Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
die Feinde auseinander und zog seine Krieger mit sich. Weiter entfernt schlug sich Natiole; seine Reiter hatten die Front des Imperiums zurückgedrängt, dort, wo die Soldaten weniger diszipliniert waren. Die hintersten Reihen wandten sich schon zur Flucht, als die Fußsoldaten der Wlachaken den Kampf erreichten.
Unwillig blickte der Sonnenpriester zu den Masriden nahe seiner eigenen Position. Ana hatte ihren Angriff zielsicher zwischen zwei verschiedene Truppenteile getrieben, und sie spaltete die Formation ihrer Gegner geradezu. Sie flog auf ihrem Pferd voran, gefolgt von ihrer Garde, und die nachrückenden Masriden drängten in die Lücke. Bogenschützen
waren vorangelaufen und sandten nun Pfeilregen um Pfeilregen auf die Feinde nieder, während diese aufgrund ihrer schlechten Position den Beschuss kaum erwidern konnten.
Der Anblick der Schlacht überwältigte Cornel.
Doch er wusste, dass der Kampf um Wlachkis gerade erst begonnen hatte.
63
Menschenkrieg ist langweilig.« Missmutig kratzte sich Wrag mit einer Klaue den Schädel.
Kerr ignorierte den Einwurf von Andas Kind und blickte zu dem dünnen Lichtstrahl, der weit vorn im Gang durch ein winziges Loch fiel. Es kostete ihn Überwindung, so nah an das Sonnenlicht heranzugehen, aber sie mussten es beobachten; es war ihre einzige Möglichkeit, den Einbruch der Nacht zu erkennen.
»Kämpfen die da draußen noch? Ich spüre gar nichts mehr.«
Jetzt wandte der Troll sich doch seufzend zu Wrag um, der ihm fast bis ganz nach vorn gefolgt war. Die anderen Kinder Andas waren weiter hinten geblieben. Die Nähe der Oberfläche machte sie ohnehin nervös, und das Sonnenlicht erfüllte sie mit Ekel. Aber Kerr spürte ihre Bereitschaft zu kämpfen, ebenso wie er die Schlacht an der Oberfläche spüren konnte. Blut benetzte dort den Boden; Blut, dessen Geruch ihm in die Nüstern stieg und ihn unruhig machte.
»Sie kämpfen noch. Keine Sorge.«
»Gut.«
Andas Kind schwieg eine Weile, aber Kerr konnte schon die nächste Frage in seinen Gedanken reifen sehen.
»Was ist, wenn die Goldmenschen das Loch zudecken? Dann denken wir, es ist Nacht, und dann ist es draußen noch hell.«
»Hast du Angst?«, fragte Kerr, obwohl Andas Kind nicht danach roch. Aber die ständige Fragerei ging Kerr auf die Nerven.
Erzürnt schüttelte Wrag das mächtige Haupt. »Nein! Aber Menschlingen ist alles zuzutrauen.«
»Wir spüren den Dreeg. Ich denke, wir würden es merken, wenn das Licht zu früh verschwindet. Wir müssen einfach nur warten.«
»Warten. Pah!«
Wrag schnaubte. Kerr konnte seine Ungeduld wittern. Er konnte Andas Kind verstehen. Auch ihn gelüstete es nun nach Kampf. Sie hatten diesen Krieg nicht gesucht, aber sie würden ihm auch nicht aus dem Weg gehen. Viele Trolle waren gekommen und sogar eine ganze Menge von Andas Kindern, die Wrags Versprechen von Kampf und Blut gefolgt waren. Sie hatten Tunnel gegraben, dort, wo Şten und die seinen ihre Schlacht schlagen wollten. Es fehlte nicht mehr viel, um an die Oberfläche zu gelangen.
In den meisten Tunneln verbargen sich Trolle der alten Stämme, aber Kerr war mit Andas Kindern gegangen. Die Nähe der Oberfläche war ihnen unangenehm, doch auch die Ansammlung ihrer selbst war für sie ungewohnt. Sie kamen stets nur für kurze Zeit zusammen und waren sonst Einzelgänger, anders als die anderen Trolle.
»Ich hoffe, Natiole lässt uns noch etwas zu tun übrig. Nicht, dass wir hier umsonst rumhocken«, brummelte Wrag.
Geistesabwesend nickte Kerr. Er hatte in der Nacht die Feuer des Imperiums gesehen, die vielen Lichtpunkte, die den Sternenhimmel zu spiegeln schienen. Der Troll hatte schon in Schlachten der Menschen gekämpft, aber er hatte noch niemals so viele von ihnen gesehen.
»Der Kampf wird nicht schnell vorbei sein«, erklärte er schließlich. Vorausgesetzt, unsere Hareeg halten bis zum Abend durch. »Wir werden viel zu töten haben.«
»Gut«, befand Wrag grimmig und schlug die Faust in die Hand. »Goldmenschen zum Zerquetschen. Darauf habe ich mich die ganze Zeit gefreut.«
Kerr achtete nicht auf ihn, sondern blickte wieder zum Sonnenlicht. Über ihnen tobte die Schlacht, und mit jedem Dreeg wuchs Kerrs Unbehagen. Er befürchtete, dass am Abend keine Hareeg mehr leben würden, denen die Trolle helfen konnten.
64
Der Schwung des ersten Sturms trug sie weit in die imperialen Reihen. Allen voran ritt Natiole, trieb seinen Speer einem Krieger in die Brust, zog sein Schwert und schlug eine Bresche. Hinter sich
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