Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
der Ratsversammlung sagen wolltest?«
»Cornel und Ionnis haben eine wichtige Entdeckung gemacht. Ich …«, begann Şten, dann aber trat Vintila zu den beiden und begrüßte Natiole lächelnd.
Während der junge Wlachake das Haupt vor dem alten Geistseher neigte, hatte Şten nur einen knappen Gruß für ihn übrig. Bevor Natiole ihn jedoch nach dem Grund dafür fragen konnte, erhob Cornel die Stimme: »Beginnen wir. Wie alle sehen können, ist der Prinz von seiner Reise wohlbehalten zurückgekehrt, wofür ich dem Göttlichen Licht danke. Ich bin sicher, dass er uns viel zu berichten hat.«
Unsicher, ob seine Worte eine Spitze enthielten und ob
der Sonnenpriester bereits vom kommenden Krieg wusste, lächelte Natiole gequält. Dann berichtete er in allen Einzelheiten von den vergangenen Wochen. Als er schließlich zu dem hinterhältigen Angriff auf sie in Colchas und den unverhohlenen Kriegsdrohungen kam, brach ein Tumult aus. Die Ratsmitglieder riefen durcheinander, einige sprangen von ihren Sitzen auf, und es dauerte lange, bis Şten wieder Ruhe in die Versammlung gebracht hatte.
Während Natiole noch einen Moment wartete, ertönte Vintilas Stimme in der einsetzenden Stille: »Dann müssen wir gegen Ardoly ziehen. Wir können nicht zulassen, dass die Masriden sich mit dem Imperium verbünden. Nur ein geeintes Wlachkis kann gegen die Macht der Fremden bestehen.«
Seine Worte wurden hier und dort mit einem Nicken quittiert, aber Natiole hob abwehrend die Hand.
»Die Tochter von Flores cal Dabrân, meine Cousine Ana … Békésar, ist bereits nach Turduj unterwegs, um den Thron ihres Vaters einzufordern. Wenn ihr das gelingt, werden die Masriden an unserer Seite stehen.«
»Was?« Der alte Geistseher hatte sich erstaunlich schnell erhoben. »Eine halbe Masridin? Das ist … das sollte nicht …«
»Vielleicht sollten wir an dieser Stelle noch über etwas anderes sprechen«, schlug Şten vor, während Vintila ihn fassungslos ansah. »Auf die Vorgänge in Turduj und in Colchas haben wir ohnehin keinen Einfluss. Unser Vorgehen werden wir später noch diskutieren. Aber vorher hat Ionnis noch etwas zu sagen.«
»Danke, Vater.« Ionnis hatte sich erhoben und sprach mit lauter, fester Stimme. »Wie uns die Ruine inmitten der Feste stets aufs Neue ins Gedächtnis ruft, gab es vor nicht langer Zeit einen Brand auf Remis. Ein Unglück, bei dem auch ich verletzt wurde.«
Während Ionnis sprach, blickte Natiole zu Cornel, den
Şten eben noch einmal im Zusammenhang mit seinem Bruder erwähnt hatte. Aber der Sonnenpriester war so wenig einzuschätzen wie immer. Seine Miene blieb unbewegt, selbst als er Natioles Aufmerksamkeit bemerkte.
»Aber es war kein Unglück!« Überrascht blickte Natiole zu seinem Bruder, der nun mit einer Faust auf den Tisch schlug.
»Es war ein Angriff, ein heimtückischer, feiger Mordanschlag. Hier, mitten im Herzen unserer Hauptstadt!«
Gemurmel brandete auf. Überall sah Natiole fragende Mienen.
»Ein Angriff der Masriden«, erklärte Vintila gerade laut genug, um das Murmeln zu übertönen. »Durchgeführt von ihren Lakaien aus dem Imperium, diesen sylkischen Söldnern.«
»Die Wahrheit ist viel schlimmer«, warf Cornel ein, und Ionnis ergriff wieder das Wort: »Nein, es waren keine Masriden. Sondern schlimmere Gegner, wie Cornel sagt. Wir haben herausgefunden, dass es Wlachaken waren, die …«
Weiter kam er nicht, denn zum zweiten Mal während dieser Versammlung ertönten laute Zwischenrufe. Stühle fielen um, als Ratsmitglieder aufsprangen und ihren Unglauben lauthals verkündeten. Bis Şten sich erhob und mit der Faust mehrfach auf den Tisch hieb, so dass das Holz erbebte. In seinem Innersten fühlte Natiole, wie die Erkenntnis ihn ins Wanken brachte. Er zweifelte nicht daran, dass Ionnis die Wahrheit sprach, aber der Gedanke an Wlachaken, die Wlachaken töteten, trieb ihm die Galle in den Mund. So muss Kerr sich gefühlt haben, als die Tiefentrolle seinen Stamm angriffen.
»Ruhe. Wir werden meinen Sohn zu Ende hören.« »Ein feiger Angriff, ausgeführt von Wlachaken. Nicht von Sylken oder Masriden«, fuhr Ionnis mit kalter Stimme fort. »Und ich sage Wlachaken, weil es mehr als einer war. Eine ganze Bande, eine regelrechte Verschwörung in unserer
Mitte. Kriegstreiber, Masridenhasser, nennt sie, wie ihr wollt.«
»Woher wollt Ihr das alles wissen, Prinz«, meldete sich Vintila wieder zu Wort. Er hatte sein Haupt gesenkt, und sein weißes Haar fiel ihm in die Stirn.
»Wir haben
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