Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
Fenstern, einige taumelten aus einem kleineren Gebäude. Jetzt sah Kerr Rauch in dunklen Schwaden aus den Fenstern steigen. Das Feuer war weit oben im größten Gebäude, und hier und da leckten schon kleine Flammenzungen zwischen den Ritzen der Fensterläden hindurch. Mehr aufgeregte Schreie ertönten, während die Menge im Hof immer größer wurde.
    »Wo?«, donnerte es, und Ştens Stimme brachte Ruhe in die Menschengruppe. »Wo brennt es?«
    »Dort oben«, erklärte die Soldatin und wies hoch. Ştens Mund wurde schmal, und Kerr glaubte zu sehen, dass der Mensch bleich wurde, dann befahl Şten: »Holt Wasser! Bildet eine Eimerkette! Schafft alle aus dem Gebäude! Los!«
    Die Menschen gehorchten ihrem Anführer widerspruchslos. Ohne dass Kerr erkennen konnte, wie sie sich ordneten, stoben sie davon und begannen, die Befehle auszuführen.

    »Vater?«
    Das Chaos um sie herum verwirrte Kerrs Sinne. Seine Nase wurde von unzähligen Gerüchen attackiert, Menschen riefen und rannten umher, alles war in Bewegung. Fast wie in einer Schlacht.
    »Nati! Hierher«, rief Şten, als sein Sohn aus dem doppelflügligen Tor des Hauptgebäudes trat.
    »Was ist geschehen? Ein Feuer ist ausgebrochen?«
    »Im Turm«, erklärte Şten. »Wo ist Ionnis?«
    »Ich weiß nicht.« Hilflos blickte der junge Mensch sich um. »Er wollte zuletzt in seine Gemächer.«
    Alle blickten zu den Fenstern empor. In diesem Moment schlug einer der Fensterläden auf, und gierige Flammen leckten über die Mauern.
    »Er ist noch immer da oben.«

15
    D ie Welt offenbarte sich ihm. Der Dreeg kam, hallte in seinem Geist wider und ließ Spuren von allem zurück, was ihn umgab. Es waren keine einfachen Bilder, keine schwache Sicht, die Licht brauchte. Es war die Welt, in Form und Geruch, in Geschmack, selbst in ihrem ureigensten Ton, den der Dreeg zum Klingen brachte. Nicht, dass er den Herzschlag gebraucht hätte. Seine scharfen Sinne wiesen ihm den Weg auch in der undurchdringlichen Finsternis. Undurchdringlich war die Dunkelheit eben nur für seine Augen, und er verließ sich ohnehin nicht auf sie. Sie suchten nur das Licht, und Licht war sein Feind. Je weniger Licht er ertragen musste, desto besser. In der Dunkelheit war er sicher; sie umhüllte ihn, beschützte ihn. Keiner seiner Feinde konnte in der Finsternis sein wie er, und so suchten sie das Licht, denn sie waren schwach. Licht bedeutete verhasste Schwäche.
    Seine anderen Sinne benötigten nichts dergleichen und zeigten ihm seine Welt stets im Einklang mit den Dreeg. Sie verrieten ihn nicht, wie seine Augen es taten, wenn das Licht zu grell wurde und ihn blendete. Er spürte den Fels um sich herum, konnte das Echo seines Atems hören, roch den trockenen Geruch des Steins. Niemand war in der Nähe, keine Feinde und keine Beute. Es wunderte ihn nicht; kaum jemals würden sich andere Lebewesen an diesen Ort wagen. Selbst die übrigen Trolle mieden ihn, und auch Zwerge hatte er noch niemals hier angetroffen, obwohl ihre lärmenden Leiber nun wieder häufiger in den Tunneln unterwegs waren. Beim Gedanken an die Zwerge entblößte er seine Hauer. Eine Vorstellung huschte durch
seinen Geist – erschlagene Zwerge, fliehende Zwerge, hilflos in der Dunkelheit. Mit einem Kopfschütteln ließ er von den Gedanken ab. Sie waren nutzlos. Irgendwann würde er wieder Zwerge jagen, und es würde gut und richtig sein.
    Die Tunnel führten ihn beständig höher. Der Fels wurde erst glatter, dann wieder rau. Sein Geruch veränderte sich, gewann eine scharfe Note, einen metallischen Geschmack in seinem Rachen. Es war ein Ort, an dem man Zwerge erwarten würde, doch sie waren schlau genug, um ihn zu meiden. Das musste er ihnen zugestehen. Es lag nicht nur daran, dass immer wieder Andas Brut hierherkam. Es war die gewaltige Gegenwart, die sie spürten und fürchteten. Die alle spürten. Selbst Tiere wie Schlinger und die Grauen. Hier war der Schlag des Herzens laut, und der Atem der Welt durchdrang alles mit seiner Macht.
    Immer wieder kehrte Azot an diesen Ort zurück. Er wusste, dass andere es ihm gleichtaten. Dass sie ihn nachahmten. Wie er kamen sie einzeln und allein, als Jäger und Krieger. Sie stellten sich den Gefahren des Weges, meisterten sie oder gingen an ihnen zugrunde. Er war der Erste gewesen, aber er war nicht mehr der Einzige. Vielleicht lag es daran, dass er unbesiegt geblieben war. Keinen Kampf hatte er je verloren. Noch nie hatte er sich einem anderen aus Andas Brut unterwerfen müssen und einem Troll

Weitere Kostenlose Bücher