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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Natiole sie an. Ihre Kleidung war schlicht, offenkundig für eine Reise gedacht und abgenutzt. Sie trug keinen Schmuck, und ihr Gesicht war ungeschminkt.
    »Aber für eine Begrüßung reicht Eure Wiedersehensfreude nicht?«, fragte sie lächelnd.
    Das riss den jungen Wlachaken aus seiner Überraschung. Schnell verneigte er sich formvollendet, wie es im Imperium Brauch war. »Ich begrüße Euch, Artaynis Vulpon. Es erfreut mein Herz, dass wir uns wieder treffen und ich in Eurer Anwesenheit weilen darf.«
    Jetzt lachte sie leise. »Habt Ihr heimlich die Umgangsformen des Imperiums geübt, Natiole cal Dabrân?«
    »Nur ein wenig«, erklärte Natiole und grinste verlegen. »Das bleibt wohl nicht aus. Und ich hatte ja inzwischen genug Zeit, gelinde ausgedrückt.«
    Sie musterte ihn genau, und er konnte ihre Blicke geradezu auf seinem Körper spüren. Er trug die leichte Kleidung der Stadtbewohner, ein Geschenk ihres Vaters, zwar ohne Schmuck, aber aus gutem Stoff.

    Ihr Lächeln machte ihn nervös, und Natiole strich sich unsicher eine Strähne hinter das Ohr. Unvermittelt fühlte er sich nach den Tagen und Nächten im Keller schmutzig und ungelenk, auf eine schwer bestimmbare Weise unzureichend.
    Gebückt betrat Kerr den Raum. Der Troll hielt inne und lächelte vorsichtig, als er Artaynis sah. Natiole zweifelte nicht daran, dass er sie schon längst am Geruch erkannt hatte, aber der Troll bemühte sich immer sehr, die Menschen nachzuahmen und sie nicht zu erschrecken.
    »Ich freue mich, dass du da bist«, sagte Kerr schlicht.
    »Ich bin froh, euch alle erreicht zu haben«, entgegnete sie. »Und ich bringe viele Nachrichten aus Wlachkis. Es ist eine Menge geschehen.«
    »Hier nicht minder«, erwiderte Natiole düster, aber Sargan beschwichtigte ihn: »Ich habe meiner Tochter die unangenehmen Ereignisse und eure Schwierigkeiten schon dargelegt.« Auffordernd sah er Artaynis an.
    »Ionnis geht es gut«, begann die junge Frau. »Er ist aufgewacht und erholt sich beständig.«
    In Natioles Leib löste sich die Anspannung, die sein Leben seit der fürchterlichen Brandnacht begleitet hatte; ein Teil der Schwere, die ihn belastete, fiel von ihm ab.
    »Aber es gibt auch schlechte Nachrichten. Tamár Békésar ist tot.«
    Dann ist Ardoly ungeschützt und ohne Führung, dachte Natiole schnell. Erst dann erkannte er, dass diese Neuigkeit noch mehr bedeutete. Und Ana hat ihren Vater verloren. Schon bereute er den ersten Gedanken, aber Artaynis sprach weiter: »Und deine Tante Flores auch. Sie wurden feige ermordet, als sie zusammen waren.«
    Die Taubheit, die sich in seinen Gliedern ausbreitete, drohte Natiole zu übermannen. Er empfand nichts, keine Trauer über den Verlust, keine Wut. Es war, als spräche Artaynis über eine Fremde und nicht über seine Tante und
Anas Mutter. Neben ihm brummte Kerr traurig, als singe der Troll ein fast unhörbares Lied.
    »Ana muss davon erfahren«, stieß Natiole mit rauer Stimme hervor.
    »Ich habe bereits nach ihr gesandt«, erwiderte Sargan. »Das … wird nicht leicht für sie.«
    »Der Tod ist niemals leicht.« Seine eigene Antwort klang hohl in Natioles Ohren. Es war eine Floskel, mehr nicht.
    »Der Tod kommt zu allen, Mensch oder Troll. Flores hat ihn nicht gefürchtet, sie war eine sehr starke Menschin«, sagte Kerr.
    »Es droht noch mehr davon«, fuhr Artaynis leise fort. »Zwischen Ardoly und Wlachkis braut sich ein neuer Krieg zusammen. Die Masriden beschuldigen die Wlachaken, den Marczeg umgebracht zu haben. Und in Wlachkis ist es nicht anders. Dort gibt man Ardoly die Schuld an Flores’ Tod.«
    »Krieg«, murmelte Natiole und sah Sargan alarmiert an. »Wir müssen zurückreisen. Wir müssen schnell aufbrechen. Ich muss nach Wlachkis.«
    »Ich weiß. Aber du musst dich in Geduld üben. Ana wird ihre Anstrengungen nun sicherlich verstärken. Und ich auch. Aber wir können uns keine Fehler leisten. Wir müssen weiterhin vorsichtig sein.«
    »Die Pässe sind mittlerweile ohnehin nicht mehr zu passieren, denke ich«, warf Artaynis ein. »Ich bin gerade noch über die Berge gekommen.«
    »Ich muss es versuchen. Ich muss nach Wlachkis!«
    »Wir können unter den Bergen entlanggehen«, schlug Kerr vor. »Dort gibt es sicher Wege, die wir finden können. Unter der Erde ist der Winter egal. Wir könnten höchstens auf ein paar Zwerge treffen.«
    »Weg von hier und unter die Erde. Das ist das erste gute Wort, das ich seit Langem von dir gehört habe«, mischte sich Wrag ein, der bislang zu

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