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Der Ziegenchor

Der Ziegenchor

Titel: Der Ziegenchor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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historisches Ereignis«, rief er. »Das letztemal, daß Eupolis von Pallene einen Chor auftreten lassen darf.«
    Leider fiel mir in diesem Augenblick keine gute Antwort ein (später kamen mir Unmengen in den Sinn), und darum warf ich nur mit einer Nuß nach ihm. Aristophanes ging daraufhin weiter, lachte über seinen eigenen Witz und winkte irgendeiner wichtigen Persönlichkeit in der vordersten Reihe zu. Ich blickte finster drein, und mir fiel ein, daß Dolon ein treffenderer Vergleich als Odysseus gewesen wäre, doch riet mir meine innere Stimme, Aristophanes vorerst lieber zu vergessen, und ich rückte zur Seite, um einem dicken Mann mit Lederhut Platz zu machen.
    Ich fand bald eine ganze Menge über meinen Nachbarn heraus, zumal er mir selbst alles erzählte. Wie er sagte, sei er fremd in der Stadt, habe hier zwar geschäftlich zu tun, aber trotzdem seine Frau mitgebracht, weil sie unbedingt die Vorführung sehen wolle, sie sitze dort drüben mit den anderen Frauen, aber sie habe ein Kissen, deshalb sei das in Ordnung, und sie heiße übrigens Deianeira, und er sei Perikleidas, Sohn des Bellerophons, und seine Heimatstadt heiße Catina, die in Sizilien liege, aber natürlich eine Verbündete Athens und darauf auch sehr stolz sei, und er arbeite im Trockenfischgeschäft, weshalb er sich hier in Athen aufhalte, da ihm zu Hause die Leute ständig erzählt hätten, daß Athen der größte Markt für Trockenfisch außerhalb Persiens sei, besonders jetzt bei dem Krieg und allem, obwohl die Athener gerade im Moment aus irgendeinem Grund den Großteil ihres Trockenfischbedarfs aus Pontos zu beziehen schienen, was äußerst merkwürdig und schwer zu glauben sei, da er sich nicht denken könne, weshalb die Athener für ein minderwertiges Produkt zwei Obolen pro Quartkrug mehr bezahlen wollten, anstatt es von echten Griechen zu kaufen, zumal es seit geraumer Zeit eine solch starke Bande der Treue und Zuneigung zwischen Catina und Athen gebe, die große Bedeutung für einen Mann wie ihn hätten, der richtig verrückt nach Theater sei, was der wahre Grund für seinen Athenbesuch zu dieser Jahreszeit sei, zumal die beste Zeit für Trockenfisch eigentlich später um die Zeit der Lenaia komme, aber Ausländern sei es natürlich nicht gestattet, zur Lenaia zu gehen, was er natürlich verstehen könne, da es hier in Athen ein ganz besonderes und bedeutungsvolles religiöses Ereignis darstelle, was aber nichtsdestotrotz ein Jammer für einen Mann sei, der geradezu wild nach Theater sei, wie alle Sizilianer, obwohl es in Sizilien kein einheimisches Theater gebe, weil die meisten Städte in Sizilien dorische Gründungen seien, nicht ionische, und die Dorier Dionysos in anderer Form huldigten, obwohl es für die Weingärten eigentlich nicht den leisesten Unterschied mache, denn wenn es sich der alte Dionysos in den Kopf gesetzt habe, es ein schlechtes Jahr werden zu lassen, dann sei es das auch, so glaube er jedenfalls, und was ich denn eigentlich davon halte.
    »Ich heiße Eupolis«, erwiderte ich. »Willkommen in Athen.«
    Dann sagte der Ausrufer die erste Tragödie an, und Perikleidas wurde ein bißchen stiller, als er erst einmal verstanden hatte, daß mir die Geschichte von Ödipus durchaus bekannt war. Ansonsten erinnere ich mich an nichts Besonderes aus der gerade beginnenden Tragödie und den anderen danach, allerdings wünschte ich mir, sie sollen so lange wie möglich dauern, vorausgesetzt, sie waren kurzweilig. Und dann brüllte der Ausrufer: »Eupolis, laß deinen Chor auftreten!«, und ich schlug mir die Hände vor die Augen, nahm sie aber dann aus Angst, etwas zu verpassen, schnell wieder herunter. Perikleidas lehnte sich zu mir herüber und flüsterte: »Bist du das?«
    »Ja«, bestätigte ich.
    »Also, ist das nicht herrlich?« seufzte er begeistert und klatschte sich vor lauter Freude mit den Handflächen auf die Knie.
    Und dann sagten die Schauspieler ihre Verse auf, und der Chor tanzte, und Aristobulos bekam die Kleon-Szene zum erstenmal richtig hin, und nicht ein Mitglied des Chors vergaß während der Hymne an Poseidon die Ruderbewegungen, und als alles vorbei und der Chor wieder von der Bühne getanzt war, beugte sich Perikleidas zu mir herüber und flüsterte mir ins Ohr: »Also, mir hat es jedenfalls gefallen.«
    Zum erstenmal schien ich keine Schwierigkeiten zu haben, aus dem Theater hinauszukommen, da sich die anderen Besucher vor mir aufzulösen schienen, als wären sie Geister. Aber ich konnte sie

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