Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
müssen. Vielleicht lässt sich das Schlimmste noch verhindern.«
Dankbar lächelte Natiole den Dyrier an. Auch Artaynis lächelte, und der junge Wlachake musste an ihre kurze gemeinsame Zeit in Wlachkis denken. Wie unhöflich und abweisend er gewesen war. Er hatte ihr unrecht getan. Sie ist hergekommen, um uns zu warnen, dachte er. Das war sehr mutig von ihr. Dann besann er sich. Wlachkis droht unterzugehen, und ich denke daran, mich für mein Verhalten bei einer Frau zu entschuldigen, deren Volk vielleicht bald gerüstet gegen das meine ziehen wird. Ich bin ein viermal verfluchter Narr.
Aus dem Augenwinkel betrachtete er die Dyrierin. Eigentlich musste er Pläne schmieden, musste sich vorbereiten, aber er konnte seine Gedanken nicht von ihr lösen.
48
Pass auf, Vorbs«, zischte der Soldat, der am steinernen Stadttor von Teremi lehnte und den Durchgang bewachte. »Entweder du gehst sofort in die Stadt zurück, oder du machst dich auf den Weg zu deinen Freunden nach Ardoly. So oder so – wenn du in drei Augenblicken nicht weg bist, werde ich anfangen, dir Respekt vor uns Wlachaken einzuprügeln.«
Der Wachsoldat funkelte den Sonnenpriester aus seinen hellen Augen an. Er hob die Rechte, ließ den Blick nicht von Cornel und schnippte ihm ins Gesicht.
Der Sonnenpriester schloss die Augen und atmete langsam aus. Er war die Beschimpfungen und die Demütigungen gewohnt. Seit vielen Jahren waren sie seine ständigen Begleiter. Aber diesmal war es anders. Diesmal konnte er seinen Zorn nicht im Zaun halten. Er war hier, weil er herausfinden wollte, was in der Nacht wirklich geschehen war, als es in der Feste Remis gebrannt hatte. Er war hier, weil er dem Voivoden helfen wollte, vielleicht doch einen Krieg zu verhindern. Und er verspürte plötzlich nicht mehr die geringste Neigung, sich von dem dicklichen Wachposten, der sich so offenkundig von seinen Vorurteilen leiten ließ, herumschubsen zu lassen.
»Hör mir zu, du dreimal verfluchter starrsinniger Bastard«, begann er mit leiser, aber eindringlicher Stimme. »Dein Herr schickt mich, um zu ermitteln, warum es in der Feste Remis gebrannt hat und wie wahrscheinlich es ist, dass bald eine Armee aus Masriden, Szarken und Sylken Wlachkis überrennt. Du kannst natürlich hier stehen bleiben und dich weiter aufblasen, bis du platzt. Oder du
sagst mir, was ich wissen will, und ich bin erstens schnell wieder verschwunden und zweitens nicht länger in Versuchung, deinen fetten Hintern in den Magy zu befördern.«
Der Soldat starrte den Sonnenpriester aus großen Augen an. Noch nie hatte er diesen so aufgebracht erlebt. Da er offenkundig nicht wusste, was er sonst sagen sollte, erwiderte er schlicht: »Sitai und Jaleia. Ich weiß es genau, weil wir so oft über den Brand geredet haben und darüber, dass die verdammten Masriden dem Prinzen den Schädel einschlagen wollten.«
»Sitai und Jaleia also? Und wo finde ich die beiden jetzt wohl?«
»Ihr findet sie entweder in den Soldatenunterkünften in der Festung oder in einer Schänke, denke ich. Ganz sicher könnt Ihr sie aber heute Abend hier treffen; sie werden bei Sonnenuntergang unsere Ablösung sein – Herr«, fügte er nach einem kurzen Zögern hinzu.
»Ich danke dir«, erwiderte Cornel betont freundlich und überließ die Wache wieder ihren Aufgaben.
Geht doch, dachte er mit einem gewissen Stolz, für den er sich jedoch sofort schämte. Ich werde zu gegebener Zeit den Tempel mit besonderer Inbrunst reinigen, versprach er sich selbst. Aber immerhin hat mir der fette Narr so eine anständige Antwort gegeben. Jetzt kann ich nur noch hoffen, dass Sitai und Jaleia dazu ebenfalls bereit sind.
Am nächsten Morgen war der Sonnenpriester schon früh auf den Beinen. Er hatte sich entschieden, das Versprechen, das er sich selbst gegeben hatte, lieber rasch einzulösen, und so reinigte und schmückte er den Tempel bereits für die Morgenandacht, obwohl der Sonnenaufgang noch fern war.
Als er die Tür zum Innenhof der Festung öffnete, um den Schmutz herauszukehren, stellte er jedoch fest, dass er nicht der Einzige war, der zu dieser frühen Stunde schon
unterwegs war. Der Voivode wanderte ziellos im Burghof auf und ab. Als er Cornel sah, blieb er stehen.
»Ich grüße Euch«, begann der Sonnenpriester zögerlich, der nicht wusste, ob er Şten cal Dabrân möglicherweise störte, doch wollte er dem Voivoden gern erzählen, was er herausgefunden hatte, und jetzt konnte er vielleicht die ungeteilte Aufmerksamkeit des
Weitere Kostenlose Bücher