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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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schließlich hervor.
    Wenn Wallie noch immer einen Rest von Zweifel gehabt hatte, daß die meisten Männer der Wache inzwischen durch den dritten Eid gebunden waren, dann hatte dieser Vorfall ihn vollends ausgeräumt. Dieser Bursche hier handelte lediglich im Auftrag. Er war gezwungen, die dringendsten Interessen seines Schützlings zu opfern, und er litt unter dem Schatten, den das auf seine eigene Ehre warf.
    Wallie stimmte also zu, seinen Gefolgsmann anzuweisen, sich nach dem Frühstück mit dem Novizen zu treffen, und blickte betrübt den beiden sich entfernenden Männern nach. Er wandte sich wieder zu dem belustigt aussehenden Nnanji um, der sich eifrig seinem Pferdefleisch-Eintopf mit Schwarzbrot widmete.
    »Hat der Novize Segelohr vielleicht manchmal Schwierigkeiten, sich an die Sutras zu erinnern?«
    »An schlechten Tagen kann er sich nicht einmal an seinen eigenen Namen erinnern«, sagte Nnanji geringschätzig und kaute weiter. »Mit der Klinge ist er jedoch etwa so gut wie ein Drittstufler.« Er runzelte die Stirn. »Dies ist sein neunter Versuch, glaube ich, doch den letzten hat er letztes Jahr am Tag der Pfeilschützen unternommen, also steht ihm noch gar kein neuer Versuch zu.« Das berühmte Gedächtnis hatte mal wieder gute Arbeit geleistet.
    »Nein, dies ist eine Finte«, sagte Wallie. »Tarru wird zusehen, darauf kannst du dich verlassen. Du hast ihm Angst eingejagt, mein lieber Vasall!«
    Nnanji war geschmeichelt. »Soll ich mich verstellen, mein Gebieter?« fragte er.
    Wallie schüttelte den Kopf. »Du kannst Tarru nicht täuschen. Am besten erledigst du die Sache so schnell wie möglich, damit er gar keine Zeit hat, dich zu beurteilen – ein schneller Sieg kann immer auf purem Glück beruhen. Aber wir wollen dich ja jetzt sowieso befördern, also macht es auch nichts mehr aus. Wen würdest du dir denn gern vornehmen?«
    »Die beiden!« sagte Nnanji entschlossen und nickte in Richtung Gorramini und Ghaniri in der anderen Ecke des Saales.
    »Ich befürchte, die kannst du nicht kriegen«, entgegnete Wallie. »Sie haben keine Mentoren – ich müßte sie persönlich darum bitten, und der Teufel soll mich holen, wenn ich das tue! Sie würden ohnehin nur ablehnen. Und als Gast kann man keinen anderen Gast herausfordern. Es tut mir leid, Nnanji, aber du mußt dir zwei andere Opfer aussuchen.«
    Murrend schlug Nnanji zwei andere Viertstufler vor, räumte dann allerdings ein, daß diese vermutlich die besten in ihrer Stufe waren. Die meisten Kandidaten wählten natürlich lieber leichtere Gegner.
    »Laß es uns im Moment damit bewenden«, sagte Wallie, dem eine Idee gekommen war. »Lege Segelohr so schnell wie möglich auf die Matte, dann kann ich vielleicht bei Tarru etwas für dich erreichen.« Nnanji war nicht der einzige, der eine Rechnung zu begleichen hatte.
    Beförderungswettkämpfe fanden stets großes allgemeines Interesse, und alle Schwertkämpfer, die gerade keinen Dienst hatten, versammelten sich am Fechtplatz. Die meisten umringten in einem Kreis das Wettkampfgeschehen, doch einige standen oben auf der Empore, und einige Erststufler waren auf den Auspeitschstand geklettert. Auf der gegenüberliegenden Seite des Paradeplatzes wurden die morgendlichen Opfer aus dem Gefängnis geführt, und Wallie wandte dieser Szene schleunigst den Rücken zu. Das neue Dach war fertiggestellt und prangte in vollem Glanz, und die Opfer brauchten nicht mehr unter Schreien herausgezerrt zu werden, durch die lange absolute Unbeweglichkeit zu Krüppeln geworden, doch der Gedanke an dieses Gefängnis war ihm immer noch zutiefst zuwider, und er haßte die primitive Kultur, die es widerspiegelte.
    Inmitten des Kreises von Schwertkämpfern standen Segelohr und ein sehr junger und sehr verängstigter Zweitstufler, vermutlich der schlechteste Fechter in seiner Stufe. Es grenzte an eine Beleidigung, wenn man gebeten wurde, sich als Prüfer zur Verfügung zu stellen, weshalb derartige Anfragen immer an die Mentoren gerichtet wurden, wenn es irgendwie möglich war. Die Auseinandersetzung zwischen diesen beiden war keine große Zerreißprobe. Segelohr gewann zwei von drei Durchgängen in kürzester Zeit nach Punkten. Der Junge schlich geknickt davon, gedemütigt durch Pfiffe aus der Menge.
    Wallie hielt sich im Hintergrund und ließ den Blick gelassen über den Kreis der Zuschauer wandern. Tarru und Trasingji bildeten die Jury, und jetzt riefen sie nach dem zweiten Prüfer. Ein schlanker, großer Zweitstufler trat vor, das

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