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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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»Es gibt kein Durchkommen.«
    »Wir müssen nach oben«, sagte Natiole hilflos. »Mein Bruder …«
    Er konnte das Mitgefühl in ihren Augen sehen, aber
sie schüttelte den Kopf. »Wir haben es versucht. Zu viel Rauch. Direkt über uns ist das Feuer.«
    »Nein. Nein. Das lasse ich nicht zu.« Şten hatte die Hände in einer beinahe flehentlichen Geste erhoben, als wolle er die Aussage seiner Untergebenen ungeschehen machen.
    Skeptisch blickte Natiole an der Soldatin vorbei. Tatsächlich wanden sich Rauchschwaden durch die Luft, wirbelten umher wie lebendige Wesen. Aber sie waren noch zwei Stockwerke unterhalb von Ionnis’ Gemächern.
    »Vielleicht sollten wir an dem Feuer einfach vorbeilaufen? Wenn es weiter oben noch nicht brennt, kann ich Ionnis holen«, erklärte er und unterdrückte den Hustenreiz, der nun auch in seinem Rachen aufstieg.
    Schritte ertönten, und weitere Soldaten kamen die Treppe empor, schwer mit Eimern voller Wasser beladen.
    »Gib mir den«, befahl der wlachkische Prinz kurz angebunden und wies auf einen Eimer. Ohne zu zögern, packte er den Henkel und goss sich das Wasser über den Kopf. Es war kalt, kam vermutlich direkt aus dem Brunnen, und es durchnässte ihn bis auf die Haut. Sein Vater folgte seinem Beispiel, übergoss sich mit dem nächsten Eimer Wasser.
    An Natioles Gürtel hing sein Messer, und er nutzte die kleine Klinge, um sich ein gutes Stück seines feuchten Hemdes abzuschneiden. Er band sich den ausgefransten Fetzen vor Mund und Nase, atmete zweimal tief durch und blickte dann Şten an, der ebenfalls einen improvisierten Rauchschutz um sein Gesicht gewickelt hatte. »Bereit?«, fragte Natiole seinen Vater, und als dieser grimmig nickte, liefen sie weiter die Treppe empor.
    Der Rauch wurde mit jedem Schritt, der sie aufwärts führte, dichter. Selbst durch das Tuch schmeckte Natiole den kratzigen Brandgeruch, und schon bald schmerzte jeder Atemzug. Er begann zu husten, aber er konzentrierte sich darauf, weiterzulaufen so schnell er konnte. Seinen Vater spürte er mehr hinter sich, als dass er ihn sah. Zwei
weitere Schemen folgten ihnen, vielleicht Soldaten. Die dunstigen Schwaden nahmen Natiole die Sicht, und er tastete sich an der Innenwand des Treppenhauses weiter; Stufe für Stufe erklomm er den ersten Absatz. Dort schlug ihm eine bestialische Hitze entgegen, und er sah selbst im dichten Rauch das hungrige Flackern der Flammen. Das Geschoss musste komplett in Flammen stehen. Es knisterte und knackte, und das Feuer brüllte wie ein hungriges Tier, das nur noch lebte, um sich nach Nahrung zu verzehren.
    Niemand konnte in dieser Dunkelhölle noch leben, und Natiole musste an die Menschen denken, deren Quartier auf diesem Stockwerk lag. Er drehte sich zu seinem Vater. »Vintila«, brachte er undeutlich hervor, aber der Voivode schüttelte den Kopf. Natiole erkannte im Bruchteil eines Augenblicks, dass er recht hatte, und er schob den grausamen Gedanken entschlossen zur Seite; wenn Vintila noch hier drin war, dann war sein Leib Asche, und sein Geist wandelte längst auf den dunklen Pfaden. Schon dieser kurze Halt sorgte dafür, dass sich Natioles Haut anfühlte, als stünde er bereits in Flammen. Seine Augen tränten, und einzuatmen stellte die reinste Qual dar.
    Als die beiden Soldaten, die ihnen gefolgt waren, zu Vater und Sohn aufgeschlossen waren, liefen sie weiter, und Natiole betete insgeheim zu den Geistern, dass nicht auch das Treppenhaus von den Flammen ergriffen werden würde. Einen anderen Weg hinab gab es nicht, außer durch die Fenster, und ein Sturz in den Hof wäre tödlich.
    Überrascht stellte Natiole fest, dass der Rauch sich ein wenig lichtete, als sie höher kamen.
    Hinter ihm hörte er plötzlich ein rasselndes Keuchen, dann einen dumpfen Schlag. Als er herumfuhr sah er, wie sein Vater, von einem grausamen Hustenanfall geschüttelt, auf die Knie und dann zu Boden fiel. Şten lag zusammengekrümmt auf den Stufen, die Hände vor der bebenden
Brust. Einer der Soldaten kniete über ihm. Er warf Natiole einen Blick zu. Seine hellen Augen waren von rauchiger Schwärze eingerahmt, stachen deutlich aus dem dunklen Gesicht hervor.
    »Schafft ihn hinunter«, beantworte der junge Wlachake die unausgesprochene Bitte. »Ich gehe allein weiter.«
    Sofort packten die Männer den Liegenden, legten sich seine Arme um die Schultern und begannen, ihn die Treppe hinabzutragen. Natiole suchte den Blick seines Vaters, doch der dichte Rauch machte einen Augenkontakt schon

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