Der zögernde Schwertkämpfer
hinterher treffen. Ich muß ein paar Worte mit dem Ehrenwerten Tarru wechseln.«
Mit seinem alten Schwert auf dem Rücken und seinem neuen Schwert und dem Florett in einer Tragehülle unter dem Arm, schlenderte Nnanji zurück zur Kaserne und kaute an einem Problem herum.
Ein neues Schwert mußte feierlich übergeben werden – wen sollte er darum bitten? Das war eine wichtige Tradition, obwohl die Sutras es nicht ausdrücklich verlangten außer bei einem blutigen Anfänger. Wie ihm Briu vor vielen Jahren erklärt hatte, war der Sinn dieser Sutra, zu gewährleisten, daß ein Knabe mindestens von zwei Schwertkämpfern in die Zunft eingeführt wurde: einer sollte sein Mentor sein, von dem anderen sollte er sein erstes Schwert empfangen. Doch die Schwertkämpfer hatten diesen Brauch auf jedes Schwert ausgedehnt, auch für eines, das sich ein Mann selbst gekauft oder durch eine Tötung gewonnen hatte; bevor er es tragen durfte, mußte es ihm ein Freund überreicht haben. Ein Freund. Nicht sein Mentor. Wer?
Natürlich hätte er einen der anderen Zweitstufler fragen können, wie zum Beispiel Darakaji oder Fonddiniji, und normalerweise hätte er auch nicht gezögert, das zu tun, aber sie alle hatten ihn während des Frühstücks mit finsteren Blicken bedacht. Briu hatte seine Beschuldigungen zurückgezogen, doch der üble Nachgeschmack blieb, und alle beneideten ihn um seinen wunderbaren neuen Mentor. Wenn er Darakaji – oder auch Fonddiniji – fragen würde, würde dieser vielleicht ablehnen. Und wenn es einer tat, würden es alle tun … Was dann?
Immer noch in tiefes Grübeln versunken, kam Nnanji an einer der Hintertüren zu den Unterkünften an, genau in dem Moment, als der Adept Briu und der Schwertkämpfer Landinoro heraustraten und die Treppe herunterstiegen. Das war die Antwort – wenigstens war Briu der einzige Mann in der Wache, der ihn jetzt nicht mehr öffentlich als Feigling bezeichnen konnte. Das wäre ein Friedensangebot. Nnanji trat ihnen in den Weg und entbot seinen Gruß.
»Adept«, setzte Nnanji an, und es war seltsam, Briu nicht mit »Mentor« anzusprechen. »Ich möchte Euch um eine Gefälligkeit bitten.«
Briu betrachtete ihn kalt, warf einen Blick auf das Schwert unter seinem Arm und wandte sich dann an Landinoro. »Dem Jungen fehlt es nicht an Frechheit, was?«
Der Drittstufler schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn.
Briu streckte ihm die Hand entgegen, und Nnanji reichte ihm hoffnungsvoll das Schwert. Die Angehörigen der mittleren Stufen sahen es kurz an. »Ein nettes Stück Metall«, sagte Briu. »Was meinst du, Lan’o? Soll ich Rosti sein Schwert geben oder soll ich es ihm die Kehle hinunterstoßen, bis der Schaft ihm die Zähne herausbricht?«
Landinoro kicherte. »Nach dem Vorfall heute morgen solltest du dir besser ein schnelles Pferd satteln, bevor du so etwas tust … obwohl es sicher nicht falsch wäre.«
»Hat dir das dein Boß gekauft?« fragte Briu und wog es in der Hand.
»E … er hat mir Lord Harddujus Schwert geschenkt, Adept«, stotterte Nnanji. »Und ich habe es verkauft.« Vielleicht war das kein guter Schachzug gewesen.
Die älteren Männer warfen sich vielsagende Blicke zu.
Briu sah Nnanji eindringlich an. »Das ist ein merkwürdiger Mentor, den du dir da aufgegabelt hast. Hat dir ziemlich viel Glück gebracht, was, Eleve?«
»Ja, Adept.«
»Ja, Adept«, ahmte ihn der Viertstufler nach. »Mir hat er allerdings keins gebracht.« Er betrachtete immer noch das Schwert. »Der hat Mumm in den Knochen, das kann ich dir sagen. Ich hab’ noch nie gesehen, daß ein Mann auf eigenen Beinen zum Göttlichen Gericht gegangen ist, nachdem der Fette seine Füße bearbeitet hat. Und er ist mit dem Kopf voraus gesprungen, wußtest du das?«
»Mit dem Kopf voraus?« sagte Nnanji. »Vom Platz der Gnade aus?« Das war unglaublich – aber bei Shonsu war alles unglaublich.
»Ich hab’ so was auch noch nicht gesehen«, gab Briu zu. »Breitete die Arme aus – ich dachte schon, der fliegt davon wie ein Vogel zu seinen Jungen. Wir sind geblieben, um die Sache weiter zu beobachten, und haben ihn aus dem Wasser kommen sehen. Na gut, das hat uns gefallen, obwohl wir alle dachten, der Fette würde es ihm schnell vollends besorgen. Dann sind wir hierher zurückgekommen, und alles war immer noch in Aufruhr – der Fette tot, und der Dünne vom Wunsch beseelt, meinen Kopf in einem Korb präsentiert zu bekommen, weil er mich beschuldigte, dem Gefangenen ein Schwert verschafft zu
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