Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
lächelte Ana. Hinter sich hörte sie, wie ihre Söldner in den Saal kamen, ein halbes Dutzend Bewaffneter, die sich vor der Tür aufstellten.
»So ist das also«, erkannte der Masride und wandte sich an den Narbigen: »Du wusstest davon, Tiradar? Du verkaufst deinen Anspruch an sie?«
»Sie ist seine Tochter«, erwiderte der Angesprochene scheinbar ruhig, aber Ana sah, wie sein Blick von Sziglos zu Sciloi huschte. Mit einem finsteren Grinsen im Gesicht wandte Sziglos sich wieder Ana zu.
»Glaubst du, dass es so einfach ist? Dass du einfach mit deinen Schergen hier hereinmarschieren kannst und den Thron an dich reißen? Dass unser Volk, mein Volk, dich als Marczeg akzeptiert?«
Mit der Antwort ließ sich Ana einige Herzschläge lang Zeit. Sie hatte das irreale Gefühl, dass ihr die Stimme versagen könne, wenn sie den Mund öffnete, und sie nur wirres Gestammel hervorbringen würde. Aber sie ließ Sziglos nicht aus den Augen.
»Nein«, erwiderte sie dann ruhig. »Es wird nicht einfach sein. Aber ich wage es dennoch. Weil ich den Masriden etwas geben werde, was zu geben du nicht in der Lage bist: Stärke. Nur wenn wir zu dem Bündnis mit Wlachkis stehen, werden wir den nächsten Sommer noch erleben. Und entweder erkennst du meinen Anspruch an, oder …«
»Oder was? Du bist keine Masridin …«, unterbrach er sie. Aber Ana fuhr ihm ebenso schnell ins Wort: »Oder du ziehst deine Klinge, und wir klären die Frage hier und jetzt.«
Damit hatte er offensichtlich nicht gerechnet. Er schwieg, sah sich fragend im Saal um. Doch keiner der anderen hatte sich erhoben.
Sciloi hat das Vertrauen verdient, das Sargan in sie setzte, erkannte Ana. Die Hälfte steckt in ihrer Tasche, und die andere Hälfte wartet ab.
Ana hob die Hände in einer fragenden Geste: »Nun?«
»Du bist verrückt. Vollkommen verrückt. Wir sind Masriden, keine Speichellecker aus dem Imperium, keine dreckigen Wlachaken. Mein Blut ist rein. Mit so etwas wie dir kämpfe ich nicht, ich zertrete es!«
Sein lederner Handschuh knirschte, als er die Faust vor Anas Gesicht ballte.
»Du hast Angst«, stellte sie ungerührt fest. »Und du willst ein stolzes Volk wie die Masriden führen, wenn du nicht einmal bereit bist, deinen Anspruch mit der Waffe zu verteidigen?«
Ihr Vorwurf war falsch, sie konnte es in seinen Augen sehen, er war kein Feigling. Er fürchtet, meinem Anspruch Gewicht zu verleihen, wenn er darauf eingeht. Mangelndes Selbstbewusstsein konnte man ihm nicht vorwerfen, aber die Situation überforderte ihn. Genau wie Sciloi es vorausgesagt hat. Und dann wird er sich auf seine Stärke besinnen. Was kann eine Wlachakin ihm im Kampf schon entgegensetzen?
»Also gut«, bestätigte Sziglos ihre Gedanken. »Aber nicht hier drinnen. Im Hof, sobald jeder seine Rüstung und Waffen angelegt hat.«
»Ich bin bereit. Aber nimm du dir ruhig alle Zeit, die du brauchst. Alle hier anwesenden Anführer der Masriden sind als Zeugen geladen.«
Damit drehte sie sich um und schritt aus dem Saal.
Gleich würde sich im schneebedeckten Hof der Festung ihr Schicksal entscheiden.
59
Was, bei allen Geistern, ist das?«
Eine ähnliche Frage ging auch Natiole durch den Kopf, aber Şten hatte sie ausgesprochen. Neben
ihnen zuckte Ana mit den Schultern.
»Tredare. Aus dem Osten.«
»Das Imperium richtet sie für den Krieg ab. Werden sie dort nicht gebraucht, lässt man sie manchmal in der Arena kämpfen«, fügte Ionnis hilfreich hinzu.
Während sich unterhalb ihrer Position die Armee des Imperiums formierte, war die Aufmerksamkeit der Wlachaken und Masriden vor allem auf eines gerichtet – die gewaltigen, zweimanngroßen Wesen mit den geschwungenen Hörnern, die auf vier kurzen Beinen zwischen menschlichen Kriegern einherstapften und diese allein durch ihre Größe wie Zwerge erscheinen ließen. Ihre Haut war von einem hellen Braun, das mit unruhigen dunklen Streifen durchsetzt war. Sie wirkten behäbig, aber kraftvoll.
»Es ist eine Waffe, die Furcht unter den Feinden säen soll«, führte Ana aus. »Sie werden vor Beginn der Schlacht in Raserei versetzt und stürmen mitten in die gegnerischen Reihen. Man kann sie kaum töten, ihre Haut ist wie ein Panzer, und die meisten Waffen machen sie nur noch wütender.«
Widerwillig löste Natiole seinen Blick von den Wesen und ließ ihn über die Reihen ihrer Feinde wandern. Die Krieger des Imperiums schienen aus allen Teilen des gewaltigen Reiches zu stammen. Im Zentrum marschierten goldgeschuppte, schwer
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