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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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ich.«
    Damit drehte er sich um und trottete in die Dunkelheit voraus, weg von dem verhassten Licht. Der Weg unter den Bergen hindurch war nicht weit, und er wollte die Menschen so schnell wie möglich dorthin bringen, wo Kerr sie haben wollte. Sie gehören nach oben. Sie sollten hier nicht sein. Vielleicht wussten sie es selbst oder ahnten es zumindest, denn sie hielten sich von Azot fern, auch wenn sie ihm folgten. Und das war gut so.

55
    Außer Atem lief der Voivode über den Hof. Şten wusste, dass seine Hast unziemlich war und jeder, dem er auf seinem Weg begegnete, ihn verwundert ansah. Aber er scherte sich in diesem Augenblick nicht um Äußerlichkeiten und erklomm die Treppe zum Wehrgang, indem er zwei Stufen auf einmal nahm.
    Seine Blicke wanderten suchend über die Stadt. Noch immer war Teremi überfüllt, und für einen kalten Wintertag waren ungewöhnlich viele Menschen auf der Straße. Ştens Atem ging stoßweise, bildete kleine Wölkchen in der klaren Luft, die vom Wind davongetragen wurden.
    Dann entdeckte er endlich, wonach er gesucht hatte. Eine kleine Gruppe, größtenteils beritten, dunkel vor den schneehellen Straßen, die sich der Burg näherte und schließlich zum Stehen kam. Das Bild wurde undeutlich, als dem Voivoden Tränen in die Augen stiegen. Er schloss die Hände zu Fäusten, öffnete sie wieder und atmete tief durch.
    Ihm war bewusst, dass die Wachen, dass seine Untergebenen ihn so sahen, aber seine Gedanken waren einzig auf seinen Sohn gerichtet.
    Als Natiole endlich aufblickte, hob Şten die Hand, und sein einfacher Gruß wurde erwidert. Selbst auf die Distanz konnte er den Neuankömmlingen die Entbehrungen ansehen; die Strapazen der langen Reise zeichneten sich auf ihren Gesichtern ab. Dann tauchten sie in den Schatten des Torhauses ein, und Şten lief in den Hof hinab. Er versuchte, seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen, doch als er Natioles ansichtig wurde, der mit so langsamen Bewegungen
wie ein alter Mann vom Pferd stieg, hatte er das Gefühl, als ob sein Herzschlag einen Moment aussetzen würde.
    Mit schnellen Schritten lief er zu seinem Sohn, und bevor dieser auch nur ein Wort sagen konnte, umarmte Şten ihn. Nach einem Augenblick des Zögerns legte auch Natiole die Arme um seinen Vater. Der Voivode genoss die Nähe seines Sohnes, musste spüren, dass dieser lebendig zu ihm zurückgekehrt war. Erst dann ließ er Natiole widerwillig los.
    »Natiole. Gut, dass du wieder da bist«, erklärte er, während er seinen Sohn auf Armeslänge hielt und ihn forschend ansah. Die Reise hatte den jungen Mann verändert; das war augenfällig. Unter dem Schmutz der Reise, hinter dem unrasierten Gesicht und den dunklen Ringen unter den Augen lag etwas, was es vorher nicht gegeben hatte. Er ist gereift. Er hat an Stärke gewonnen.
    »Vater. Geht es dir gut? Und wo ist Ionnis?«
    »Dein Bruder wird jeden Moment hier sein. Er hat sich gut erholt und freut sich ebenso wie ich über deine Rückkehr«, sagte der Voivode, und Natiole lächelte erleichtert. Doch dann wurden die Augen des jungen Wlachaken sofort wieder ernst.
    »Warte lieber, bis ich euch von der Reise berichtet habe, bevor du darüber urteilst«, erwiderte der Prinz ungewohnt förmlich. Er warf einen kurzen Blick auf seine Begleiter. Nur eine Handvoll von ihnen war zurückgekehrt. Mit trauriger Miene musterte Şten die verbliebenen Soldaten an Natioles Seite, aber er schüttelte dennoch den Kopf.
    »Unsinn. Was auch immer geschehen ist, es ist gut, dass du hier bist. Dass ihr alle hier seid.« Er wandte sich an zwei Wachen, die im Innenhof standen und die Ankunft beobachtet hatten. »Lasst die Pferde versorgen. Gebt unseren Heimkehrern alles, was sie verlangen. Essen, Bäder, Betten.«

    »Das Imperium wird gen Wlachkis ziehen«, flüsterte Natiole, der einen Schritt näher herangetreten war und seinen Vater an der Schulter zu sich zog. »Ein Krieg ist unvermeidlich. Wir müssen uns wappnen.«
    Die Neuigkeit traf Şten völlig unvorbereitet, aber es gelang ihm dennoch, eine ruhige Miene zu bewahren.
    »Die Dyrier wollen uns angreifen? Warum, bei allen Geistern?«, flüsterte er seinem Sohn ins Ohr. »Was haben die Trolle angestellt?«
    Natiole schüttelte den Kopf.
    »Die Trolle und das Imperium passen nicht gut zusammen, Vater. Aber sie haben ihren Speer bekommen, und Kerr hat mir versprochen, dass sie uns im kommenden Krieg helfen werden.«
    Şten schloss für einen Moment die Augen, versuchte, die neuen Informationen richtig

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