Der zögernde Schwertkämpfer
»Lüge mich nicht an, Vasall! Du glaubst doch, und ich könnte mir denken, daß du recht hast, aber ich bin nicht Manns genug, um es auszuprobieren. Jetzt wollen wir uns mal um ein Schwert für dich kümmern.«
Die Waffenschmiede lag weit vom Tempel entfernt, in der Nähe der Pforte, wo der Krach die heiligen Verrichtungen nicht störte. Athinalani, ohne sein formelles Gewand und statt dessen mit einer Lederschürze angetan, ließ den Hammer immer wieder auf den Amboß fallen, während ein schweißtriefender Sklave den Blasebalg am Ofen bediente. Beim Eintreten der Besucher unterbrach der Schmied sofort seine Arbeit und führte sie in den hinteren Raum, wo Hunderte von Schwertern und Floretten in Gestellen hingen – weit mehr, als von den Männern der Wache je zerbrochen oder verloren werden konnten. Der wirtschaftliche Aspekt gab Wallie zu denken, doch vielleicht war es eine der Segnungen dieser Welt, daß es hier keine Wirtschaftsfachleute gab. Und doch herrschte an diesem Ort eine Betriebsatmosphäre, die ihm angenehm war und vertraut vorkam.
Athinalani wußte, was für eine Art Schwert das war, das ihm da zum Kauf angeboten wurde. Die Hochachtung, die er seinem Besitzer entgegenbrachte, war eindeutig etwas Neues und eine schmeichelhafte Erfahrung für Nnanji. Auf dieser Seite des Flusses gäbe es keinen Absatzmarkt für diese Art von Schwertern, meinte der Waffenschmied, aber er war bereit, dreihundert Goldstücke dafür zu bieten, wenn dem kühnen Nachwuchs-Schwertkämpfer an einem schnellen Verkauf gelegen war. Nnanji holte nur tief Luft und sagte: »Abgemacht!«
Das paßte Wallie sehr gut – ein wertvolles Schwert, um das man bangen mußte, reichte völlig. Er holte einen Saphir hervor und bat den Schmied um seinen Rat, wie er dieses Vermögen verflüssigen könnte. Athinalani begrüßte jede Gelegenheit, dem Träger des Siebten Schwerts des Chioxin zu Diensten zu sein, und willigte ein, den Stein für ihn in der Stadt zu verkaufen.
Die Auswahl eines neuen Schwertes brauchte seine Zeit, mit ausgiebigen Erörterungen der Länge und des Gewichts und der Biegsamkeit und der Schneide und des Schrägschliffs und der Damaszierung. Nnanji hörte mit weitaufgerissenen Augen zu und saugte alles, was er hörte, begierig in sich auf. Wallie war fasziniert von all dem Wissen, das er ausgrub und das zwei Tage zuvor noch nicht in seinem Kopf gewesen war – offenkundig war Shonsu ein ebenso guter Theoretiker wie Praktiker gewesen. Athinalani war entzückt, einen Kunden mit soviel Interesse und Sachverstand zu bedienen.
Schließlich einigten sich die drei zu aller Zufriedenheit auf ein neues Schwert für Nnanji – doch Nnanji wollte sich von seinem alten nicht trennen. Wallie wies in aller Ausführlichkeit auf dessen Mangel hin. Nnanji gab ihm in allen Punkten recht und gestand schließlich, daß er einen jüngeren Bruder habe, den er bei der Wache einzuschreiben gedenke, sobald er selbst die Dritte Stufe erreicht habe und sich einen Schützling leisten könne. Das würde niemals geschehen, solang Tarru dabei noch ein Wörtchen mitzureden hatte, und Nnanji würde dann sowieso längst nicht mehr hier sein, aber das war nicht Wallies Problem, also ließ er die Sache auf sich beruhen.
Dann ging es um die Florette. Ein Schwertkämpfer brauchte eine Attrappe, die genauso in der Hand lag wie sein echtes Schwert. Athinalani hatte dieses Problem im Zusammenhang mit dem Chioxin-Schwert vorausgesehen und war bereits an der Arbeit. Sein Gedächtnis für Länge und Gewicht war erstaunlich exakt. Er versprach, daß das Florett bis zum Sonnenuntergang fertig sein würde. Als inoffizieller Bankier der Wache schoß er jedem seiner Kunden ein paar Münzen vor, die er dem Lederbeutel entnahm, der ihm als Kasse diente. Wallie kaufte einen Wetzstein.
Das Ganze war so vergnüglich gewesen wie ein Touristen-Einkaufsbummel – was es in gewissem Sinn für Wallie auch war. Er nahm sich vor, bestimmt noch einmal herzukommen, um noch eingehender mit dem Waffenschmied zu plaudern. Die Schwertkämpfer blieben an der Tür stehen, während sich Athinalani entfernte, um Nnanjis neuem Schwert den letzten Schliff zu verleihen – nichts, das nicht von absoluter Perfektion war, durfte seine Werkstatt verlassen. Wallie brachte in Erfahrung, daß das Mittagessen im selben Raum wie das Frühstück eingenommen wurde.
»Nun denn«, sagte er. »Ich bin langsamer als du, deshalb gehe ich jetzt. Geselle dich zum Essen zu deinen Freunden, wir werden uns
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