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Der zerbrochene Himmel

Der zerbrochene Himmel

Titel: Der zerbrochene Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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sich mit der Hand an der Wand abstützen.
      Michilino nahm das Heft und die Fibel und machte Schularbeiten. Marietta kam aus der Küche zurück.
      »Ich habe keine Lust, auch nur irgendwas zu machen«, sagte sie angriffslustig. »Ich bin müde geworden und hab' keinen Appetit. Du hast mir genug Angst eingejagt, Michilì!«
    Sie füllte sich noch ein Glas ein und trank es aus.
    »Davon wirst du völlig betrunken.«
    »Das ist mir scheißegal!«
      Jetzt sagte sie schon unanständige Wörter. Michilino kam zu dem Schluß, daß es besser war, nicht den Mund aufzumachen, die Cousine ganz alleine reden zu lassen, weil sie, wenn er ihr antwortete, sich vielleicht in eine Sache verbiß.
    »Mir ist heiß«, sagte Marietta.
      Sie stand wankend auf, zog den Rock herunter, zog die Bluse aus, schob die Träger des Unterrocks weg und ließ ihn auf die Füße gleiten. Dann beförderte sie mit einem Tritt, der sie fast dazu gebracht hätte hinzustürzen, Rock, Bluse und Unterrock in eine Zimmerecke. Sie setzte sich wieder, schlug das linke Bein über das rechte, zog den Schuh aus und mit einer Fußbewegung schleuderte sie ihn in die Luft. Das gleiche machte sie mit dem anderen Schuh. Wieder stand sie auf, und mit einer einzigen Bewegung zog sie Strumpfband und Strumpf des linken Beines und danach Strumpfband und Strumpf des rechten Beines aus, die sie auf den Tisch legte.
      »Aaahhh! Jetzt fühle ich mich wohler! Und vor dir schäme ich mich nicht, schließlich sind wir ja verlobt.«
      Sie lachte, in der Flasche war noch knapp ein Glas. Sie kippte es in sich hinein. Wie schön sie nur war in Schlüpfer und Büstenhalter, mit den auf die Schultern fallenden Haaren, mit den glänzenden Augen, die aussahen, als hätte sie darin eine Lampe angemacht!
      »Haben deine Großeltern dir gesagt, daß deine Mutter in Palermo ist?«
      »Ja, sie haben mir auch eine Postkarte gezeigt. Sie ist in einem Spital, damit die Krankheit …«
      Marietta bekam unvermittelt einen schrillen Lachkrampf, der tönte wie ein Bohrkopf.
    »Krankheit! Und was für eine Krankheit!«
    »Wieso, ist sie denn nicht krank?« fragte Michilino entsetzt.
      »Deine Mutter leidet an der gleichen Krankheit wie Padre Burruano.«
      Was sagte sie denn da? Sie mußte wirklich betrunken sein, die Cousine.
    »Padre Burruano ist gar nicht krank, er hat sich weh getan, als er zu Boden gestürzt ist.«
      »Sie sind zusammen zu Boden gestürzt, deine Mutter und Padre Burruano.«
      Nun begriff Michilino überhaupt nichts mehr, aber er verstand, daß, wenn er wirklich etwas über Mamàs Krankheit erfahren wollte, dieser Augenblick von Mariettas Vollrausch der geeignete war.
    »Wie kam es denn, daß sie gemeinsam gestürzt sind?«
      »Weil sie zusammen waren, und dein Vater hat dafür gesorgt, daß sie stürzten, mit Ohrfeigen, mit Boxerfäusten, Watschen und Tritten.«
      Nein, es war doch nicht möglich, daß Papà Mamà verprügelt hatte. Und aus welchem Grund auch? Weil Mamà, sagen wir mal, bei Padre Burruano gebeichtet hatte? Was war denn so Schlimmes dabei?
    »Hör mal,Mariè …«
      »Nein, aus. Ich hab' genug geredet. Ich lege mich jetzt hin. Iß du nur, wenn du Appetit bekommst, in der Kredenz sind Salami, Mortadella, Oliven und Brot. Wenn du müde wirst, kommst du auch schlafen.«

    Als er mit den Schulaufgaben fertig war, fühlte er, daß er ein bißchen Appetit bekommen hatte. Er schnitt eine Scheibe Weißbrot ab, und als Belag wählte er zehn schwarze Oliven, die er lieber mochte als die grünen. Er aß und legte neben den Teller das aufgeschlagene Buch Cuore. Plötzlich spitzte er die Ohren, ihm war, als hätte er ein Wimmern aus der Kammer gehört. Möglicherweise fühlte sich Marietta wegen des Weins, den sie getrunken hatte, elend. Noch einmal hörte er das Wimmern.
    »Mariè, geht's dir gut?«
    Marietta antwortete nicht.
    »Mariè!« rief Michilino beunruhigt.
    »Michilino, komm her«, rief ihn die Cousine mit sonderbarer
    Stimme.
      Marietta lag nackt auf dem Bett, die rechte Hand hielt sie zwischen den Beinen, die linke lag auf ihrer Brust.
    »Zieh dich aus.«
    Michilino gehorchte.
      »Nein, zieh das Nachthemd nicht an. Komm, leg dich nackt zu mir.«
    »Zuerst muß ich aber ins Bad.«
    »Da gehst du nachher hin.«
      Während Michilino über sie stieg, um seinen Platz zu erreichen, packte die Cousine ihn flugs und legte ihn auf sich. Sie öffnete die Beine gerade so viel, daß das Vögelchen zwischen ihre Schenkel

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