Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
spürte er seine Krieger mehr, als dass er sie hörte. Sie säten Tod und Vernichtung unter den Dyriern. Ihre Feinde wichen zurück, doch sie konnten nicht entkommen, zu schnell war der Angriff, zu sehr öffneten sich ihre Linien.
Der Helm nahm Natiole einen Teil der Sicht. Der Lärm der Schlacht drang nur gedämpft an seine Ohren. Seine Welt beschränkte sich auf den Sichtschlitz. Er schlug nach rechts, traf einen Krieger an der Schulter, ritt aber weiter, ohne abzuwarten, was sein Schlag bewirkt hatte. Immer wieder traf seine Klinge auf Widerstand. Zwei Schläge donnerten gegen seinen Schild, sandten Wellen des Schmerzes durch seinen Arm. Aber dann war schon ein anderer Wlachake an Natioles Seite, und der Angreifer fiel unter den Hieben.
Natioles Atem ging stoßweise, beinahe im Rhythmus mit seinen Schlägen. Menschen wurden unter die Hufe der Pferde geschleudert, Knochen brachen unter Hieben, Blut besudelte Natioles Rüstung. Weiter und weiter trug sie ihr Ansturm, der die Wlachaken in einen wahren Siegestaumel versetzte. Nichts schien sie aufhalten zu können. Immer noch brüllten einige den Schlachtruf, und rechts und links zogen die ersten wlachkischen Kämpfer an Natiole vorbei.
Schlagartig wurde er sich der Gefahr bewusst. Hektisch blickte er sich um, versuchte, in dem Getümmel Ordnung
zu finden. Vom Pferderücken aus sah er, wie die Front des Imperiums an drei Stellen aufgebrochen war und sich keilförmige Fluten von Masriden und Wlachaken in die Lücken ergossen. Ganz im Osten trieb Ana ihre Feinde vor sich her wie eine Herde Schafe. Doch im Zentrum war Şten weniger weit gekommen. Die Goldenen Garden leisteten erbitterten Widerstand, und sie hatten den ersten Angriff verlangsamen können. Anders als die Truppen an den Flanken wichen sie nicht zurück, sondern stellten sich dem Kampf.
»Zu mir«, brüllte Natiole und lenkte sein Pferd weiter nach Osten.
Sein Bannerträger folgte ihm, und die Krieger würden dem Banner folgen. Wir dürfen unsere Reihen nicht zerreißen lassen. Wenn wir sie zu sehr dehnen, liefern wir uns der überlegenen Stärke des Imperiums aus.
Als hätten seine Feinde seine Gedanken gelesen, zog unvermittelt ein heller Streifen über den Himmel. Nur kurz war das Geschoss in seinem Blickfeld, aber Natiole erkannte sofort, dass die imperialen Katapulte den Beschuss begonnen hatten.
Noch entschlossener trieb er sein Reittier an, drängte die Truppen des Feindes zurück, wobei er immer mehr in Richtung Zentrum ritt. Schon tauchten die ersten goldgerüsteten Krieger vor ihm auf, die nach vorn liefen, um den Kampf gegen Ştens Soldaten zu unterstützen. Mit seiner Reiterei fiel Natiole ihnen in die Flanke, traf sie unvorbereitet und spaltete ihre Formation.
Jetzt brach Chaos auch unter den Elitekriegern des Imperiums aus, und viele wurden zwischen Natioles und Ştens Truppen wie zwischen Hammer und Amboss zerquetscht.
Mit gnadenloser Wut dezimierten die Wlachaken die besten Soldaten des Imperiums, die wenig mehr tun konnten, als kämpfend unterzugehen.
Doch der Triumph währte nicht lange. Schon erklangen Hornsignale, und weitere Einheiten des Imperiums setzten sich in Bewegung. Langsam marschierten sie den Hang hinauf. Frische Krieger, erkannte Natioles während wir allmählich müde werden.
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S ie hatte jedes Zeitgefühl verloren. Zu irgendeinem Zeitpunkt hatte ein Hieb sie vom Pferd geholt, aber ihre Krieger waren zur Stelle gewesen, um sie zu beschützen, bis sie sich aufgerappelt hatte. Ana kämpfte wie eine Besessene, aber für jeden gefällten Feind schienen zwei neue nachzuwachsen.
Schon längst drängten sie ihre Feinde nicht mehr zurück, sondern kämpften nur noch darum, die Stellung zu halten. Das Schlachtfeld war von Gefallenen übersät und von Verwundeten, von Sterbenden und jenen Verletzten, die noch versuchten, sich mit letzter Kraft vor wirbelnden Klingen und donnernden Pferdehufen in Sicherheit zu bringen.
Geschickt duckte Ana sich unter dem Stich eines Speers hinweg und sprang nach vorn. Zielsicher drang ihre Klinge durch den Spalt unter der Achsel in die Rüstung ihres Gegners ein. Blutstropfen regneten durch die Luft, als sie ihr Schwert herauszog und den nächsten Angriff parierte. Ihre zweite Waffe fand den Hals des Dyriers, der gurgelnd zu Boden stürzte. Blut färbte seine Zähne rot, indes er zu schreien versuchte, aber Ana beachtete seinen Tod nicht, sondern wandte sich einem weiteren Feind zu.
In der Hitze des Gefechts konnte sie nicht sehen, wie
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