Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
Aber sie musste sich fügen, denn wenn sie nicht
in Kamros’ Nähe sein konnte, würde sie nicht aus erster Hand erfahren, wie es um den dyrischen Kriegszug bestellt war. Und das war der Grund, warum Artaynis hier war. Eigentlich hatte Sargan einen ihrer Brüder dazu ausersehen, mit dem Heer zu ziehen, um Augen und Ohren vor Ort zu haben. Es hatte Artaynis all ihre Überzeugungskraft und Geschicklichkeit gekostet, dass ihr Vater schließlich sie anstatt ihres Bruders für diese Aufgabe ausgewählt hatte.
Sie hatte seit Natioles Aufbruch keine Nachricht aus Wlachkis erhalten, und untätig in Colchas herumzusitzen, während der Krieg näher und näher rückte, hatte sie schier um den Verstand gebracht.
»… nur wenig schwere Reiterei. Sie versammeln sich wieder, und ihre Aufstellung ist unverändert, Phrykos«, beendete der Bote soeben seinen Bericht und senkte die Augen dann untertänig zu Boden.
»Gibt es irgendein Anzeichen dafür, dass die Wlachaken ihre Troll-Verbündeten zu Hilfe gerufen haben?«, erkundigte sich Kamros.
»Keines, Herr.«
Der dyrische Beamte knurrte zufrieden und trank einen Schluck Wein aus dem Pokal, den er in der Linken hielt.
»Sie sind erstaunlich zäh«, erklärte einer der Generäle mit einem süffisanten Lächeln in Kamros’ Richtung. »Aber letztendlich werden wir sie zerschmettern.«
»Soweit uns berichtet wurde, reiten die Anführer der Barbaren direkt mit ihren Truppen, wie gewöhnliche Soldaten«, meinte Kamros grüblerisch. »Es könnte von Vorteil sein, sie direkt auszuschalten, um die Moral zu untergraben.«
Artaynis biss die Zähne zusammen. Şten führt die Wlachaken an, dachte sie trostlos.
»Ihr seht blass aus. Vielleicht wird all dies doch zu viel für Euch, Phryka?«, erkundigte sich Kamros in eben diesem Moment zuckersüß.
Artaynis neigte höflich den Kopf.
»Nein, mir geht es gut. Ihr braucht keine Rücksicht auf mich zu nehmen«, erwiderte sie mit freundlicher Stimme, obwohl sie innerlich vor Zorn kochte.
»Wir sollten die Söldner bald einsetzen«, sagte der Mann, der rechts neben Kamros stand. »Das wird eine unangenehme Überraschung für den neuen Marczeg werden.«
Die Verachtung in seiner Stimme war nicht zu überhören. Er nahm eine Handvoll kandierter Feuertrauben von dem goldenen Tablett und aß sie genussvoll.
Ein schmales Lächeln zeigte sich auf Kamros’ Zügen. »Eine hervorragende Idee, Denyxer von den Skleron«, gab er zu. Dann nickte er in Richtung des Boten. »Die Söldner sollen sich bereit machen.«
Der Bote erhob sich und verließ das Zelt ebenso hastig, wie er gekommen war.
Artaynis umklammerte mit der Linken das Päckchen, das sie damals bei ihrem Aufbruch aus Teremi von Ionnis erhalten hatte und das sie, noch immer ungeöffnet, heimlich bei sich trug wie einen Talisman. Sie wusste, dass sie nichts tun konnte, außer das Geschehen zu beobachten, so schwer ihr das auch fallen mochte.
Aber irgendwann wirst du für diesen Kriegszug zur Rechenschaft gezogen werden, Kamros, du Hund, dachte sie. Mein Vater wird dafür sorgen.
Bis dahin konnte sie nur inständig hoffen, dass die Prinzen von Wlachkis nicht unter den Toten sein würden, die dieser Wahnsinn kostete.
67
Sie bewegen die Katapulte!«
Der Aufschrei riss Cornel aus seiner Konzentration, und er blickte auf.
Das Schlachtfeld war mit Leibern übersät. Hier und da brannten noch Feuer, über manche Leichen leckten noch die Flammen, und schwarzer Rauch stieg auf, nur um bald von den Winden verwirbelt zu werden. Das Imperium ließ sich Zeit mit seinem nächsten Angriff, und jetzt konnte Cornel sehen, warum. Trauben von Menschen zogen die Katapulte den Hang hinauf, durch die vordersten Reihen der imperialen Armeen. Schon bald würden sie eine Position erreicht haben, von der aus sie die Stellungen der Verteidiger unter Feuer nehmen konnten. Das Imperium arbeitete auch im Krieg mit erschreckender Effizienz.
»Wenn sie die Katapulte noch weiter nach vorn bringen, dann müssen wir uns zurückziehen«, erklärte die Keralýa eben.
»Nein«, entfuhr es Cornel heftig. Einige Sonnenpriester blickten ihn überrascht an.
»Wenn wir uns zurückziehen«, fuhr er fort, »dann geben wir den Unseren ein schlechtes Zeichen. Wir sind der Glaube dieser Menschen. Unsere Gebete zum Göttlichen Licht geben ihnen Hoffnung. Wir müssen ihnen ein Vorbild sein.«
»Aber was sollen wir tun? Gegen die Katapulte können wir nichts ausrichten«, warf Výclas abschätzig ein.
»Betet mit mir. Brüder
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