Der Zirkus der Abenteur
Wachsoldat oben angekommen. Er hielt eine Laterne hoch und blickte sich aufmerksam um. Als er nichts Verdächtiges bemerkte, ging er mit schweren Schritten wieder hinunter.
Der Lärm seiner genagelten Stiefel hallte in dem Trep-pengewölbe wider.
Jacks Herz beruhigte sich allmählich. Aufatmend kletterte er aus der Truhe. Doch war er noch so erregt, daß er zusammenfuhr, als Philipp durch das Schlüsselloch sagte: »Er ist fort. Er kommt jede Stunde einmal hier herauf. Jack — hast du Kiki mitgebracht?«
»Na klar. Er war die ganze Zeit über bei mir.« Jack hätte Philipp gerne von Kikis Erfolgen beim Zirkus erzählt. Aber Philipp ahnte ja nichts von dem Zirkus. Er wußte nicht einmal, wie Jack nach Tauri-Hessia gekommen war. Wie-viel hatte Jack den Kindern zu erzählen!
Kiki hielt das lange Schweigen nicht länger aus. »Putz dir die Nase!« wisperte er. »Mach die Tür zu. Bim, bam, bum, Polly ist im Brunnen. Gott erhalte den König!«
Philipp kicherte. »Der gute alte Kiki! Soll ich jetzt die Mädels holen?«
»Nein, ich werde lieber zurückgehen. Auf Wiedersehen, Philipp.«
Jack schlich auf leisen Sohlen die Wendeltreppe hinab.
Unten blieb er einen Augenblick stehen und lauschte. Als er nichts von dem Wachsoldaten hörte, schlüpfte er durch das Vorzimmer in den Ballsaal. Noch einmal ließ er die Augen durch den großen, spärlich erleuchteten Raum schweifen. Da schrak er zusammen. Am anderen Ende des Saales bewegte sich plötzlich ein großes Bild an der Wand. Langsam und geräuschlos glitt es zur Seite, so daß eine Öffnung in der Wand entstand. Jack starrte wie gebannt daraufhin. Was würde dort zum Vorschein kommen?
Der Weg aus der Burg
Plötzlich erschien ein Mann in der Öffnung. Es war der Graf. Jack erkannte ihn an seinem Einglas. Wie merkwürdig! Warum kam er mitten in der Nacht auf diesem geheimnisvollen Weg in den Saal? Was wollte er hier?
Kaum war der Graf zu Boden gesprungen, da öffnete sich in seiner Nähe eine Tür, und die schöne Frau Tatiosa, die sich auf dem Eulenhof krank gestellt hatte, kam zum Vorschein. Jack erkannte sie ebenfalls gleich.
Die beiden Geschwister hatten offenbar eine geheime nächtliche Zusammenkunft. Wo mochte der Graf herkommen? Er schien erregt zu sein und sprach eifrig auf seine Schwester ein. Strahlend küßte sie ihn auf die Wangen.
Ihre Sachen scheinen gut zu stehen, dachte Jack bei sich. Wahrscheinlich handelt es sich um den König. Vielleicht wird er bald ins Gefängnis kommen. Dann werden sie Gussel aus dem Turm holen und auf den Thron bringen. Graf Paritolen gefällt mir nicht. Bestimmt hat er heute nacht etwas Niederträchtiges angezettelt.
Die Geschwister verschwanden, in ein lebhaftes Gespräch vertieft, in dem Zimmer, aus dem Frau Tatiosa gekommen war, und machten die Tür hinter sich zu. Dann hörte Jack Gläser klirren. Die beiden feierten wohl einen Erfolg. Nun würde es bald Unruhen im Lande geben.
Jack seufzte. Wenn Bill doch nur bei ihm wäre! Aber Bill ahnte natürlich nichts davon, daß die fünf Kinder sich in Tauri-Hessia befanden. Woher sollte er auch wissen, daß man sie mit einem Flugzeug fortgebracht hatte?
Wahrscheinlich suchte er ganz England nach ihnen ab.
Wieder blickte Jack zu der Öffnung in der Wand hin.
Sollte er sie nicht rasch ein wenig untersuchen? Wo mochte man dort hinkommen? Aus dem Zimmer klang noch immer Sprechen und Gläserklirren. Kurz entschlossen lief Jack quer durch den Saal, stieg auf einen Stuhl und blickte in die Öffnung hinein. Aber dort herrschte pechschwarze Finsternis, und er konnte nichts erkennen.
Gerade wollte er seine Taschenlampe aus der Tasche ziehen, da öffnete sich die Tür des Zimmers, in dem sich die Geschwister befanden. Ihm blieb nichts anderes übrig, als in aller Eile in das Loch zu klettern. Er stolperte, fiel und kollerte ein paar Stufen hinunter. Erschrocken richtete er sich auf und lauschte.
Der Graf und seine Schwester hatten offenbar nichts gehört, denn sie unterhielten sich ruhig weiter. Dennoch wagte Jack es nicht, sich zu rühren. Ängstlich blickte er zu der Öffnung zurück, durch die ein matter Lichtschim-mer drang. Da ertönte plötzlich ein scharrendes Ge-räusch, und er saß vollkommen im Dunkeln.
O weh! Das Bild war wieder an seinen alten Platz geglitten. Jack war gefangen. Er kroch die Stufen hinauf und tastete mit den Händen die Wand ab.
Nicht die kleinste Ritze war zu fühlen. Überall stieß er auf festes Holz. Es hatte keinen Zweck, daran zu rütteln oder
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