erzählen, daß du weggelaufen bist. Wenn er es erfährt, wird er sich mit Sicherheit beunruhigen, besser, wir behalten die Geschichte für uns.«
    »Ich erzähle aber keine Lügengeschichten.«
    »Einverstanden, das bedeutet, daß ich es ihm erzähle«, sagte der Nonno leicht beleidigt. »Es reicht, wenn du den Mund hältst und mich nicht in Verlegenheit bringst. Marietta ist einverstanden.«
    »Aber wirst du nachher auch diese Sünde beichten?«
      »Was denn für eine Sünde, Michilì? Na, wie auch immer, einverstanden, ich gehe beichten.«
      »Nein, denn ich will nicht, daß du meinetwegen eine Sünde begehst.«
      »Heh, was ist denn das für ein verwichstes Theater! Ich sage dir doch, ich gehe beichten!«
      »Und du mußt auch beichten, daß du eben gerade ein unanständiges Wort gebraucht hast.«
      Das Auto kam ins Schleudern, Nonno Aitano brummelte etwas Unverständliches.
      Als sie ankamen, umarmte Marietta ihn und hörte gar nicht mehr auf, ihn abzuküssen.
      »Maria Santa, was du mir für eine Angst eingejagt hast! Ich war drauf und dran, wahnsinnig zu werden.«
      »Mariè«, sagte Nonno Aitano. »Beruhige dich und wasch dir das Gesicht, deine Augen sind rot wie zwei Peperoni. Wenn Giugiù das merkt, versteht er, daß etwas Unangenehmes vorgefallen ist.«
      »Ah«, sagte Marietta, »aber Onkel Giugiù kommt heute abend nicht zurück, er bleibt zum Schlafen in Catello Nisetta. Vor zehn Minuten ist jemand vom Quartier der Faschos gekommen, um mir das zu sagen.«
      »Besser so«, sagte der Nonno. »Ich fahre jetzt nach Hause zurück. Michilì, ich leg' es dir eindringlich ans Herz: keine weiteren derartigen Geniestreiche.«
      Während er ihn umarmte, fragte der Nonno ihn ganz ernst mit leiser Stimme: »Michilì, muß ich denn auch die Absicht beichten, die ich hatte, deinem Vater eine Lüge aufzutischen?«
    »Ja, auch die Absicht muß man beichten.«
    »Verflixt! Und ich dachte schon, ich könnte es mir ersparen.«
      Er küßte Marietta, zog den Mantel über, und gerade, als er fortgehen wollte, fiel ihm noch etwas ein.
      »Michilì, du mußt mir einen Gefallen tun. Sobald Papà zurückkommt, mußt du ihm sagen, daß er das Benzin für mich auftreiben soll, er weiß schon, welches. Es heißt Shell Dynamin und kommt in Zehn-Liter-Kanistern, auf denen eine Muschel aufgedruckt ist.«
    »Den Gefallen kann ich dir nicht tun, Nonno.«
    »Und warum nicht?«
      »Wie kann ich Papà erzählen, daß wir beide uns gesehen haben?«
      »Du sagst ihm, ich sei hierhergekommen, weil ich Lust gehabt hätte, dich zu sehen.«
    »Das wäre aber eine Lüge.«
      Nonno Aitano wirkte plötzlich, als wäre er wahnsinnig geworden, und fing an zu schreien.
      »Du hast dich wohl in diesen Kirchenkram verbissen, was? Willst du Pfaffe werden, oder was? Was für eine Wichserei ist das! Ja, Wichserei habe ich gesagt, verstanden? Und ich sage sogar noch Saftgurkenwichserei! So ein Theater, verdammt, man kann ja den Mund vor dir überhaupt nicht mehr aufmachen! Was willst du werden? Kardinal? Papst? Heiliger? Mariè, sag du Giugiù die Sache mit dem Benzin!«
    Er ging wütend fort und schlug die Tür zu.
      »Wenn du Papà aber eine Lüge erzählst, mußt du das nachher beichten.«
      »Ist ja in Ordnung, ist ja in Ordnung, wenn du wüßtest, wieviel ich zu beichten habe!« sagte Marietta unfreundlich.
    Sie öffnete die Kredenz, nahm eine Flasche Wein und füllte sich ein Glas ein.
      Michilino sah, daß die Flasche nur noch halb voll war. Marietta bemerkte den Blick des Jungen.
      »Ich hab' sie aufgemacht, als ich sicher war, daß du weggelaufen warst. Ich habe getrunken, um mich auf den Beinen zu halten, meine Beine haben gezittert vor Angst, ich wäre der Länge nach auf den Boden gefallen! Michilì, laß mich nicht mehr an die schreckliche Angst denken, die du mir eingejagt hast!«
      Und sie trank das Glas in einem Zug leer. Da begriff Michilino, daß die Cousine einen kräftigen Rausch hatte, und war es ihr vor dem Nonno noch gelungen, sich unter Kontrolle zu halten, so ließ sie sich jetzt gehen.
    »Trink nicht mehr, Mariè!«
    »Ich trinke, solange es mir paßt!«
    Sie goß noch mal ein und leerte das Glas in einem Zug.
      »Ich gehe jetzt etwas zu essen machen«, sagte sie und begab sich in Richtung Küche. Um sich aufrecht zu halten, mußte sie

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